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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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verändern, begann detaillierte Bemerkungen über mein Eintreten, meine Erscheinung, meine Vorfahren und wahrscheinlichen Angewohnheiten zu machen, alles in dem farbenreichen, obszönen Dialekt von Shainsa.
    Ein Blick oder eine Bewegung des Ärgers hätte mich für immer um Gesicht und Würde – das, was der Dürrstädter als kihar bezeichnet – gebracht. Ich lehnte mich hinüber und bemerkte in ihrem eigenen Dialekt, daß ich zu irgendeinem zukünftigen Zeitpunkt die Gelegenheit schätzen würde, ihre Komplimente zu erwidern.
    Von Rechts wegen hätten sie lachen, sich entschuldigen und ihre Hände zum Zeichen kreuzen sollen, daß ein Scherz mit Anstand gegen sie gekehrt worden war. Dann hätten wir uns gegenseitig etwas zu trinken bestellt, und die Angelegenheit wäre erledigt gewesen.
    Aber es kam anders. Der größte der drei fuhr herum und warf dabei sein Glas zu Boden. Ich hörte das Kreischen des alabasterhaarigen Mädchens, während ein Stuhl umstürzte. Nebeneinander stehend, starrten sie mich an, und einer von ihnen tastete in die Spange seines Umhangs.
    Ich bezweifelte, daß sie mich in dieser Nähe des Raumhafens töten würden, aber zumindest standen mir einige unangenehme Minuten bevor. Ich konnte nicht drei Männer überwältigen, und wenn die Stimmung in der Kharsa derart gereizt war, lag es durchaus im Bereich der Möglichkeiten, daß ich mehr oder minder zufällig erstochen wurde.
    Die Chaks in der Ecke schnatterten und stöhnten. Die drei Dürrstädter konzentrierten sich auf mich, und ich spannte mich für den Augenblick, in dem ihr Starren in Handeln explodieren würde.
    Dann gewahrte ich, daß die drei nicht auf mich, sondern auf jemanden oder etwas hinter mich schauten. Die Skans glitten in die Umhangspangen. Sie traten einen Schritt oder zwei zurück.
    Dann wichen sie zur Seite, drehten sich um und rannten. Einer von ihnen prallte gegen die Theke, fluchte und stürzte weiter. Ich stieß den Atem aus. Was diesen Männern auch Furcht eingejagt hatte, meine Reaktion war es nicht gewesen. Ich wandte mich um und sah das Mädchen.
    Sie war schmächtig, mit schwarzem, gewelltem Haar, das ein matter Sternenglanz umflimmerte. Ein schwarzer Gürtel umgab ihre schmale Taille, und ihr Gewand, das in grellem Weiß leuchtete, trug eine häßliche Stickerei auf der Brust; das Bild Nebrans, des Krötengottes. Ihre zarten Gesichtszüge wirkten in ihrer Blässe wie gemeißelt; ein Dürrstädterantlitz, menschlich und fraulich, aber von einer fremden und unirdischen Ruhe erfüllt. Aber die karmesinroten Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln unmenschlicher Bosheit.
    Sie stand bewegungslos und blickte mich an, als fragte sie sich, weshalb ich nicht mit den anderen geflohen war. Binnen einer halben Sekunde erlosch ihr Lächeln, und an seine Stelle trat ein Ausdruck des – Erkennens.
    Wer oder was sie auch immer sein mochte, sie hatte mich gerettet. Ich schickte mich an, ein formelles Wort des Dankes auszusprechen, und brach dann ab, als mir zu meinem Erstaunen bewußt wurde, daß das Café sich geleert hatte und wir vollkommen allein waren.
    Wir verharrten erstarrt und blickten einander an, während der Krötengott auf ihrer Brust sich ein halbes Dutzend Atemzüge lang hob und senkte.
    Dann machte ich einen Schritt vorwärts, und sie wich im gleichen Augenblick denselben Schritt zurück. Mit einer einzigen schnellen Bewegung stand sie auf der dunklen Straße. Ich brauchte nur einen Moment, um hinter ihr das Freie zu erreichen, aber als ich durch die Tür trat, entstand eine kaum merkliche Bewegung in der Luft, den Hitzewellen gleich, die um die Mittagsstunde über den flachen Salzsteppen aufsteigen. Dann war der Straßenschrein leer, und nirgends ließ sich eine Spur des Mädchens erkennen. Es war verschwunden. Es war einfach nicht mehr vorhanden.
    Ich blieb stehen und starrte auf den leeren Schrein. Das Mädchen war hineingeeilt und hatte sich aufgelöst, ähnlich einem Rauchfaden, ähnlich –
    Ähnlich dem kleinen Spielwarenhändler heute mittag, den der Pöbel der Kharsa gejagt hatte.
    Ich kehrte dem Straßenschrein den Rücken und lenkte meine Schritte zum letztenmal über den Platz. Während ich mich den Toren des Raumhafens zuwandte, stufte ich das Mädchen als eines der vielen Rätsel Wolfs ein, die ich niemals lösen würde. Wie sehr ich mich irrte!

3. Kapitel
     
    Ich verabschiedete mich von den Wachen, durchquerte den Raumhafen und betrat das Sternenschiff.
    Ein weißgekleideter Steward nahm
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