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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Jörg Gustmann
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Handfläche sitzt.
Dann ist sie fröhlich und redet scheinbar mit den Blüten des Löwenzahns oder mit
dem Wind, der sich auf ihrer Schulter niederlässt, so als könnten diese sie verstehen
oder als hätte sie unsichtbare Freunde.«
    Der Besucher
machte Anstalten, sich vor das Bett hinzuknien, vielleicht um dem Kind näher zu
sein, ihm über den Kopf zu streicheln oder Ähnliches, doch auf halber Strecke nahm
er die Hand wieder zurück. Ruckartig stand er auf. »Was haben Sie zu ihr gesagt,
dass sie so reagiert hat?«
    Die Schwester
zuckte mit den Schultern. »Eigentlich nichts Besonderes. Wir haben ihr nur erzählt,
dass heute ihr Vater kommt, um sie zu besuchen.«

Kapitel 2
     
    Hamburg, 28. Oktober 2010
     
    Kommissar Werner Hartleib betrat
das Büro seines Kollegen Klaus Schöller und fand ihn zwischen weißgrauen Nebelschwaden
mit einer grünen Plastikgießkanne in der Hand. Schöller machte einen unentschlossenen
Eindruck, als er die Gießkanne betrachtete. Gelbe und rote Blümchen von ehemaligen
Pril-Flaschen aus den Siebzigern klebten noch darauf und waren bis zur Unkenntlichkeit
vergilbt.
    Hartleib
beobachtete den Unsinn seines Kollegen.
    »Komm, lass
gut sein. Das bringt nichts. Der Ficus ist hin. Hast eben kein Händchen für Pflanzen
so wie Martin.« Sein Kollege missbilligte diese Aussage mit einem Grunzen und murmelte
verächtlich den Namen Martin Pohlmann. Ein Name, den er ganz und gar nicht mochte.
    Hartleib
schob den Ärmel seines Sakkos hoch und sah auf die Uhr an seinem linken Handgelenk.
Eine neue Junghans-Funkuhr von seiner Frau zum 40. Geburtstag, zwei Wochen zuvor.
    »Hör jetzt
damit auf und setz dich hin. Ich muss dir was sagen.«
    »Pflanzen
produzieren Sauerstoff«, beteuerte Schöller, seines Zeichens Kriminaloberkommissar
im Polizeipräsidium Hamburg-Mitte, und ließ seinen Blick auf dem Ficus ruhen.
    »Lebendige
Pflanzen? Ja, die schon.« Hartleib schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, weshalb ausgerechnet
dir der Chef das Raucherzimmer als Büro gegeben hat.« Schöller grinste verschlagen.
    »Du könntest
ab und zu mal lüften.« Hartleib ging zum Fenster und stellte es auf gekippt. Es
würde eine Weile dauern, bis die Atemluft den gesunden DIN-Normen eines deutschen
Arbeitsplatzes entspräche.
    Hartleib
stand von seinem Kollegen abgewandt, und die Nachricht, die er mitzuteilen hatte,
erfüllte ihn mit einer gewissen Schadenfreude: »Hast du schon das Neuste gehört?«
    Schöller
sah von dem Ficus zu Hartleib auf.
    »Pohlmann
kommt zurück.« Werner Hartleib sprach diese Worte mit Genuss.
    Schöllers
Blick glitt ins Leere. Er überlegte, ob er genau das gehört hatte, was Hartleib
gesagt, vor allem, was er gemeint hatte. Hartleib nickte bestätigend und verschränkte
die Arme vor der Brust. Ein süffisantes Grinsen dominierte zwischen den eingefallenen
Wangen des Halbmarathonläufers.
    Hartleib
ging erneut zum Fenster und sah hinaus. Fast beiläufig erwähnte er: »Der Chef ist
froh darüber.«
    Schöller
stellte die Gießkanne auf der Fensterbank ab und bedachte den vertrockneten Ficus
mit einem sonderbaren Blick. Ihm schien erst in diesem Augenblick aufzufallen, dass
das Gestrüpp in der Ecke des Raumes kein einziges Atom Sauerstoff mehr spenden könnte.
Resigniert setzte er sich mit einer Pobacke auf die Schreibtischkante.
    »Was soll
das heißen – er freut sich? Ist es wegen dem aktuellen Fall?«
    Hartleib
hob die Schultern. »Glaub schon. Bin mir sogar ziemlich sicher.«
    »Er geht
davon aus, dass wir das nicht auf die Reihe kriegen, was?«
    Hartleib
schwieg.
    Schöller
fuhr sich mit den gelblichen Fingerspitzen seiner rechten Hand durch das volle Haar.
»Na, er muss es ja wissen.« Dann fixierte er Hartleib. Der Rauch brannte in seinen
Augen und er schloss sie für einen Augenblick. »Wann kommt er?« Schöller drehte
sich um und drückte die 13. Zigarette des Tages gegen 11.15 Uhr im überfüllten Aschenbecher
aus.
    »Nächsten
Montag.«
    Schöller
ließ die Antwort einige Sekunden sacken. Während er noch immer die längst erloschene
Kippe zerdrückte, sagte er: »Sag mir, was Pohlmann hat, was wir nicht haben.« Schöller
wartete nicht ab und nahm Hartleib die Antwort vorweg. »Gutes Aussehen scheidet
schon mal aus.« Schöller zählte amüsiert seine Finger ab. »Pünktlichkeit, Ordnungsliebe,
sorgfältige Aktenführung fallen mir auch nicht ein, wenn ich an ihn denke.« Schöller
hob sein Hinterteil von der Schreibtischkante, ging um ihn herum und wühlte in der
zweiten
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