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Rasputins Tochter

Rasputins Tochter

Titel: Rasputins Tochter
Autoren: Robert Alexander
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mit Madame Jazininskaja ausgeblieben, vermutlich in ihrer Wohnung, denn er kehrte nicht zurück bis zum Mittagessen am folgenden Tag.
    Als ich durch unser Speisezimmer ging, schwenkte ich um mehrere Kisten süßen Rotweins, den ein Ratsmitglied gerade gebracht hatte, ein Geschenk, das Papa insbesondere wegen der trockenen Gesetze, die der Zar bald nach Kriegsbeginn erlassen hatte, erfreute. Ich ging um unsere Messingsamowar, sein Feuer war ausgegangen, und um den schweren Eichentisch, der mit Körbe voll Blumen und Teller mit Keksen und Süßigkeiten, Nüssen, Trockenobst, Kuchen und anderen Köstlichkeiten, die tagein und tagaus für unseren Strom von Gästen erschienen, beladen war.
    Nach den Klängen aus dem Salon nahm ich an, dass ich dort Papa finden würde. Tatsächlich war er nicht dort. Eher fand ich den einsamen Balalaika-Spieler, der melancholische Melodien unseres Landes klimperte, und zwei Frauen, die beide auf dem Fußboden kauerten. Eine war unser ewig loyales Dienstmädchen Dunja, eine von Papas früheren Jüngerinnen, die uns aus Sibirien gefolgt war, und die, ich konnte nicht umhin, es zu bemerken, wöchentlich fetter wurde. Die zweite war Fürstin Kossikowskaja, eine junge Schönheit der besten Gesellschaft. Die Fürstin hatte eine Anzahl an Diamanten, die in ihrem üppigen braunen Haar funkelte und von ihren Ohren hingen, während Strähnen riesiger Perlen von ihrem Hals hingen, aber gleich da und dort, auf ihren Knien kauernd, sah sie nicht so elegant aus. Sie war ziemlich betrunken.
    Und als ich die Schönheit hörte, wie sie sich erbrach, verstand ich, warum Dunja, die eine Schüssel an die verschmierten Lippen der jungen Frau hielt, das Telefon nicht abgehoben hatte.
    „Dunja, wo ist Papa?“, fragte ich.
    „Hinten in seinem Arbeitszimmer“, sagte sie mit einem schnellen Winken über ihre Schulter.
    Ich biss auf meine Lippe, denn es war nicht ohne Furcht, dass ich aus dem Zimmer eilte und den Flur hinunter. Als ich die Tür von Papas Zimmer erreichte, hob ich meine Hand, um anzuklopfen - aber zögerte. Wir durften nie unterbrechen, wenn Papa jemanden heilte … und doch, wenn er von der Kaiserin gerufen wurde, war das nicht wichtiger? Absolut, dachte ich, und ich klopfte fest, wenn auch zögernd.
    Einen Augenblick später kam seine schroffe Antwort. „ Da, da . Bitte tritt sofort ein!“
    Sein Arbeitszimmer war klein und schmal mit einer Ikone und ihrer Öllampe in einer Ecke, einem alten Eichenschreibtisch und natürlich seinem pathetischen Ledersofa, das beinahe kahl gerieben war. Auf einem Stuhl vor dem Sofa saß Papa, der eine lockere schwarze Hose, hohe schwarze Lederstiefel und eine fliederfarbene kosoworotka trug, ein Hemd, das an der Seite des Kragens geknöpft wurde. Jeden Tag bat eine Anzahl an Frauen um Papas Aufmerksamkeit, aber ich hatte keine Ahnung, wie er sie behandelte. Als ich jedoch nun hineinblickte, sah ich meine Vater nach vorne gebeugt und seine Besucherin, keine andere als Gräfin Olga Kurlowa, bei den Knien halten. Die Gräfin, die ein rosarotes Pariser Seidenkleid trug, das offen zu sein schien, vielleicht vorne aufgeknöpft, war eine der größten Schönheiten des Reiches, mit dichtem blondem Haar und Wangen, die hoch und hervorragend waren. Sie war aus Moskau, wusste ich, und obwohl ihre Familie weder so sehr adelig noch, vom dem, was ich hörte, nicht so sehr reich war, war sie eine Favoritin in der Hauptstadt, begehrt von der Gesellschaft für ihre verführerischen Blicken und ihrem scharfen Witz.
    Als ob ich bei einem Paar Liebender eingedrungen wäre, keuchte Gräfin Olga und umklammerte das Oberteil ihres Kleides.
    „Was machst du hier?“, fragte Papa mit einem finsteren Blick. „Ich dachte, es sei unser anderer Gast. Du weißt, dass du mich nicht belästigen sollst, wenn meine Tür geschlossen ist.“
    Meine Augen abwendend, sagte ich ruhig: „Es gibt einen Anruf von dringender Angelegenheit … aus dem Palast.“
    „Was sagst du da? Sprich, Kind!“
    „Da ist ein Anruf aus dem Palast … Es ist dringend, Papa.“
    Mich ganz vergessend, wandte sich mein Vater der üppigen Gräfin zu und prahlte: „Ah, Mama braucht mich. Mama braucht mich im Palast.“
    Entsetzt, dass ein Bauer sich auf eine so erhabene Persönlichkeit in so groben Bezeichnungen bezog, starrte ihn die Gräfin schockiert an. Während einige Mitglieder des Hofs Ihre Majestät mit ihrem Vornamen und Vatersnamen ansprechen durften - Aleksandra Fjodorowna - sollten sich ihre niederen
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