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rank und schlank und rattenscharf

rank und schlank und rattenscharf

Titel: rank und schlank und rattenscharf
Autoren: Burghard Pohl
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gedrückt für eine Tasse Kaffee. Diesen gibt es in der ersten Bar gratis. Ich gehe in die zweite.
     
    Es ist ein schöner alter Ort, mit sehr beeindruckenden alten Steinfassaden, dazwischen liegen eingestürzte Häuser. Ich gehe in die Bar, gebe meine Kamera und mein Handy zum Laden ab. Er steckt beide Geräte am Tresen in die Steckdose und ich gehe nach draußen. Ich muss was essen und trinken. — Es wird doch kein unehrlicher Gast oder Pilger meine Kamera und mein Handy klauen? Bestimmt nicht! — Ich beobachte zwei junge Mädchen, die Eis lutschen und dabei die absolute Ruhe haben. Sie haben einen Vorteil: Sie sitzen im Schatten. Sie unterhalten sich und ich lausche, um welche Sprache es sich bei ihnen handelt. Mal tippe ich auf Englisch, dann hört es sich wieder mehr skandinavisch an, aber sicher bin ich mir nicht. Es interessiert mich zwar, aber ich frage sie nicht. Ich hole mein Handy und den Fotoapparat mit den Ladegeräten wieder ab. Alles ist noch da, ich wusste es.
    Eines der Mädchen ruft ihre E-Mails im Eingangsbereich der Bar ab. Jetzt muss ich sie doch mal was fragen. „Schlaft Ihr hier?“ — „Yes. — Willst Du noch weitergehen?“ will sie wissen. — „Yes, to El Ganso.“ Ich komme schneller in El Ganso an, als ich gedacht habe. Damit habe ich gar nicht gerechnet, aber dafür wird die Strecke bis Rabanal del Camino noch ein hartes Stück Arbeit. Aber erstmal esse ich in einem Gartenrestaurant Makkaroni mit Tomatensoße und einem Hauch von Thunfisch. Dann Spiegelei, Wurst, Pommes, Salat, Brot und eine Flasche Wein, und das alles im angenehmen Halbschatten. Kira bekommt wieder ihren Teil vom Essen ab, Makkaroni und Wurst. Man merkt, dass es ihr gut schmeckt und dass sie auch Hunger hat. — In der Sonne sind es gut und gerne 30 Grad. Ich beschließe, die Flasche Wein leer zu trinken.
    Am Nebentisch hat gerade eine skandinavische Familie mit zwei Kindern Platz genommen. Ich schaue interessiert zu ihnen herüber und bin mir sicher, dass es Adoptivkinder sind, sie haben eine schwarze Hautfarbe. Sie essen nichts, aber die Kinder bekommen ein krasses buntes Eis. Die Eltern trinken nur etwas und füllen ihre Wasservorräte auf. An ihren Trinkflaschen baumeln lange Schläuche, aus denen kann man während des Laufens trinken, das ist praktisch. — Das wäre doch was für Willi, damit könnte er fünfzig Kilometer am Tag schaffen. — Na gut, ich will jetzt nicht gehässig werden. Aber dann bräuchte er den Rucksack gar nicht mehr absetzen. Eine gute Erfindung, um während des Laufens an Wasser zu kommen, aber meistens habe ich gleichzeitig die Socken gewechselt. — „Kommen Sie aus Dänemark?“ — „Nein, aus Norwegen.“
    Zum Schluss bekomme ich noch Nachtisch, wähle Fruta und bekomme Melonenstreifen. Es kommen immer wieder Pilger an, schauen kurz in den Garten und ziehen an dieser Oase vorüber. Bis Rabanal wird es so etwas Schönes nichts mehr geben.
     
    Die Flasche Wein habe ich halb leer und lasse sie besser stehen. Ich habe keine Lust, wieder torkelnd — und dann noch am helllichten Tag — über den Jakobsweg zu laufen. Beim Schreiben in meinem Tagebuch denke ich: Der Weg wird bald zu Ende sein für Kira und mich. Den Pass werden wir noch zusammen erklimmen.
    Ich schreibe alle SMS, die ich von Willi bekommen habe, vom Handy in mein Tagebuch. Vielleicht kann ich sie für mein Buch gebrauchen, wenn ich wirklich eins schreibe. Wir sind jetzt vier Wochen unterwegs. — Mein Gott, was hat sich in dieser Zeit nicht alles ereignet! Ich bin froh, wieder in gewohnte, zivilisierte Verhältnisse zurückzukehren. Vermisst habe ich trotz aller Entbehrungen nichts wirklich. Ich habe festgestellt, dass man zum Leben den ganzen Überfluss nicht braucht. Weniger ist mehr. Es ist natürlich leichter, wenn man nicht jeden Euro umdrehen muss, aber diese Einfachheit hat ihren Reiz. Diese zwei Stunden Pause waren wirklich super gut, ich bezahle und es geht weiter nach Rabanal del Camino. Gleich am Ortseingang setze ich mich in die erste Bar und frage, ob ich draußen etwas essen kann. „Si.“ — Noch bevor ich den Ort erreichte, hatte es wenige Tropfen geregnet. Ich putze mit meinem Taschentuch einen Stuhl trocken und bestelle gleich zwei Gerichte: Spaghetti Bolognese und Calamares frittiert. Kira zeigt sich auch hier wieder von ihrer schlechtesten Seite und knurrt jedes Mal die Kellnerin an, wenn sie zu uns an den Tisch kommt.
    Das Essen kommt. Hilfe, sind das Portionen! Da kann ja eine ganze Kompanie
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