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Rain Song

Rain Song

Titel: Rain Song
Autoren: Antje Babendererde
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Kleider und strömte über sein Gesicht.
    Hanna trat neben ihn. »Greg?«
    Was immer auch passiert, du wirst es ertragen.
    Durch den Regen schaute er sie an und nahm sie fest an den Oberarmen. »Es gibt da etwas, das ich dir noch nicht erzählt habe. Es hat etwas mit meinem Traum zu tun.«
    Hannas große Augen ruhten in starrer Erwartung auf seinem Gesicht. Greg wusste, dass es grausam war, sie noch mehr zu quälen. Aber die Wahrheit würde auch vor dem Unaussprechlichen nicht haltmachen.
    Als Greg zu reden begann, kam die Stimme aus seinem tiefen Inneren und es kostete ihn große Mühe zu sprechen. »In der Nacht nach dem Potlatch hatte ich einen Traum, Hanna. In diesem Traum habe ich Jim gesehen. Er stand am Rand einer Grube und verwandelte sich.« Er starrte auf den Wappenpfahl hinter Hanna. »Er wurde zum Wal, zum Bären, zum Wolf, zum Otter und durch diese Tiere sprach er zu mir …« Seine Stimme versagte.
    Hanna drehte sich um und ihr Blick wanderte über den Hauspfahl, dessen Profil sich durch das Licht des Hauseinganges gespenstisch vom dunklen Hintergrund abhob. Rabe, Otter, ganz oben der Wolf. Der Regen war stärker geworden, aber Greg spürte ihn nicht mehr.
    »Du meinst …«, stammelte sie, »willst du damit sagen …?« Ein heftiges Schluchzen erstickte Hannas Worte.
    Greg nickte nur stumm.
    Hanna schwankte und er wollte sie halten, aber sie floh von der Veranda, als hätte plötzlich der Boden unter ihren Füßen angefangen zu brennen. Greg rannte ihr nach.
    »Hanna!«, rief er, »Wo willst du denn hin?« Er erwischte sie am Arm und riss sie zu Boden. Schluchzend rollte sie sich auf der feuchten Erde zusammen. Greg nahm sie in die Arme und presste sie an sich. »Wo willst du denn hin?«
    »In diesem Haus kann ich nicht bleiben«, stieß sie hervor.
    »Natürlich nicht«, versuchte er, sie zu beruhigen. »Aber solange mein Vater da draußen irgendwo ist, können wir auch nicht ins Strandhaus. Es wäre zu gefährlich.«
    »Denkst du, er würde auch uns töten?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er dich hasst. Und mich vermutlich auch, nach dem, was passiert ist.« Greg half Hanna auf die Beine. »Komm mit ins Haus. Ich muss Hunter anrufen.«
    Das Klingeln des Telefons riss Sheriff Lighthouse aus einem schönen Traum. In Sekundenschnelle war er in seinen Kleidern und auf dem Weg zu seinem Dienstwagen. Auf der Fahrt zum Sooes Beach verständigte Bill über Funk die Washington State Patrol und gab ihnen die Personenbeschreibung von Matthew Ahousat durch. Erst auf diese Weise erfuhr er, was sich kurz zuvor am Cape Flattery ereignet hatte. Und dass nach Ahousat bereits gefahndet wurde. Deshalb hatte Greg den Chief nicht erreichen können. Doch warum hatte Hunter ihn noch nicht informiert? Bills Unruhe wuchs mit jeder Meile, die er in Richtung Sooes Beach zurücklegte.
    Als er am Haus eintraf, hatte Greg bereits begonnen zu graben. Auch der strömende Regen hielt ihn nicht davon ab. Hanna stand in gelber Öljacke dabei und sah ihm händeringend zu.
    Im Stillen bat Bill darum, dass Gregs Gedanken nur ungeheure Vermutungen waren.
    »Das ist verrückt, Greg«, sagte er und leuchtete dem Holzschnitzer mit der Stabtaschenlampe ins Gesicht. Gregs Gesicht war nass. Vom Regen, oder waren es Tränen?
    »Mein Vater ist verrückt, Bill«, sagte Greg und schützte sich mit einer Hand gegen den blendenden Strahl. »Er hat Jim getötet und ich bin mir sicher, er hat ihn unter diesem Pfahl begraben.«
    Der Sheriff weigerte sich immer noch zu glauben, was Greg ihm am Telefon erzählt hatte. »Was macht dich so sicher?«
    »Ich hatte einen Traum.«
    Bill gab sich geschlagen. Er lief zu seinem Jeep zurück und holte eine zweite Schaufel. Wortlos arbeiteten er und Greg sich ins nasse Erdreich, immer tiefer, durch feuchte, von Wurzeln durchsetzte Erde.
    Als sie das untere Ende des Pfahls erreicht hatten, fanden sie schließlich, wonach sie suchten. Einen Schädel und Knochen. Unter dem Pfahl war tatsächlich jemand begraben worden. Die Erde strömte Modergeruch aus, das ganze Erdreich war durchdrungen vom Geruch des Todes.
    Bill war so erschüttert, dass es ihm für einen Moment die Sprache verschlug. Er hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. »Überlassen wir den Rest der Spurensicherung«, stieß er schließlich hervor. »Ich denke, wir haben genug gesehen.« Er konnte immer noch nicht glauben, dass der alte Holzschnitzer zu so etwas fähig war.
    Mit einem dumpfen Klagelaut schleuderte Greg die Schaufel von
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