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Radikal

Radikal

Titel: Radikal
Autoren: Yassin Musharbash
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Terroristen. Wer weiß, was die noch vorhaben?«
    »Sinn ist vorgestern als Innenstaatssekretär zurückgetreten. Offiziell aus persönlichen Gründen. Er hat streuen lassen, dass der Selbstmord seiner Frau ihn derart mitgenommen hat, dass er eine Auszeit braucht«, antwortete Samson. »Aber ich glaube das nicht, weil er eine Affäre mit Gisela Munkelmann hatte. Außerdem will er in den Süden ziehen, in die Nähe der Burg des Barons. Ich bin sicher, dass die beiden weitermachen werden.«
    »Aber jemand muss sich doch darum kümmern, oder?«
    »Es ist sehr gefährlich. Wir sind noch gar nicht dazu gekommen, es Ihnen zu erzählen. Aber Cord Munkelmann ist tot.«
    »Cord ist tot? Allah yarhamahu!«
    »Allah yarhamahu« , antwortete Sumaya, bevor sie weitersprach. Möge Gott sich seiner erbarmen. »Wir glauben, dass das Kommando Cord ermordet hat und es als Selbstmord getarnt hat. Wahrscheinlich hat er herausgefunden, was seine Schwester getan hat. Oder sie hat sich ihm anvertraut. Deswegen musste er aus dem Weg geräumt werden. Ich glaube, dass er seine Schwester am Anfang schützen wollte. Deswegen hat er zum Beispiel nur die Drohbriefe der Islamisten an den Globus weitergeleitet und die der Islamhasser so manipuliert, dass ich die Absender nicht mehr erkennen konnte.Er muss geahnt haben, dass seine Schwester etwas damit zu tun hat.«
    »Armer Cord«, sagte Fadia. »Das ist schrecklich.«
    »Ja, das ist es.«
    Samson überlegte, ob er Fadia Latif erzählen sollte, dass Merle sich vorgenommen hatte, dem Kommando Karl Martell nachzuspüren. Dass sie fest dazu entschlossen war, und dass er es ihr, nachdem er vor ein paar Tagen mit ihr gesprochen hatte, sogar glaubte. Weil auch sie nicht unverändert aus den letzten Wochen hervorgegangen war. Aber er ließ es. Er wusste nicht, ob es ihr gelingen würde. Er wollte Fadia Latif keine falschen Hoffnungen machen.
    Es gab keine Helden in dieser Geschichte. Er selbst hatte mitgeholfen, eine Moschee anzuzünden und den Ruf unbescholtener Menschen zu ruinieren. Fadi hatte ihn verraten – und Sumaya gleich mit. Sumaya fühlte sich wegen der Erpressung schuldig, weil Dengelow ihr leidtat, der doch selbst, auf eine Art, ein Opfer gewesen war. Und Merle hatte einen Riesenskandal vertuscht. Da war es wieder: Ja, aber . Sie alle hatten das Richtige tun wollen. Und vielleicht sogar getan. Aber sie hatten Kompromisse gemacht, sich in den Halbschatten zerren lassen, die Mittel dem Zweck unterworfen. Er wusste, dass es keinen anderen Weg gegeben hätte. Er wollte es bloß nie wieder tun.
    Er blickte zu Sumaya hinüber und sehnte sich nach Frieden und Schlaf und Sonne und Nächten ohne Selbstzermürbung. Sie sah so schön aus. Er freute sich darauf, sie endlich richtig kennenzulernen und all das nachzuholen, was bisher nicht möglich war.
    Fadia Latif erhob sich. »Ich gehe Tee machen«, sagte sie. »Ich bin gleich zurück.«
    Als sie gegangen war, stand auch Sumaya auf, überquerte die Terrasse und setzte sich neben Samson auf die Bank, auf der er saß. Sie nahm seine Hand. Wie warm sie ist, dachte er.
    Nach ein paar Minuten kam Fadia Latif zurück und stellte Teegläser auf ihr Beistelltischchen. Der Duft der frischen Minze stieg Samson in die Nase.
    »Ich möchte euch danken«, sagte Fadia Latif.
    Sumaya und Samson nickten. Die Katze war wieder auf SumayasSchoß gesprungen und schnurrte leise. Es war fast ganz ruhig, abgesehen von dem Schnurren und dem leisen KlingKlang des Windspiels. Über den Büschen und Bäumchen sah Samson ein paar Sterne.
    »Es ist wunderschön hier«, fuhr Fadia Latif fort. »Und auch Lutfi hat es hier immer gut gefallen. Den Mädchen geht es gut. Ich denke, dass ich hier bleiben werde. Ich möchte nicht nach Deutschland zurück.«
    »Ja, es ist wirklich wunderschön«, sagte Sumaya.
    »Was werdet ihr nun tun?«
    »Ich werde für eine Weile nach Ramallah gehen. Ich setze für ein Semester aus und werde bei meiner Tante leben. Ein Praktikum bei einer Hilfsorganisation vielleicht, so etwas würde ich gerne machen. Mein Cousin wird auch kommen. Er ist wie ein Bruder für mich, und ich glaube, dass es ihm auch guttut, eine Weile aus Berlin zu verschwinden.«
    »Und du, Samuel?«
    »Ich werde erst einmal tauchen gehen, auf dem Sinai. Und im Oktober muss ich wieder in Berlin sein, weil ich dann wegen illegalen Sprengstoffbesitzes zu einem halben Jahr auf Bewährung verurteilt werde. Das war das Beste, das Dengelow rausholen konnte.«
    »Oje.«
    »Ja, aber das lässt
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