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Racheopfer

Racheopfer

Titel: Racheopfer
Autoren: Ethan Cross
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sterben und dass meine Familie in unserem Haus abgeschlachtet wurde, hat nichts miteinander zu tun. Du hast dich für eine Aufgabe gemeldet, und du hättest wissen müssen, worauf du dich einlässt. Wir waren bloß Leute, die in Frieden leben wollten, aber der Krieg ist zu uns gekommen, nicht umgekehrt. Du kannst nicht beides gleichsetzen.«
    Sie blickte ihm in die Augen. Schon jetzt bereute sie ihre Worte. Sie liebte David, sie hatte ihn nicht angreifen wollen. Sie war nur wütend gewesen und hatte ihre Wut auf das nächste Ziel gelenkt. Sie setzte zu einer Entschuldigung an, sagte dann aber nur: »Geh bitte, ja?«
    David erwiderte nichts. Er sammelte seine Sachen ein und verließ wortlos das Zimmer.
    Als er verschwunden war, ging Jennifer zu ihrem Schreibtisch und nahm das Bild ihrer ermordeten Familie heraus, das sie sich jeden Tag anschaute. Wehmütig blickte sie auf die lächelnden Gesichter und fragte sich, wohin ihr Leben sie geführt hätte, wäre es nie zu den schrecklichen Vorfällen in jener Nacht gekommen. Wäre ihre kleine Schwester jetzt ihre beste Freundin? Hätte sie Nichten und Neffen? Eigene Kinder?
    Die Tränen kamen. Jennifer ließ sich zu Boden sinken, das Foto an die Brust gedrückt.

5
    David durchquerte die erste Sicherheitstür und folgte einem sterilen weißen Gang, an dem die gesicherten Behandlungsräume lagen, die er selbst entworfen hatte. Am Ende des Gangs drückte er die Ruftaste, hob den Blick und schaute in die Überwachungskamera. Die schwere Stahltür klickte, und ein Summer erklang, als das Schloss der Außentür sich öffnete. Er betrat einen schmalen Flur mit je einer Tür an beiden Enden und einer Seitentür. Aus Industrielüftern an der Decke konnte Schlafgas in diesen Flur geleitet werden, falls ein Gefangener auf der Flucht es bis hierher schaffte. David wartete an der Tür an der Seite des Flures, doch nichts geschah. Er blickte auf die Uhr und dann in die Kamera, die über der Tür montiert war.
    »Ferris!«, rief er mit ein wenig mehr Schärfe als beabsichtigt. Er hatte gehofft, den bitteren Nachgeschmack seines Streits mit Jennifer loszuwerden und seine Gedanken mit etwas Produktivem zu beschäftigen, doch nun fragte er sich, ob er in seinem derzeitigen Gemütszustand viel erreichen würde.
    Der Summer ertönte, und die Tür öffnete sich klickend. David ging hindurch und wurde von Anthony Ferris begrüßt, seinem Stellvertreter. »Howdy, Chef. Kommen Sie wegen der Show?«
    »Wie meinen Sie das?«
    Eine Reihe von Videomonitoren und andere Überwachungsgeräte füllten den kleinen Raum, der nach schalen Donuts und Körperausdünstungen roch. Ferris zeigte auf einen Monitor rechts von sich. David ging näher und beugte sich über den Schreibtisch, damit er das Geschehen auf dem Schirm besser erkennen konnte.
    Das Bild zeigte den neuesten Insassen der Einrichtung, Francis Ackerman, der in dem umgrenzten Bereich, in dem die Gefangenen ihrer vorgeschriebenen Stunde körperlicher Betätigung am Tag nachgehen durften, auf und ab sprintete. Der Bereich war im Grunde nur ein runder Raum mit einem Boden aus AstroTurf-Kunstrasen. Sämtliche Zellen im Eisernen Kreis reihten sich mondsichelförmig aneinander, und ihre Hintertüren führten in den Sportbereich. Den Gefangenen war jeder Kontakt untereinander verboten. Wie in dem schmalen Gang, der zum Kontrollraum führte, befanden sich auch in der Decke der Sporthalle Lüftungsgitter, durch die Schlafgas gepumpt werden konnte, sollte ein Häftling sich weigern, nach seiner Übungsstunde in die Zelle zurückzukehren.
    Während David sich Ackermans Sprints anschaute, sagte Ferris: »Haben Sie das mit der Kammer des Schreckens schon gehört?«
    »Benutzen Sie nicht diesen Ausdruck«, sagte David gereizt.
    »Kammer des Schreckens« war ein Spitzname für das Kellergeschoss im alten Flügel der Klinik, das derzeit renoviert wurde. Die Abteilung trug ihren Spitznamen aus der Zeit, als Lobotomie und Elektroschocktherapie noch allgemein verbreitete Behandlungsmethoden für widerspenstige Patienten waren. Altgediente Mitarbeiter behaupteten, in stillen Nächten könne man noch immer die Schreie hören.
    David wusste, dass diese Gespenstergeschichten nichts als Blödsinn waren, den die Leute sich ausdachten, um Neulingen Angst einzujagen. Doch das alte Kellergeschoss hatte eine düstere Geschichte, und der Gedanke daran bereitete David eine Gänsehaut.
    »’tschuldigung, Chef, aber haben Sie das mit dem Wasser gehört?«
    »Nein. Was ist
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