Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
ein Stück Rindfleisch wiederbeleben.«
    Sie trugen die Kühltasche, das Strandlaken und ihre Surfbretter zu dem Kombi und verstauten alles im Heck.
    Ryan war immer noch vom Sonnenschein durchglüht und seine Glieder fühlten sich von der langen Zeit im Wasser gummiartig an. Beinah hätte er Samantha gefragt, ob sie nicht fahren könne.
    Sie warf jedoch mehr als einmal forschende Blicke auf ihn, als ahnte sie, dass sein Nickerchen auf dem Strandlaken etwas mit der Episode am Morgen zu tun gehabt hatte, mit seinem Dümpeln wie eine Stockente am Line-up, während sein Herz explodiert war. Er wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte.
    Außerdem gab es keinen Grund zur Sorge.
    Am Morgen hatte er eine Panikattacke gehabt. Aber wenn die Leute ehrlich wären, käme wahrscheinlich heraus, dass heutzutage die meisten Menschen hin und wieder solche Zustände hatten, was in Anbetracht der Katastrophen und pessimistischen Prognosen, aus denen die Abendnachrichten bestanden, kein Wunder war.
    Statt Sam die Wagenschlüssel in die Hand zu drücken, fuhr Ryan also selbst die zwei Kreuzungen zu ihrer Wohnung.

    Samantha duschte als Erste, während Ryan einen Krug frischen Eistee zubereitete und zwei Zitronen in Scheiben schnitt, um sie darin ziehen zu lassen.
    Ihre gemütliche Küche hatte nur ein einziges großes Fenster, hinter dem ein gewaltiger kalifornischer Pfefferbaum wuchs. Die eleganten Äste, mit Girlanden aus gefiederten, farnartigen Wedeln behängt, die aus zahllosen glänzenden Blättchen bestanden, schienen die ganze Welt auszufüllen und ließen einen glauben, ihre Wohnung sei ein Baumhaus.
    Die wohltuende Müdigkeit, die Ryan am Strand verspürt hatte, fiel jetzt von ihm ab. Neue Vitalität wallte in ihm auf.
    Er kam auf den Gedanken, mit Samantha ins Bett zu gehen. Sowie er diesen Drang registrierte, wuchs sich das Bedürfnis zu vollblütigem Verlangen aus.
    Sie hatte ihr Haar mit einem Handtuch trocken gerubbelt, aber es war noch feucht, als sie in die Küche kam. Sie trug eine lässige türkisfarbene Hose, eine gestärkte weiße Leinenbluse und weiße Tennisschuhe.
    Wenn sie in Stimmung gewesen wäre, wäre sie barfuß in die Küche gekommen und hätte nur einen seidenen Morgenmantel getragen.
    Wochenlang konnte sich ihre Libido an seiner messen und sie hatte ihn häufig gewollt. Ihm war aufgefallen, dass ihr Verlangen während der Phasen größer war, in denen sie besonders eifrig schrieb und besonders abgeneigt war, seinen Heiratsantrag in Erwägung zu ziehen.
    Ein plötzlicher Anfall von tugendhafter Zurückhaltung war ein Zeichen dafür, dass sie darüber grübelte, ob sie den Verlobungsring annehmen sollte. Als verlangte die Aussicht auf den Stand der Ehe, dass man Sex als etwas zu Ernsthaftes,
vielleicht sogar etwas zu Heiliges ansah, um leichtfertig darin zu schwelgen.
    Ryan nahm jede Wendung in Richtung Abstinenz freudig hin, wenn sie anzudeuten schien, dass Sam dicht davorstand, sich an ihn zu binden. Mit achtundzwanzig war sie sechs Jahre jünger als er und sie hatten noch das ganze Leben vor sich. Genug Zeit für Sex also.
    Er goss ihr ein Glas Eistee ein und ging dann duschen. Er begann mit Wasser, das fast so kalt war wie der Tee.

    In der Sonne, die sich schon gen Westen neigte, warfen die Erdbeerbäume lange Schatten auf die Steinplatten im Innenhof des Restaurants.
    Ryan und Samantha teilten sich eine Portion Mozzarella Caprese und ließen sich Zeit mit ihrem ersten Glas Wein, denn sie hatten es nicht eilig, die Hauptgerichte zu bestellen.
    Die glatte, abblätternde Rinde der Bäume war rot, insbesondere im Licht der langsam untergehenden Sonne.
    »Teresa hat diese Blüten geliebt«, sagte Sam. Sie sprach von ihrer Schwester.
    »Welche Blüten?«
    »Die auf diesen Bäumen. Im späten Frühling tragen sie Rispen mit kleinen kelchförmigen Blüten.«
    »In Weiß und Rosa«, erinnerte sich Ryan.
    »Teresa hat gesagt, sie sähen aus wie winzige Glöckchen, Windspiele, die Feen aufgehängt haben.«
    Vor sechs Jahren hatte Teresa bei einem Verkehrsunfall ein schweres Schädeltrauma erlitten und war schließlich gestorben.

    Samantha erwähnte ihre Schwester selten. Wenn sie von Teresa sprach, neigte sie dazu, sich in sich selbst zurückzuziehen und ihre Erinnerungen durch das Umwickeln mit langen Bahnen von Stille zu konservieren.
    Als sie jetzt in die Baumkrone hinaufsah, erinnerte der Ausdruck in ihren Augen an den sehnsüchtigen Blick, mit dem sie, wenn sie am Line-up rittlings auf ihrem Surfbrett
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher