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Rache

Rache

Titel: Rache
Autoren: Richard Laymon
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müsste sie das Aufschließen der Wohnungstür mitbekommen, und falls nicht, dann auf jeden Fall das Klicken, wenn er die Tür wieder ins Schloss drückte.
    Es sei denn, er schleicht sich bewusst leise herein.
    Ich werde ihn trotzdem hören, sagte sie sich.
    Aber wann?
    Eine lange Zeit - zumindest kam es ihr so vor - lag Sherry reglos da und lauschte in die Nacht. Was sie hörte, waren hauptsächlich Geräusche, die der Wind verursachte. Während er die Vorhänge im Zimmer fast lautlos bauschte und hin und her bewegte, tobte er draußen wie eine Horde verrückt gewordener Gespenster stöhnend, zischend und heulend durch die Straßen. Vom Wind erfasste Gegenstände rumpelten und klapperten, andere kullerten scheppernd über Gehwege und Fahrbahnen. Autoalarmanlagen kreischten und hupten, und von nah und fern ertönte ständig irgendwelches Sirenengeheul.
    Was für eine Nacht, dachte Sherry. Als wäre da draußen die Hölle losgebrochen.
    Warum ist Duane noch nicht zurück?
    Sherry wälzte sich auf die Seite, stemmte sich auf einem Ellenbogen hoch und schaute hinauf zum Radiowecker.
    22:31
    Sie ließ sich wieder auf den Rücken sinken.
    Sie starrte hinauf zur im Kerzenschein schimmernden Zimmerdecke.
    Wann ist er gleich noch mal losgegangen? Um zehn nach zehn? Ja, so ungefähr.
    Dann ist er jetzt schon über zwanzig Minuten weg.
    Auf einmal wurde es ihr zu warm. Ihr Kopf war im feuchten, warmen Kissen vergraben, Rücken und Po schienen am Bettlaken zu kleben, und das andere Laken, das sie über sich gezogen hatte, schirmte sie vor dem Wind ab, der durch das offene Fenster hereinwehte.
    Sie schlug es beiseite und setzte sich auf.
    Und seufzte, als der Wind ihr wie warme, trockene Hände über die Haut strich.
    Sie schlug die Beine übereinander, machte den Rücken gerade und legte die Hände auf die Oberschenkel.
    Ich bleibe einfach so sitzen, bis ich ihn kommen höre.
    Sie saß da und wartete, während der ruhelose Wind ihr den Schweiß trocknete und ihre Haut sogar ein wenig kühlte - bis auf ihren Po, mit dem sie auf dem durchgeschwitzten Laken saß.
    Nach einer Weile hätte sie zu gern über die Schulter nach dem Radiowecker geschaut.
    Aber sie widerstand diesem Verlangen.
    Sie widerstand ihm ziemlich lange.
    Er kommt jetzt jeden Augenblick, sagte sie sich.
    Schließlich sah sie sich doch um.
    22:41
    Sherry verzog das Gesicht.
    Jetzt ist er schon eine halbe Stunde weg, dachte sie. Aber der verdammte Laden ist doch nur zwei Häuserblocks entfernt. Selbst zu Fuß hätte er es in zwanzig Minuten hin und zurück schaffen müssen.
    Da ist was passiert.
    Er hatte einen Unfall oder wurde überfallen oder …
    Halt, Moment!
    Sie lachte schnaubend auf.
    Ich weiß, was passiert ist, sagte sie sich. Er hat es ohne Schwierigkeiten bis zum Speed-D-Mart geschafft, hat dann aber festgestellt, dass es dort keine Kondome gibt. Also ist er weitergefahren zu irgendeinem anderen Laden, der die ganze Nacht lang geöffnet hat. Von denen gibt es in L. A. ja nun wirklich genug.
    Andere Männer hätten vielleicht aufgegeben und wären mit leeren Händen zurückgekommen, aber nicht Duane.
    Der kommt erst wieder, wenn er welche hat.
    Dann kann ich mich ja auf eine ziemliche Warterei einrichten, dachte sie.
    Um auch ihren verschwitzten Po zu kühlen, hockte sich Sherry auf Hände und Füße und streckte ihr Hinterteil in den wohlig trocknenden Wind. Und wartete weiter.
    Eines ist seltsam, dachte sie: Er weiß doch, dass ich ihn nach spätestens einer Viertelstunde zurückerwarte. Hätte er mich da nicht angerufen, bevor er woanders hingefahren wäre?
    Vielleicht, vielleicht auch nicht.
    Umsicht gehörte nicht gerade zu Duanes Stärken.
    Erst kürzlich hatte er sie fast eine Stunde lang warten lassen und dann als Entschuldigung vorgebracht, er sei auf dem Heimweg von der Arbeit im Verkehr stecken geblieben.
    Dabei hatte er ein Handy im Auto und hätte sie leicht anrufen und ihr sagen können, dass er sich verspäten würde.
    Sie hatte ihm deswegen keine Vorhaltungen gemacht.
    Ich bin seine Freundin, nicht seine Mama.
    War das heute wieder so eine Gedankenlosigkeit?
    Vielleicht steckt ja mehr dahinter, dachte sie. Vielleicht bleibt er absichtlich so lange weg, um mir eine Lektion zu erteilen. Siehst du, das kommt davon, wenn man jemanden mitten in der Nacht Kondome holen schickt.
    So was Gemeines würde er nicht tun, oder?
    Man kann nie wissen.
    Das ist nicht Duanes Art.
    Und wenn es doch seine Art sein sollte, dann ist es ganz gut, wenn ich es
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