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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers
Autoren: Thomas Schmidt
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sollte auf dem Nachtflohmarkt in Berlin feilgeboten werden. Mein Ankauf lief wie geschmiert. Außerdem war ich schon früher mit meinem Geschäft fertig, als ich dachte. Aus diesem Grund machte ich einen Abstecher nach Lindenthal, um noch einige Ankaufszettel in die Briefkästen älterer Grundstücke zu werfen. Ich begab mich einfach so zum Spaß erst einmal auf die B 184 in Richtung Delitzsch. Als ich den zähfließenden Verkehr Wiederitzschs hinter mir hatte, trat ich aufs Gas und ließ meine Seele baumeln. Ich mochte diesen Motorsound. Vor mir lag jetzt eine schnurgerade Strecke. Auf meinem Tachometer standen bereits 130 km/h. Plötzlich tauchte in dreihundert Metern Entfernung ein Kleintransporter auf, der sich rasend schnell näherte. Vermutlich fuhr er genauso schnell wie ich. Etwa zweihundert Meter vor mir befand sich eine Rechtskurve. Der Kleintransporter schnitt sie und schusselte auf meine Fahrbahnseite. Ich hatte längst den Fuß vom Gaspedal genommen. Trotzdem musste ich ganz nach rechts ausweichen, um mit diesem Fahrzeug nicht frontal zu kollidieren. Ich fuhr über die Grasnarbe neben dem Straßengraben und geriet auf längst überfälliges Winterstreugut, was da noch dicht gesät auf meiner Fahrbahnseite lag und kam ins Schleudern. Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich in meinem Rückspiegel den Kleintransporter entschwinden. Jetzt galt es, meine Karre zur Räson zu bringen. Wenn ich es versuchte, wurde ich jedes Mal nach links gegen meine Fahrertür gedrückt oder nach rechts in die Sicherheitsgurte gequetscht. Mit einem Ruck stand ich quer auf der Fahrbahn und schoss wie eine Rakete in Richtung Straßengraben. Ich hatte das Gefühl, als hätte mich eine unsichtbare Kraft von hinten in die Richtung geschoben, in die ich gar nicht wollte. Ein ohrenbetäubender Knall ertönte. Ich verspürte einen brennenden Schmerz im Bereich der linken Schläfe. Ich hatte das Gefühl, als hätte mir jemand eine Ladung Schrot verpasst. Fast gleichzeitig verspürte ich einen dumpfen Schlag gegen die linke Körperseite, sodass mir für einen Moment die Luft weg blieb. Plötzlich war alles um mich still. Ich hörte nur das feine Knistern des Blechs der deformierten Fahrzeugkarosse. Kleine Lacksplitter sprangen mir durch das offene Fenster ins Gesicht. Für einige Sekunden machte sich tiefe Trauer in mir breit, weil mein doch so sauer verdientes Auto zum Totalschaden wurde. Links neben mich hatte sich übrigens ein Baum platziert. Durch die Wucht des seitlichen Aufpralls auf den Stamm wurde meine Fahrerseite um die Hälfte dezimiert. Im Sicherheitsgurt hängend wurde ich beinahe erdrückt. Im Moment stand die These vom rettenden Sicherheitsgurt für mich auf wackligen Füßen. Zu guter Letzt war ich der Meinung, dass solche seltenen Unfälle auch selten vonstatten gehen würden. Der Rettende für mich war kein Engel, sondern eben ein dahergewachsener Apfelbaum. Ich habe später darüber nachgedacht, was wohl hätte passieren können, falls ich im Straßengraben mit einer Tankfüllung von siebzig Litern Benzin Super-Plus über dem Kopf im Graben liegengeblieben wäre. Auf Grund meines Schocks war ich erst einmal schmerzfrei. Dann fing es an meiner rechten Wange an zu kribbeln. Ich strich mit meiner linken Hand über diese Stelle – meine Hand war blutig, so auch mein Hemdkragen. Die linke Seite von der Schläfe bis zum Hals war mit Glassplittern gespickt. Der Baum hatte die Fensterscheibe zerstückelt und in den Innenraum geschlagen. Ich war erst einmal in meinem Blechknäuel gefangen. Nach einer Weile versuchte ich, die rechte Fahrertür von innen zu öffnen, doch ohne Erfolg, denn auf der linken Seite befand sich der rettende Apfelbaum. Ich betätigte den elektrischen Fensterheber. Er funktionierte sogar noch. Ich löste mich vom Sicherheitsgurt, griff durch das Fenster der Beifahrertür nach draußen und konnte die Tür so öffnen. Ich kraxelte am Grabenhang nach oben und befand mich nun wieder auf der B 184. Ich hatte das Gefühl, als sei ich schwerelos. Keine Menschenseele war in Sicht. Darüber war ich froh. Mein PKW hatte nach dem seitlichen Aufprall auf den Baum die Form eines V ‘s bekommen. Er war eigentlich nur noch für Kurvenfahrten geeignet. Plötzlich kam eine Straßenkehrmaschine angerattert. Der Fahrer stieg aus. »Ä schönes Geschoss, Ihr Fahrzeuch! Isch meene es war schön! Sachen Se, wie geht’s Ihn’ eischentlisch?” »Ob Sie mich aus dem Graben ziehen könnten?”, fragte ich im Affekt. Letzten
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