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Rache - 01 - Im Herzen die Rache

Rache - 01 - Im Herzen die Rache

Titel: Rache - 01 - Im Herzen die Rache
Autoren: Elizabeth Miles
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uncharmante Art, ihr mitzuteilen, dass er draußen wartete.
    Sie klappte ihren Laptop zu, schlüpfte rasch in ein T-Shirt und hastete wieder zum Fenster, während sie gleichzeitig versuchte, den rechten Fuß in einen ihrer hohen Schnürstiefel zu stecken.
    »Noch fünf Minuten«, bedeutete sie ihm und hielt dabei fünf Finger hoch. Im Garten stand albern grinsend JD Fount und schob sich gerade einen Zweig aus dem Gesicht. JD war schon immer supergroß gewesen, so groß, dass Mrs Milliken ihn in der vierten Klasse mal richtig fest in den Rücken geboxt und »Achtung, Haltung annehmen!« gerufen hatte, weil er ganz krumm dasaß, damit sich die anderen Kinder nicht so klein vorkamen.
    Inzwischen maß er ganze 1,90 Meter und scherte sich nicht die Bohne darum, was die anderen dachten.
    Wie zum Beweis knöpfte er jetzt seinen Mantel auf und präsentierte sein Outfit für diesen Abend: Hose, Weste und darunter ein lila Hemd. Em schüttelte den Kopf und musste unwillkürlich lächeln. Sie staunte immer wieder über JDs gewagte Klamottenwahl, die wie ein Zwischending aus Bildersturm und Kunst aussah. Er war berüchtigt für seine Volksreden über die Ungerechtigkeit, dass Mädchen modemäßig richtig Spaß haben durften, während die Jungs bloß auf Jeans und T-Shirts sitzen blieben. Im letzten Jahr hatten Gabby und sie sich angewöhnt, ihn ihren »Chauffeur« zu nennen – hinter seinem Rücken, natürlich. Auf die meisten Partys wurde er zwar nicht eingeladen, doch er war immer bereit, Em hinzufahren. Sie wusste, dass er insgeheim über jeden Vorwand froh war, am Wochenende ausgehen zu können, und obwohl er ein ziemlicher Trottel war, den sie schon aus Sandkastenzeiten kannte, musste sie zugeben, dass sie sich ganz gern die Zeit mit ihm vertrieb.
    Als er Ems Handzeichen sah, winkte er ihr zu und streckte die Daumen in die Höhe. Er war es gewohnt zu warten. Die Founts wohnten schon seit ewigen Zeiten nebenan und es war ein Running Gag, dass sie vermutlich noch bei ihrer eigenen Beerdigung auf die Winters warten müssten. Bevor Em einen Führerschein besaß, hatte JD sie immer mit zur Schule genommen. Doch als sie vier Mal hintereinander die erste Stunde verpasst hatten, hatte er ihr angedroht, sie zu Fuß gehen zu lassen.
    Jetzt tänzelte er zurück zu seinem verbeulten Volvo – er wusste, dass Em ihn beobachtete – und stieg ein. Em blieb am Fenster sehen, fasziniert von den Schneeflocken, die mittlerweile vom Himmel fielen. Obwohl sie schon immer in Maine gelebt hatte, konnte sie nie genug vom Winter bekommen. Sie mochte es, wie ihr Wohnviertel nach einem Schneesturm aussah, wenn alle Häuser mit einer dicken weißen Schicht bedeckt waren wie mit Baiserhauben verzierte Torten. Sie sah noch einen Moment zu, wie die Schneeflocken ineinander übergingen, bis das entfernte Geräusch einer Sirene sie abrupt in die Realität zurückholte.
    Als sie ihre Stiefel geschnürt hatte, tupfte sie sich ein wenig Gloss auf die Lippen, klemmte sich die Haare hinter die Ohren (sie machte selten mehr damit, als sie an der Luft trocknen zu lassen) und schnappte sich ihre Tasche. Sie warf noch einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel, in dem vollen Bewusstsein, dass sie sich nur für eine einzige Person aufgestylt hatte, und verließ das Zimmer.
    Auf dem Weg nach unten wurden die Stimmen ihrer Eltern deutlicher. Sie diskutierten wieder mal über die Arbeit: ob Koffein einen Herzinfarkt begünstigt oder nicht. Für zwei Menschen, die nicht mal merkten, wenn ihre eigene Tochter ein gebrochenes Herz hatte, machten sie sich ziemlich viele Gedanken über die Herzen anderer Leute.
    »Ich geh auf ’ne Party«, sagte Em und steckte den Kopf durch die Küchentür. Ihre Eltern hielten ein Glas Rotwein in der Hand und waren über eine Käseplatte auf der marmornen Kücheninsel gebeugt. Sie standen so nah beieinander, dass sich ihre Hüften berührten. Als sie kurz aufblickten, wirkten sie leicht überrascht, sie zu sehen. »Bei Ian Minster. JD fährt«, ergänzte Em.
    »Okay, Schatz«, antwortete ihre Mom.
    »Pass auf dich auf, Liebling«, sagte ihr Dad.
    »Und dann darf man gespannt sein, was die ganzen Rotweinstudien noch bringen …«, sagte Ems Mom plötzlich. Und schon waren sie wieder mitten in ihrem Gespräch.
    Em verdrehte die Augen, zog sich ihren Wintermantel über und stiefelte hinaus zu JDs Volvo. Sie fragte sich, ob ihre Eltern eigentlich mitbekommen hatten, was sie gesagt hatte. Sie fragte sich, ob überhaupt jemand sie mal
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