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Quipu

Quipu

Titel: Quipu
Autoren: A Vidal
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dem Weg, doch an diesem Abend schien der Marqués ihn herausfordern zu wollen, wetterte er doch gerade gegen den seiner Ansicht nach völlig unsinnigen Kaiserlichen Kanal von Aragón, jenen Auftrag, an dem Sebastián seit Monaten unermüdlich arbeitete. Und so war er, als der Marqués sich an ihn wandte, bereits ziemlich gereizt.
    »Sieht Señor de Fonseca das nicht auch so?«, fragte Montilla ihn in verächtlichem Ton.
    |22| »Meiner Meinung nach ist dieser Kanal, der sich bis zum Mittelmeer erstrecken soll und dieses eines Tages sogar mit dem Atlantik verbinden wird, eines der wenigen Dinge, auf die Spanien gegenwärtig stolz sein kann und die es zu einem europäischen Land machen.«
    »Ach ja?« Montilla lachte verächtlich auf. »Wenn dem wirklich so wäre, glauben Sie, dann hätte man ausgerechnet einen Abkömmling der Fonsecas damit beauftragt?«
    Verstohlen drückte Frasquita Sebastiáns Hand, damit er nicht auf die Provokation des Hitzkopfs reagierte, die sich auf den Spanischen Erbfolgekrieg bezog, als Anhänger der Habsburger und Bourbonen sich gegenüberstanden und Sebastiáns Familie auf Seiten der späteren Verlierer gestanden hatte.
    Unglücklicherweise bemerkte Montilla jedoch Frasquitas vertrauliche Geste und ging noch weiter mit seinen giftigen Äußerungen.
    »Aber einer wie Sie wildert natürlich auch lieber.« Er lächelte anzüglich. »Wie ich sehe, haben Sie sich jetzt aufs Großwild verlegt. Das Komödiantinnenreh hat Ihnen anscheinend nicht gereicht. Nehmen Sie sich in Acht. Man kann dabei ganz schön auf die Hörner genommen werden.«
    Diese unflätige Anspielung auf seine Freundschaft mit Frasquita betraf nun nicht mehr nur ihn, sondern in erster Linie die Ehre seiner Dame. Und ehe diese es verhindern konnte, hatte Sebastián Montilla eine schallende Ohrfeige verpasst.
    Der Marqués schien es beinahe erwartet zu haben.
    »Sparen Sie sich Ihr Ungestüm lieber auf. Sie werden es noch brauchen können. Ich warte im Reitstall, gleich hinter dem Theater, auf Sie«, sagte er mit gesenkter Stimme und rauschte davon.
    Eigentlich hätte Sebastián das Duell gern verschoben, doch hätte der Marqués das sicher falsch ausgelegt. Ein Kreuzen der Klingen war unausweichlich.
    Frasquita nahm ihn beiseite und flehte ihn an: »Um Himmels willen, geh nicht. Dieser Mensch hat jede Woche ein Duell und kann meisterhaft mit dem Degen umgehen.«
    |23| »Du weißt, dass ich diese Dinge ebenso hasse wie du. Aber wenn ich mich dem nicht stelle, wird mich keiner mehr anschauen und ich müsste mich mein Leben lang vor diesem Taugenichts verstecken.«
     
    Ein Hauch von Konspiration umfing die Anwesenden. Ein Duell war mit der Todesstrafe und der Konfiszierung ihres Vermögens belegt. Sie wussten, was auf dem Spiel stand.
    Sebastián de Fonseca legte Hut, Umhang und Handschuhe auf einen Strohballen. Er wollte diese unsinnige Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er wog den Degen in der Hand. Auf die Frage des Schiedsrichters, ob er bereit sei, nickte er und stellte sich dem Marqués de Montilla gegenüber auf. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass es eine Falle war. Sein Gegner sah ihn mit einem so verschlagenen Lächeln an, als verfolge er irgendeinen Plan.
    Der Ingenieur hatte keinerlei Bedürfnis, sich besonders hervorzutun, aber er wusste mit dem Degen umzugehen, hatte er die Fechtkunst doch bei den Jesuiten gelernt und sie auch beim Militär regelmäßig betrieben. Nun standen sie sich also erneut gegenüber, wie damals, in ihrer Kindheit. Nur dass es diesmal bitterer Ernst war. Ein paar Minuten würden ihm genügen, um beurteilen zu können, mit was für einem Kontrahenten er es zu tun hatte. Er betrachtete Montillas zernarbtes Gesicht. Die Augen waren hart und berechnend, und was sie ihm nicht sagten, verrieten der herbe, hinterhältige Zug um den Mund, sein breitbeiniger Stand: All dies deutete auf einen gefährlichen, kaltherzigen Menschen hin, der seinen Kontrahenten mit großspuriger Verachtung aus der Reserve zu locken suchte.
    Das erste Kreuzen der Klingen bestätigte ihm, dass er es mit einem hasserfüllten Gegner zu tun hatte. Doch schon bald hatte Sebastián seine Schwachstelle entdeckt: das Gleichgewicht. Und so dauerte es auch nicht lange, bis Montilla strauchelte, was der Ingenieur nutzte, um ihn mit einem gezielten Stich leicht an der rechten Hand zu verletzen.
    |24| »Sie werden Ihren Degen nicht mehr lange halten können, Marqués«, erklärte der Schiedsrichter nach
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