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Quipu

Quipu

Titel: Quipu
Autoren: A Vidal
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Freundin zu. »Hast du eine Ahnung, warum um diese Premiere hier so ein Wirbel gemacht wird?«
    »Ich weiß nur, dass es die Neufassung eines Stücks von Tirso de Molina ist und dass sie es ›Der gordische Knoten‹ genannt haben«, sagte Frasquita kurz angebunden, da sie die Schmeicheleien der Jüngeren etwas eifersüchtig machten.
    »Sie sollten lieber mal seinen ›Spötter von Sevilla‹ neu bearbeiten, diese Komödie über den berühmten Frauenverführer«, erwiderte Águeda unbekümmert und reckte dann den Hals. »Ah, wen sehe ich da? Doña Marguerita mit ihrem neuen Galan. Was für ein stattlicher junger Mann! Ihr entschuldigt mich?«
    Frasquita sah ihr nach und holte dann einen Flakon aus ihrem Täschchen.
    »Du scheinst mir ein wenig abwesend zu sein«, tadelte sie ihren Begleiter, während sie ihren Hals mit etwas Parfum betupfte.
    »Eher angespannt.«
    »Weil du wieder hier bist, wo sie   …?«
    »Das allein wäre Grund genug«, schnitt er ihr hastig das Wort ab. »Aber ich muss zu Cañizares, dem Direktor der Theatertruppe. Mein Vater hat mir eine Nachricht mitgegeben, die ich ihm persönlich überreichen soll.«
    »Dann erledige das am besten gleich. Ich warte hier auf dich.«
    |15| Während sich Sebastián an den Grüppchen elegant gekleideter Menschen vorbeischlängelte, überlegte er einmal mehr, warum sein Vater ihn eigens für diese Vorstellung aus Zaragoza hatte kommen lassen. Irgendetwas schien ihn in höchstem Maße zu beunruhigen, und die Nachricht an Cañizares musste sehr wichtig sein, denn sein Vater hatte außerordentlich nervös gewirkt und ihn gebeten, den Theaterdirektor möglichst noch vor der Vorstellung aufzusuchen.
    Nur noch wenige Schritte trennten Sebastián vom Eingang zu den Künstlergarderoben, da entdeckte er unter den Theaterbesuchern auf einmal den Marqués de Montilla, der verächtlich in seine Richtung blickte. Missgestimmt wandte sich der junge Militäringenieur ab. Eigentlich brauchte ihn Montillas Anwesenheit nicht zu verwundern, war der Erzrivale und Nachbar ihrer andalusischen Ländereien doch ein Mann mit guten Beziehungen zum Hofe, der keine Gelegenheit ausließ, seine gesellschaftlichen Kontakte zu pflegen. Sebastián drängte sich weiter durch die Menge, als er sich plötzlich einem ungewöhnlichen Aufgebot an Soldaten gegenübersah, die ihm den Durchlass verwehrten.
    Unverrichteter Dinge musste er zu Frasquita zurückkehren.
    »Was ist los?«, fragte sie überrascht.
    »Ich bin nicht zu Cañizares durchgekommen. An allen Eingängen haben Wachen Posten bezogen. Offensichtlich wird hoher Besuch erwartet.«
    In diesem Augenblick verkündete ein Saaldiener die Ankunft des Grafen von Floridablanca, Don José Moñino. Ein überraschtes Murmeln lief durch das Foyer, das immer lauter wurde, während sich die Theaterbesucher schnell entlang dem roten Teppich gruppierten.
    »Wusstest du, dass der erste Minister kommt?«, flüsterte Sebastián Frasquita zu, als er sie ganz nach vorne in die erste Reihe schob.
    »Nein, ich hatte keine Ahnung«, wisperte sie zurück. »Und wenn Floridablanca kommt, ist auch mein Mann dabei. Ich verstehe nicht, warum er so ein Geheimnis darum gemacht hat.«
    |16| Kurz darauf erschien unter beachtlichem Zeremoniell der Graf, an dessen linker Seite Floridablancas Vertrauensmann, Onofre Boncalcio, einherschritt.
    »Hast du gesehen?«, tuschelte Frasquita Sebastián ins Ohr, nachdem sie den Minister mit einer kleinen Verneigung begrüßt hatte. »Der Graf wird immer magerer. Er arbeitet ununterbrochen. So wie Onofre.«
    Doch Sebastián blickte nicht auf den ersten Minister, sondern auf die Person, die zu seiner Rechten einherschritt. Zum ersten Mal seit vielen Jahren regte sich in ihm ein Gefühl, das er für immer tot geglaubt hatte. Die schlanke junge Frau mit dem pechschwarzen Haar, dem rosigen Mund von betörender Sinnlichkeit, den leicht mandelförmigen Augen und einer Hautfarbe zwischen kupfern und zimten, wie man es nur bei Mestizinnen fand, war eine Schönheit, die ihm den Atem nahm.
    »Wer   … wer ist das?«, stammelte er.
    Frasquita zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nur, dass sie Umina heißt und eine Inkaprinzessin ist. Sie muss ziemlich reich sein. Ihr Besuch wird streng geheim gehalten.«
    »Und was macht sie hier, so fern ihrer Heimat?«
    »Wie es scheint, ist sie nach Spanien gekommen, um den Beweis für ihre Abstammung von den Inkas zu erbringen. Sie sucht wohl irgendwelche Papiere, um ihren Anspruch auf den Thron zu
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