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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)
Autoren: Richard P. Feynman
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wünschen, nie wieder davon zu hören – alle einfachen Eigenschaften des Lichts erklären kann: so zum Beispiel, daß Ein- und Ausfallswinkel bei der Reflexion des Lichts an einem Spiegel gleich groß sind; daß Licht beim Übertritt von Luft in Wasser gebrochen wird; daß sich Licht geradlinig ausbreitet; daß Licht durch eine Linse in deren Brennpunkt gesammelt werden kann und so fort. Darüber hinaus beschreibt die Theorie noch viele weitere Eigenschaften des Lichts, mit denen Sie vielleicht nicht so vertraut sind. In der Tat konnte ich bei der Vorbereitung dieser Vorlesungen der Versuchung kaum widerstehen, all die Dinge über Licht herzuleiten, die Ihnen in der Schule mit erheblichem Zeitaufwand eingetrichtert wurden – wie das Verhalten des Lichts, wenn es um die Ecke in einen Schatten fällt (die sogenannte Beugung). Aber da die meisten von Ihnen diese Phänomene wohl nicht sorgfältig beobachtet haben, möchte ich Sie nicht damit plagen. Indessen kann ich Ihnen garantieren (sonst wären die angeführten Beispiele irreführend), daß sich jede gewissenhaft untersuchte Eigenschaft des Lichts mit Hilfe der Theorie der Quantenelektrodynamik erklären läßt, auch wenn ich mich hier mit der Beschreibung der einfachsten und alltäglichsten Phänomene begnüge.

     
    Beginnen wir mit dem Problem der Reflexion (vgl. Abb. 19). Wir nehmen einen Spiegel, stellen in S eine Lichtquelle auf und lassen sie monochromatisches Licht (sagen wir, rotes) von sehr geringer Intensität, das heißt von Fall zu Fall jeweils nur ein Photon, ausstrahlen. In P plazieren wir einen Photoelektronen-Vervielfacher, der die Photonen aufspüren soll. Da wir uns bei symmetrischer Versuchsanordnung mit dem Zeichnen der Pfeile leichter tun, wollen wir den Detektor in gleicher Höhe anbringen wie die Lichtquelle. Wie groß ist jetzt die Wahrscheinlichkeit, daß der Detektor, nachdem ein Photon von der Lichtquelle emittiert wurde, klickt? Das wollen wir berechnen. Um zu verhindern, daß ein Photon womöglich geradewegs von der Lichtquelle zu unserem Detektor fliegt, werden wir (in Q) einen Schirm dazwischen schieben.
    Nun erwarten wir, daß das Licht, das den Photo-Multiplier erreicht, von der Mitte des Spiegels reflektiert wird, weil das der Ort ist, an dem der Einfalls- gleich dem Ausfallswinkel ist. Es scheint doch auf der Hand zu liegen, daß die nahe den Rändern gelegenen Spiegelbereiche genauso wenig mit der Reflexion zu tun haben wie mit dem Käsepreis, nicht wahr?
    Trotz Ihrer Vermutung , daß die Spiegelpartien in Nähe der Ränder nichts mit der Reflexion des von der Quelle ausgesandten und vom Dektor aufgefangenen Lichts zu tun haben, wollen wir die Quantentheorie um ihre Meinung befragen. Erinnern wir uns an die Regel: Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines bestimmten Ereignisses ist gleich dem Quadrat über dem resultierenden Pfeil. Gefunden wird dieser resultierende Pfeil, indem wir für jeden Weg, auf dem das Ereignis eintreten könnte, einen Pfeil zeichnen und diese Pfeile zum Schluß kombinieren (»addieren«). Bei unserem Experiment zur Messung der partiellen Reflexion des Lichts an zwei Grenzflächen konnte ein Photon auf zwei Wegen von der Quelle zum Detektor gelangen. Beim vorliegenden Versuch stehen ihm Millionen Wege offen: Es könnte (vgl. Abb. 20) auf den linken Teil des Spiegels, zum Beispiel auf A oder B, fallen und zum Detektor zurückgeworfen werden; es könnte an der Stelle reflektiert werden, die Ihnen am wahrscheinlichsten erscheint, nämlich in G; genausogut aber könnte es auf der rechten Spiegelpartie, auf K oder M, auftreffen und auf den Detektor zurückprallen. Nun halten Sie mich vielleicht für verrückt, weil bei den meisten Wegen, die ich dem Photon gerade für seine Reise zum Detektor freigegeben habe, die Forderung der Winkelgleichheit nicht erfüllt ist. Ich bin nicht verrückt: Das Licht nimmt alle diese Wege wirklich! Wie aber, werden Sie fragen, ist das möglich!

     
    Damit das Problem etwas leichter begreiflich wird, soll unser Spiegel lediglich aus einem langen Streifen von links nach rechts bestehen – und flach wie Papier sein (vgl. Abb. 21). Außerdem wollen wir ihn, obwohl er realiter das Licht an Millionen Stellen reflektieren könnte, vorübergehend in eine endliche Zahl kleiner Quadrate aufteilen und für jedes Quadrat nur einen Weg gelten lassen – wobei unsere Berechnung natürlich exakter (wenngleich schwieriger) wird, je kleiner wir unsere Quadrate machen und je mehr Wege wir
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