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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)
Autoren: Richard P. Feynman
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Messung einen rechten Winkel. In diesem Fall ist der resultierende Pfeil die Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks, und laut Pythagoras ist das Quadrat über der Hypotenuse gleich der Summe der Quadrate über den beiden Katheten. Damit haben wir den Wert, der »zweimal am Tag« stimmt – 4 Prozent + 4 Prozent = 8 Prozent (vgl. Abb. 16).

     
    Beachten Sie, daß der Pfeil für die vordere Reflexion stets in dieselbe Richtung weist, gleichgültig wie dick wir das Glas wählen, während sich die Richtung des Pfeils für die hintere Reflexion mit zunehmender Scheibendicke verändert. Dadurch verändert sich auch die Lage der beiden Pfeile zueinander und damit wiederum die Länge der Resultierenden, die in einem sich wiederholenden Zyklus von Null bis 0,4 anwächst und von 0,4 wieder auf Null abfällt. Damit durchläuft das Quadrat über dem resultierenden Pfeil, genau wie wir es in unseren Experimenten beobachtet haben, einen sich wiederholenden Zyklus von Null bis 16 Prozent.

     
    Nun wissen Sie also, wie man dieses seltsame Phänomen der partiellen Reflexion exakt berechnen kann, indem man lauter komische kleine Pfeile auf ein Blatt Papier malt. Der Fachbegriff für diese Pfeile lautet »Wahrscheinlichkeitsamplituden«. Wir haben die »Wahrscheinlichkeitsamplitude für ein bestimmtes Ereignis berechnet« – das klingt respektgebietend. Dennoch ziehe ich es vor, die Dinge schlicht und einfach beim Namen zu nennen und zu sagen, wir haben versucht, den Pfeil zu finden, dessen Quadrat die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines bestimmten Ereignisses darstellt.
    Ehe ich die erste Vorlesung beschließe, möchte ich noch kurz ein paar Worte über die Farben von Seifenblasen verlieren. Oder besser über die wunderschönen Farben, die der lecke Öltank Ihres Autos mit ein paar Tropfen bräunlichen Öls auf einer schmutzigen Pfütze hervorzaubert. Den dünnen Ölfilm auf der Pfütze können wir mit einer hauchdünnen Glasscheibe vergleichen: Er reflektiert monochromatisches Licht von Null bis zu einem von der Dicke des Ölschicht abhängigen Maximum. Bestrahlen wir ihn mit reinem rotem Licht, zeigen sich rote Flecken und dazwischen (das heißt an den Stellen, an denen es keine Reflexion gibt, denn die Dicke der Ölschicht variiert) schmale schwarze Streifen. Bestrahlen wir ihn mit reinem blauen Licht, ergibt sich ein Muster aus schmalen schwarzen Streifen und blauen Flecken. Nehmen wir rotes und blaues Licht, zeigt sich, daß manche Stellen gerade die erforderliche Dicke für die Reflexion von rotem Licht besitzen, andere dagegen genau die für die Reflexion von ausschließlich blauem Licht. Wieder andere Stellen haben eine Dicke, die sowohl rotes als auch blaues Licht stark reflektiert (was wir als Violett sehen), während einige exakt so dick sind, daß jede Reflexion ausgelöscht wird, so daß die Fläche schwarz erscheint.
    Um das besser verstehen zu können, müssen wir wissen, daß sich der bei der partiellen Reflexion an zwei Grenzflächen von Null bis 16 Prozent reichende Zyklus bei blauem Licht schneller wiederholt als bei rotem. So werden bei bestimmten Dicken die eine oder die andere oder beide Farben stark reflektiert, bei anderen dagegen wird die Reflexion beider Farben völlig ausgelöscht (vgl. Abb. 18). Da die Zeiger der Stoppuhr beim Stoppen eines blauen Photons schneller laufen als beim Stoppen eines roten, wiederholen sich die Reflexionszyklen ebenfalls phasenverschoben. Und dieser Unterschied in der Umlaufgeschwindigkeit des Stoppuhrzeigers ist genaugenommen der einzige Unterschied zwischen einem roten und einem blauen Photon (oder dem Photon einer beliebigen Farbe; Radiowellen, Röntgenstrahlen usw. nicht ausgenommen).

     
    Strahlen wir rotes und blaues Licht auf einen Ölfilm, erscheinen, getrennt durch schwarze Streifen, rote, blaue und violette Muster. Scheint Sonnenlicht, das ja rotes, gelbes, grünes und blaues Licht enthält, auf den Ölfilm einer Pfütze, überschneiden sich die Stellen, die jede dieser Farben stark reflektieren, wodurch alle Arten von Kombinationen entstehen, die unser Auge als verschiedene Farben wahrnimmt. Dieses Farbmuster verändert sich mit der Ausbreitung des Ölfilms auf der Oberfläche des Wassers, da er dabei seine Dicke an verschiedenen Stellen ständig verändert. (Schauen Sie sich dieselbe Pfütze dagegen nachts beim Natriumlicht der Straßenlampen an, die nur monochromatisches Licht emittieren, sehen Sie bloß gelbliche und schwarze Streifen.)
    Dieses
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