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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
Autoren: Ian Rankin
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der Karte des Du-Thé-Cafés war das Getränk nicht als Tee ausgewiesen, sondern als »Kräuter Aufguss«: schwarze Johannisbeere und Ginseng genau genommen. Siobhan fand den Geschmack in Ordnung, obwohl sie fast einen Schuss Milch in die dampfende Flüssigkeit getan hätte, um das würzige Aroma ein wenig zu mildern. Kräutertee und ein kleines Stück Karottenkuchen. Sie hatte in dem Zeitschriftenladen nebenan eine Frühausgabe der Abendzeitung gekauft. Auf Seite drei war ein Foto von Flips Sarg abgedruckt, den die Träger auf den Schultern aus der Kirche brachten. Dann noch einige kleinere Fotos der Eltern und ein paar Bilder irgendwelcher Promis, die Siobhan auf der Beerdigung gar nicht zu Gesicht bekommen hatte.
    Sie hatte bereits einen Spaziergang durch den botanischen Garten hinter sich. Eigentlich hatte sie gar nicht vorgehabt, den ganzen Weg zu Fuß zu gehen, bis sie plötzlich den östlichen Ausgang und dahinter die Inverleith Row vor sich gesehen hatte. Rechterhand Läden und Cafes... Noch blieb ihr etwas Zeit... Sie hatte schon daran gedacht, ihren Wagen zu holen, es sich dann aber anders überlegt. Schließlich hatte sie keine Ahnung, wie es dort, wo sie verabredet war, mit den Parkmöglichkeiten aussah. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie das Handy ja noch unter dem Beifahrersitz verstaut hatte. Doch dazu war es jetzt sowieso zu spät: Wenn sie durch den botanischen Garten wieder zu ihrem Auto ging und sich dann zu Fuß oder mit dem Wagen wieder hierher begab, konnte sie auf gar keinen Fall mehr pünktlich zu der Verabredung erscheinen. Und sie wusste schließlich nicht, wie lange Quizmaster sich gedulden würde.
    Nachdem sie sich entschieden hatte, ließ sie die Zeitung in dem Cafe auf dem Tisch liegen und ging am Eingang des botanischen Gartens vorbei die Inverleith Row entlang. In Goldenacre bog sie kurz vor dem Rugbyplatz nach rechts ab und folgte einem Weg, der zusehends schmaler wurde. Als sie abermals um eine Ecke bog und sich dem Tor desWarriston-Friedhofs näherte, brach bereits die Dämmerung herein. Obwohl sie bei Donald Devlin Sturm läuteten, öffnete niemand. Also drückte Rebus wahllos auf irgendwelche Klingelknöpfe, bis jemand sich über die Sprechanlage meldete. Rebus gab sich als Polizist zu erkennen, und dann wurde endlich die Tür aufgemacht. Die beiden stürmten die Treppe hinauf, Ellen Wylie direkt hinter Rebus her. Sie überholte ihn unterwegs sogar und stand als Erste vor Devlins Tür, schlug und trat gegen das Holz, klingelte und klapperte wie wild mit der Briefschlitzklappe.
    »Sieht nicht gut aus«, sagte sie.
    Nachdem Rebus kurz verschnauft hatte, ging er vor dem
    Briefschlitz in die Knie und sah durch die Klappe. »Professor Devlin?«, rief er. »Hier ist John Rebus. Ich muss unbedingt mit Ihnen reden.« Unten auf dem Treppenabsatz wurde eine Tür geöffnet, und ein Gesicht blickte zu ihnen hinauf.
    »Alles in Ordnung«, beruhigte Wylie den nervösen Nachbarn. »Wir sind von der Polizei.«
    »Psst«, sagte Rebus und presste das Ohr an den Briefschlitz.
    »Was ist denn?«, flüsterte Wylie.
    »Ich höre was...« Klang fast wie eine Katze, die leise miaute. »Devlin hat doch keine Haustiere, oder?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Wieder spähte Rebus durch den Briefschlitz. Drinnen auf dem Gang war nichts zu erkennen. Die Wohnzimmertür am hinteren Ende des Korridors stand einige Zentimeter weit auf. Offenbar waren die Vorhänge zugezogen, deswegen konnte er nichts Genaues erkennen. Dann wurden seine Augen plötzlich immer größer.
    »Jesus Maria«, sagte er und stand auf. Er ging einen Schritt zurück und trat mit ganzer Kraft gegen die Tür, dann noch einmal. Das Holz verbog sich zwar, gab aber nicht nach. Er warf sich mit der Schulter gegen die Tür. Vergeblich.
    »Was ist denn?«, fragte Wylie.
    »Da ist jemand in der Wohnung.«
    Er wollte gerade aufs Neue gegen die Tür anrennen, als Ellen Wylie ihm Einhalt gebot. »Zusammen«, sagte sie. Und das taten sie dann auch. Sie zählte bis drei, und dann warfen sie sich gleichzeitig gegen die Tür. Beim ersten Mal krachte und knirschte der Rahmen bloß. Beim zweiten Mal zerbarst er, und die Tür flog auf. Wylie wurde von ihrem eigenen Schwung zu Boden geworfen und landete auf allen vieren. Als sie den Kopf hob, erblickte sie, was schon Rebus gesehen hatte. Fast auf Höhe des Fußbodens klammerte sich eine Hand an die Wohnzimmertür und versuchte sie aufzuziehen.
    Rebus stürmte vorwärts, schob sich durch den Spalt in das
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