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Puppengrab

Puppengrab

Titel: Puppengrab
Autoren: Kate Brady
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fiel wieder ein, dass deine Mutter vor dir schon einmal schwanger gewesen ist«, fuhr Neil fort. »Aber das Baby hat nicht überlebt. Die meisten Leute wussten nicht einmal von der Schwangerschaft, und dein Großvater war anscheinend nicht sonderlich erfreut darüber. Sie musste zu Hause bleiben, weil
er
lieber seine Tochter vögeln wollte. Das Baby ist am Fluss begraben worden.«
    Neil verstummte, um Bankes einen Moment zum Verstehen zu geben. Er sah in Bankes’ Augen, dass dieser noch Zweifel hatte.
    »Du lügst«, höhnte Bankes. »Mutter hat gesagt, dass Jenny dort begraben liegt.«
    »Armer Schwachkopf«, meinte Neil. »Jenny ist verschwunden. Das war nicht ihre Leiche, die du ausgegraben hast.«
    »Bis gestern hast du nichts von der Stelle gewusst. So schnell kann man keine DNS -Tests machen. Du kannst es also gar nicht wissen.«
    »Nun, die Forensik ist eine wunderbare Sache, Chevy. Man braucht keine DNS , um die Elternschaft festzustellen, bloß eine Blutprobe. Und die kann ein Gerichtsmediziner ganz einfach aus Knochen gewinnen. Unsere Jungs brauchten bloß noch ein paar Daten von Jenny aus den Krankenhausakten und einen kurzen Blick auf die Leiche deines Großvaters zu werfen. Dann wussten sie, wie weit der Apfel vom Stamm gefallen war.« Wieder machte er eine Pause für Bankes. »Was das Geschlecht angeht, so kann man es zwar nicht anhand des Schädels bestimmen, aber anhand der Hüftknochen.«
    Zweifel waren in Bankes aufgekommen, und Neil machte umso unbarmherziger weiter.
    »Um Himmels willen, Chevy, wenn du mir nicht glauben willst, dann sieh dir doch den Schädel an. Jenny war sechzehn Monate alt, als sie verschwand. Was du da mit dir herumträgst, gehört zu einem Säugling. Siehst du nicht den Unterschied?«
    »Jenny war eben klein …«
    Doch noch während er alles abstritt, wanderte sein Blick zu dem Schädel neben dem Kassettenrecorder. Bankes bewegte sich um wenige Millimeter näher heran und schüttelte den Kopf. Seine Hand, die die Waffe hielt, zitterte an Beths geschundenem Hals. Die Starre ihres Körpers wich, und Neil spürte die Angst in seiner Brust.
    Lieber Gott, Beth, ich kriege ihn gerade dran. Mach keine Dumm…«
    Sie fing an zu summen.
    Bankes’ Augen weiteten sich. »Halt’s Maul!«, knurrte er. Neil sah, wie sein Griff fester wurde.
    »Who killed Cock Robin? I, said the Sparrow, with my bow and arrow … I k-killed Cock Robin.«
    Sie klang schwach in seinen Ohren, aber es war nichtsdestotrotz ein Lied. Bankes begann zu zittern, dann legte er sich eine Hand ans Ohr. In diesem Augenblick streckte Beth die Beine vor und trat zu. Sie taumelten nach hinten, an der Treppe vorbei, doch Bankes hielt sich an ihr fest. Beth holte Luft und sang weiter. Jene Melodie, die Bankes seit Jahren verfolgte. Sie sang lauter. »Who saw him die? I, said the Fly, with my little eye …«
    Bankes drehte wie ein Wahnsinniger den Kopf hin und her, als wollte er die Stimme abschütteln. Beth nutzte die Chance und zielte auf seine Kniescheibe. Er grunzte und zuckte zurück. In diesem Augenblick ließ sie sich fallen. In der einen Sekunde war wieder Abstand zwischen ihnen, in der nächsten schien der Wald von Gewehrfeuer zu explodieren, und Bankes’ Schädel zersplitterte in tausend Stücke.

[home]
    59
    B eth saß auf einer Decke und war in eine weitere gewickelt. Ihre linke Schulter trug einen Verband, und ihre Kleidung, zerrissen und mit Blut, Schmutz und Resten von Chevy Bankes’ Gehirnmasse befleckt, war entsorgt worden. Ein Sanitäter saß zu ihren Füßen. »Hätten Sie bei Ihrem kleinen Ausflug nicht Schuhe tragen können, Miss?«, fragte er und warf ihr ein besorgtes Lächeln zu.
    »Das FBI hat meine Schuhe in Gewahrsam«, sagte sie und blickte dabei Neil an.
    Er fluchte. »Störrisches Weibsbild. Du hättest mich anrufen sollen.«
    »Du warst tot.«
    Neil errötete, er fühlte sich hilflos. Wollte sich nicht setzen, konnte nicht still stehen bleiben, konnte nicht aufhören, sie anzustarren oder zu berühren oder auch zu schelten.
    Neben dem Hochstand fassten zwei Deputys nach jeweils einem Ende eines Leichensacks. Neil sah Beth an, die in das Morgenlicht blinzelte und dann beobachtete, wie Bankes’ Leiche auf eine Bahre gelegt wurde. Sie berührte den frischen Verband an ihrer Schläfe. Der Schnitt würde dieses Mal richtig behandelt werden und nach der Heilung keine Narbe zurücklassen. Dafür würde Neil sorgen.
    Und für viele weitere Dinge mehr. Spiele der Orioles und eine Autorennbahn
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