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Puls

Puls

Titel: Puls
Autoren: Stephen King
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änderte.
    Du bräuchtest ein weiteres Handy, hatte Jordan gesagt. Und du müsstest ihn an einen Ort bringen, wo Handyempfang möglich ist.
    Hier war er möglich. Noch immer möglich. Das bewiesen die Balken auf dem Display des Handys.
    Wie viel schlimmer kann 's noch werden ?, hatte Tom gefragt. Und dabei die Achseln gezuckt. Aber er konnte natürlich die Achseln zucken, oder nicht? Johnny war nicht Toms Sohn; Tom hatte jetzt selbst einen Adoptivsohn.
    Alles hängt nämlich davon ab, ob auch Gehirne das tun, was gut geschützte Computer tun, wenn sie von einem elektromagnetischen Impuls getroffen werden, hatte Jordan gesagt. Sie speichern alles im System ab.
    Im System abspeichern. Ein in gewisser Weise machtvoller Ausdruck.
    Aber man würde zuerst die Phoner-Programmierung löschen müssen, um Platz für diesen höchst theoretischen Neustart zu schaffen, und Jordans Idee - Johnny ein weiteres Mal dem Puls auszusetzen, wie um einen Gegenbrand zu legen - erschien so überaus unheimlich, so ausgeflippt gefährlich, zumal Clay keine Ahnung hatte, zu welcher Art Programmierung der Puls in der Zwischenzeit mutiert war ... wobei er nur hoffen konnte (hält manchen zum Narren, ja, ja, ja), dass er überhaupt weiterhin ausgestrahlt wurde .
    »Im System abspeichern«, flüsterte Clay. Draußen war es schon fast Nacht; der wirbelnde Schnee wirkte gespenstischer als je zuvor.
    Der Puls hatte sich verändert; davon war er überzeugt. Er erinnerte sich an die ersten Phoner, denen er nachts begegnet war, die vor dem Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr von Gurleyville. Sie hatten um das alte Löschfahrzeug gekämpft, aber sie hatten noch mehr getan: Sie hatten geredet. Sie hatten nicht einfach nur willkürliche Laute ausgestoßen, die Wörter hätten sein können, sondern sie hatten richtig geredet. Es war nicht gerade viel gewesen, kein großartiges Partygeplauder, aber trotzdem richtiges Reden. Geh weg. Geh du. Teufel sagst du. Und das immer beliebte Meinuck. Diese beiden hatten sich von den ursprünglichen Phonern unterschieden - denen aus der Ära des Lumpenmanns -, und Johnny war wiederum anders. Weshalb? Weil der Virus weiter virulent war, das Pulsprogramm weiter mutierte? Vermutlich.
    Das Letzte, was Jordan gesagt hatte, bevor er ihn zum Abschied geküsst hatte und nach Norden davongefahren war, war gewesen: Wenn du eine neue Programmversion auf die Programmierung ansetzt, die Johnny und die anderen am Kontrollpunkt erhalten haben, fressen sie sich vielleicht gegenseitig auf. Das tun Viren nämlich. Sie fressen.
    Und dann, wenn die ursprüngliche Programmierung noch da war . wenn sie im System gespeichert war .
    Clay merkte, dass sein beunruhigter Verstand sich Alice zuwandte: Alice, die ihre Mutter verloren hatte; Alice, die eine Möglichkeit gefunden hatte, tapfer zu sein, indem sie ihre Ängste auf einen Babyturnschuh übertrug. Etwa vier Stunden außerhalb von Gaiten, auf der Route 156, hatte Tom eine weitere Gruppe von Normies gefragt, ob sie nicht auf ihrem Picknickplatz am Straßenrand rasten wollten. Das sind sie, hatte einer der Männer gesagt. Das ist die Gaiten-Bande. Ein anderer hatte Tom aufgefordert, sich zum Teufel zu scheren. Daraufhin war Alice aufgesprungen. Sie war aufgesprungen und hatte gesagt .
    »Sie hat gesagt: ›Wir haben wenigstens etwas getan!‹«, sagte Clay, während er auf die dunkler werdende Straße hinaussah. »Und dann hat sie sie gefragt: ›Scheiße, was habt ihr getan?‹«
    Das war also seine Antwort, eine Antwort, für die er einem toten Mädchen zu danken hatte. Johnny-Gees Zustand würde sich nicht bessern. Clay konnte zwischen zwei Möglichkeiten wählen: sich mit dem zufrieden geben, was er hatte, oder versuchen, eine Veränderung herbeizuführen, solange das möglich war. Falls es noch möglich war.
    Clay benutzte eine Stablampe, um seinen Weg ins Schlafzimmer zu beleuchten. Die Tür des Einbauschranks stand halb offen, und er konnte Johnnys Gesicht sehen. Im Schlaf, mit einer Hand unter der linken Wange und dem in die Stirn fallenden zerzausten Haar, sah er fast genauso aus wie der Junge, dem Clay vor tausend Jahren einen Abschiedkuss gegeben hatte, bevor er mit seiner Dark Wanderer-Mappe nach Boston aufgebrochen war. Ein bisschen dünner; sonst eigentlich fast unverändert. Die Unterschiede sah man nur, wenn er wach war. Der schlaffe Mund und der leere Blick. Die hängenden Schultern und die baumelnden Hände.
    Clay zog die Schranktür ganz auf und kniete vor dem Feldbett
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