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Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Autoren: Jesper Juul
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wenn es um Jugendliche geht, dann müssen wir sie unter Druck setzen! Das ist merkwürdig, denn sie sind ja genauso richtige Menschen wie wir. Bei uns zu Hause verdiene ich mehr als meine Frau, und ich kann mir vorstellen, ich käme in eine solche Krise, wo diese Arbeit für mich keinen Sinn mehr macht: »Ich bin 61, ich weiß nicht, was ich machen soll, aber arbeiten schaffe ich nicht mehr.« Und ich versuche mir vorzustellen, dass meine Frau jeden Morgen kommt und sagt: »So geht das nicht weiter, hier kannst du nicht wohnen, wenn du nichts beiträgst.«
    So etwas geht nur, wenn man wirklich glaubt, der Betreffende ist nur faul. Aber dazu möchte ich auch sagen, dass ich in meinem Leben nie einen Jugendlichen getroffen habe, der nur faul war. Erwachsene schon, aber nicht Jugendliche. So, wie du das die letzten Monate gemacht hast - überlegen, nachdenken, spüren, ein bisschen im Kopf aufräumen -, das hilft. Denn wir alle haben ja diese »guten« (oder eher schlechten) Prinzipien oder Vorschläge von anderen im Kopf, und meiner Meinung nach haben die wenig Wert. Es gibt Eltern mit sehr verschiedenen Grenzen. Es gibt Eltern, die können ihren Kindern alles mit einer offenen Hand geben, und warum sollten sie das dann nicht tun? Dann gibt es andere, die sagen: »Nein, ich kann so viel geben, und nicht mehr.« Furchtbar für alle wird es, wenn das »Bilanzspiel« anfängt: »Ich habe so viel für dich getan, jetzt musst du das für mich tun«, oder: »du bist mir das schuldig …«. Ich weiß nicht, ob es für Frauen schwieriger ist, aber ich glaube
jedenfalls, die meisten Frauen denken viel differenzierter darüber nach, besonders als Frau und Mutter: Was habe ich in meinem Herzen? Wann bin wirklich ich dran? Oder wann bin ich nur sentimental zu meinem »Baby«? Wenn das anfängt, ist es nicht gut. Aber dass man mit seinem Sohn oder Freund unter solchen Umständen zusammenlebt, auch dafür haben wir ja Familie.
    MUTTER: Ja, das ist ja diese bedingungslose Liebe.
    JUUL: Nein, die bedingungslose Liebe ist ja da, darum geht es nicht. Es geht darum: Wie kann ich meine Liebe in Verhalten umsetzen, sodass es für dich gut, relevant und fruchtbar ist und dabei nicht für mich selbstzerstörerisch und ich dabei nicht über meine Grenzen gehe. Ich kann Kompromisse machen, aber ich kann mich nicht kompromittieren - das ist der Unterschied. Du bist ja eine erfahrene Frau, du warst schon mehrmals in der Problematik. Das muss man sich immer klar machen: Wie viel kann ich schaffen, kann ich mit offener Hand, bedingungslos, geben. Bedingungslos heißt: »Ich kann dir das geben und du musst nicht dafür bezahlen. Ich kann dir ein Dach überm Kopf und Essen geben, aber ich merke, wenn ich dir auch Geld geben muss, dann ist mir das zu viel.«
    MUTTER: Ja, so habe ich das auch praktiziert.
    JUUL: Es kann auch umgekehrt sein. »Ich kann dir Geld und jeden Tag zu essen geben, aber ich will nicht, dass du hier wohnst. Das ist mir zu aufregend. Da spiel ich immer Mutter und dieses Rollenspiel ist jetzt vorbei.«
    MUTTER: Ja, das ist natürlich ein Prozess.
    JUUL: Das ist ein Lernprozess und das müssen wir auch in die Bilanz mitaufnehmen: was wir als Mutter, als Mensch in der Situation lernen. Will ich einen Lernprozess durchlaufen oder will ich eine Lösung haben? Ich kann eine Lösung haben, aber dann lerne ich nichts. (Mutter: Das stimmt .) Dein Sohn kann noch zur Lebensqualität seiner Mutter beitragen.

    MUTTER: Ja, aber ich muss mich auch um meine Lebensqualität kümmern. Am Anfang habe ich noch gesagt: »Das ist jetzt alles deine Sache, ich kümmere mich nicht mehr. Wir haben unseren Kindern genug mitgegeben und wir müssen darauf vertrauen, dass sie damit zurechtkommen.« Doch dann habe ich gemerkt, dass das einfacher gesagt als getan ist. Man muss auch emotional dahinterstehen. Ich bin gerade in diesem Prozess, mich mehr um mich zu kümmern, dann kann ich da auch mehr loslassen.
    JUUL: Ja, und das ist für euch beide wichtig, dass du dich um dich kümmerst.
    MUTTER: Ok, vielen Dank.
    JUUL: Danke auch.

RÜCKMELDUNG DER BETEILIGTEN FAMILIE NACH VIER WOCHEN
    MUTTER: Eigentlich kann ich nicht viel sagen, außer dass mir das Seminar sehr gut gefallen hat und ich mich noch einmal bei Ihnen dafür bedanken möchte. Auch wenn sich für mich persönlich nicht so viele neue Aspekte ergeben haben, so war es doch aufschlussreich, Jesper Juul und seine Gedanken persönlich kennenzulernen. Bei meinen Kindern ist natürlich die Erziehung schon
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