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Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Autoren: Jesper Juul
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SIND: MUTTER, TOCHTER (15)
    MUTTER: Es ist eigentlich schon alles gesagt worden. Bei uns wiederholt es sich nur. Wir haben eben Probleme in der Schule und zu Hause. Es fängt in der Früh an beim Aufstehen, die Motivation ist einfach nicht da, und das zieht sich dann über den ganzen Tag. Immer wieder dieses Auffordern, »mach’ bitte«.
    JUUL: War es immer für dich schwierig?
    TOCHTER: Aufstehen?
    JUUL: Nein, Schule.
    TOCHTER: In der Schule sein macht mir Spaß, aber Lernen ist nicht gerade mein Hobby. Aber das kann wohl niemand von sich behaupten.
    JUUL: Und wie alt bist du jetzt?
    TOCHTER: 15.
    JUUL: Und deine Eltern oder deine Mutter müssen jeden Tag hart für deine Schule arbeiten?
    TOCHTER: Ja, sie machen es halt.
    JUUL: Ist das notwendig und von dir gewünscht?
    TOCHTER: Nein.
    MUTTER: (zieht fragend die Augenbrauen hoch)
    JUUL: Kannst du versuchen, deiner Mutter zu helfen? Also was zu sagen über deine Schule und diese ständigen Konflikte, sodass deine Mutter weiß, wer du bist.
    TOCHTER: Schwer. Ich würde halt gerne mal meine Schule selbst in die Hand nehmen, selbst dafür verantwortlich sein, und nicht immer meine Eltern bei mir haben, die mich darauf aufmerksam machen und mir im Genick hocken.

    JUUL: Aber?
    TOCHTER: Es geht halt nicht. Ich kann es ihnen noch so oft sagen, dass ich es lieber alleine machen würde.
    JUUL: Und?
    MUTTER: Also, wir haben das schon zurückgeschraubt, ganz bewusst, ihr das zu überlassen. Aber das Resultat ist halt, dass dann die Briefe von der Schule kommen, dass die Hausaufgaben nicht gemacht sind, die Leistungen nicht da sind. Wie soll man dann reagieren?
    JUUL: Das ist ja die 100.000-Euro-Frage, wie man das machen kann. (Lachen) Aber man kann sich selbst und seine Tochter beobachten und sagen: »Wir versuchen in dieser Art und Weise zu helfen« und dann schauen, ob es hilft. Das ist ja das Entscheidende - ob es hilft.
    MUTTER: Wir haben es versucht und auch mit ihr besprochen, das zurückzunehmen. Aber von ihr ist halt die Kraft nicht da, das selbst in die Hand zu nehmen.
    JUUL: Das war nicht meine Frage. Was du machst, um deiner Tochter mit der Schule zu helfen - hilft das auch?
    MUTTER: Bis jetzt nicht.
    JUUL: Ok. Ist es unmöglich, sich vorzustellen, damit aufzuhören?
    MUTTER: Ich muss wohl, aber das ist sehr schwer.
    JUUL: Ja. Das glaube ich. Aber es ist auch notwendig, denn wenn man immer das Falsche macht, verliert man auch seine Kreativität. Dann kommt man auf keine anderen Ideen oder Möglichkeiten, dann wird das ein Familienproblem. Eure Tochter sagt: »Ich versuche und versuche es, schaffe es aber nicht.« Die Mutter sagt: »Ich versuche und versuche es, schaffe es aber nicht.« Das ist demütigend für alle. Aber vielleicht kannst du deiner Tochter in einem oder zwei Sätzen, höchstens drei, sagen, was du von ihr heute und morgen willst: »Ich will das und das und das.«
    MUTTER: Ich will, wie alle Eltern, nur das Beste für sie, ganz klar.

    Ich will, dass sie vorwärtskommt, dass sie ihren Weg gehen kann, dass sie selbst glücklich und zufrieden ist.
    JUUL: Das sind jetzt alles Gefühle. Was willst du, dass sie machen soll? Was willst du von ihr haben?
    MUTTER: Ich möchte gerne, dass sie aktiv ist und etwas leistet.
    JUUL: Das ist ein bisschen zu generell. Kannst du es etwas konkreter sagen?
    MUTTER: Ich möchte, dass sie sich hinsetzt und für die Schule etwas tut, und das sehe ich nicht bei ihr.
    JUUL: Ok.
    MUTTER: Ich sehe nur, dass die Zeit verplempert und vergeht.
    JUUL: Kannst du dir vorstellen, dass ich zum Bäcker gehe und sage: »Ich möchte gerne gute Brezeln, aber das haben Sie ja sowieso nicht.« Genauso sagst du es.
    MUTTER: Mmh.
    JUUL: Dieser Bäcker (zeigt auf die Tochter) ist aber höflich und sagt nicht: »Dann gehen Sie halt zu einem anderen Bäcker.« Ich glaube, es ist wichtig, ganz konkret zu sagen, was will ich. Zum Beispiel: »Ich will, dass du morgens aufstehst, dass du jeden Tag in die Schule gehst, dass du deine Hausaufgaben machst.« Nur Konkretes.
    MUTTER: Ja, das will ich.
    JUUL: Das alles. (Zur Tochter) Kann sie das haben?
    TOCHTER: Theoretisch ja.
    JUUL: Theoretisch ist nicht mein großes Interesse.
    TOCHTER: Mir würde es auch mehr Freude machen, wenn ich es alleine machen dürfte.
    JUUL: Ja oder nein?
    TOCHTER: Ja.
    JUUL: Das ist aber gefährlich, denn ich glaube, dass als Nächstes kommt: Ja, aber …
    TOCHTER: Ja, aber ich würde auch mehr Freiraum wollen für meine Schule. Dass ich es selbst machen darf.

    JUUL:
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