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Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Autoren: Jesper Juul
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kann mir vorstellen, wenn ich glaube, du bist nicht erfolgreich, dass ich dann die Verantwortung wieder übernehme.« Das ist die einzige Versicherung, die es gibt. Wenn man diese Verantwortung den Kindern überlässt, dann provoziert das ganz viel Angst in den Eltern.
    MUTTER: Klar!
    JUUL: Für diese Angst können unsere Kinder nichts tun. Damit müssen wir Erwachsenen umgehen lernen, sodass es die Schularbeiten unserer Kinder nicht immer stört. Es ist nicht einfach und für manche auch sehr schwierig. Aber wenn man wirklich am Ende seiner eigenen Möglichkeiten ist, dann sollte man versuchen zu sagen: »Ich habe viel gearbeitet, ich war nicht erfolgreich, und jetzt höre ich auf. Jetzt kannst du deine Verantwortung für die Schule übernehmen. Du kannst Hilfe haben, du kannst in 14 Tagen, drei Monaten, einem halben Jahr zu mir kommen und sagen: ›Ich schaffe es nicht, kannst du bitte die Verantwortung wieder übernehmen.‹« Aber es ist wichtig, dass klar ist, wo die Verantwortung liegt, und im Moment liegt alles bei der Mutter.

    MUTTER: Das glaube ich eigentlich nicht. Ich habe die Verantwortung schon übergeben.
    JUUL: Nein.
    MUTTER: Ich bilde es mir zumindest ein.
    JUUL: Das ist es.
    MUTTER: Ein Beispiel: Sie hatten ein Buch zu lesen, das wurde schon vor zwei, drei Monaten angekündigt, und es wird nächste Woche abgefragt. Ich habe sie heute gefragt und sie hat das Buch noch gar nicht gelesen und am Dienstag kommt die Schulaufgabe darüber. Das ist unmöglich zu schaffen. Ich hab sie aber in Ruhe gelassen.
    TOCHTER: Uns wurde vor einem halben Jahr gesagt, dass wir das Buch lesen sollen. Ich hab das Buch zur Hälfte durch, und vor drei Tagen wurde uns gesagt, dass am Dienstag die Schulaufgabe kommt. Jetzt werde ich es heute Nachmittag fertig lesen, es ist nicht dick.
    MUTTER: Aber es sind auch noch andere Sachen zu machen bis Montag, das ganze Wochenende. Also ich könnte es nicht schaffen.
    JUUL: Und du fühlst dich nicht verantwortlich? (Lachen) Mit so viel Verantwortungsgefühl verdienst du mindestens eine Million Euro pro Jahr. Hörst du dich selber?
    MUTTER: Ja.
    JUUL: Du hast die volle Verantwortlichkeit. Es ist nur eine Formsache, wenn du sagst: »Du bist jetzt verantwortlich.« Denn du sagst auch: »Ich bin im Hintergrund, und ich weiß alles, und wenn ich kontrolliere, versuche ich eben in Zukunft, ein bisschen nett zu sein.« Aber Kontrolle ist Kontrolle.
    MUTTER: Hm.
    JUUL: Die Verantwortlichkeit für die Schule liegt hier zwischen euch beiden auf dem Tisch, und jeder kämpft seinen unmöglichen Kampf, und mittlerweile geht’s mit der Schule schlecht.

    MUTTER: Ich meine halt, wenn ich ihr die Verantwortlichkeit ganz überlasse, dann geht es immer weiter den Bach runter. Sie ist jetzt gefährdet im Halbjahreszeugnis, da braucht man nicht viel Fantasie.
    JUUL: Dagegen steht meine Aussage: Wenn du so weitermachst, dann geht es den Bach runter. Ganz sicher. Mehr kann ich eigentlich nicht sagen. Wenn du zu mir kommst und fragst: »Wie kann ich meiner Tochter die Verantwortung übergeben«?, dann kann ich dir helfen. Aber vorher kommt dieser Prozess: »Will ich das wirklich oder will ich das nicht? Hab ich zu viel Angst? Ist es zu wichtig?« Denn eins ist ja diese Verantwortung für die Schule, das andere ist die generelle Elternverantwortung. »Inwieweit bin ich für das Schicksal meiner Kinder verantwortlich?« Das müssen alle Eltern für sich selbst entscheiden. Das können Leute wie ich nicht entscheiden.
    Ich kann nur sagen: Ich habe in eure Tochter viel Vertrauen. Ich glaube, sie kann die Verantwortung übernehmen. Ich glaube, sie wird es nie so gut in der Schule machen, wie es sich ihre Eltern wünschen. Aber sie wird es durchmachen. Sie wollte eigentlich etwas ganz anderes tun, aber sie wird es für die Zukunft, für die Eltern usw. machen. Es wird nicht mit Freude sein oder mit dem Ehrgeiz, spitze zu sein. Das ist schon länger vorbei. Warum - das weiß ich nicht. Ich glaube, das hat nichts mit den Eltern zu tun, das hat mit einer nicht gelungenen Beziehung zwischen Schule und Schülerin zu tun, und dafür ist natürlich die Schule auch verantwortlich. Aber genau diese Verantwortung wollen die Schulen nicht haben. Die Verantwortung schieben sie weiter an die Schüler oder an die Eltern. (Mutter: Ja. ) Das ist absurd, aber so ist es. Es ist das einzige Geschäft in unserer Kultur, wo die Mitarbeiter nicht verantwortlich sind für das, was sie verkaufen. Dann ist es natürlich auch schwierig
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