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P.S. Ich liebe Dich

P.S. Ich liebe Dich

Titel: P.S. Ich liebe Dich
Autoren: Cecelia Ahern
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sie wollte nur ein bisschen plaudern und vor allem endlich den Umschlag mitnehmen. Sie wollte sich den irren Gedanken, es könnte sich um eine Nachricht von Gerry handeln, endlich aus dem Kopf schlagen. Also holte sie noch einmal tief Luft, klingelte, und setzte ein demonstratives Lächeln auf.
    »Hallo, Liebes! Komm rein, komm rein!«, rief ihre Mutter im üblichen herzlichen Ton.
    »Hi, Mum. Wie geht’s dir?« Holly trat ins Haus, wo ihr ein tröstlicher, vertrauter Geruch entgegenschlug. »Bist du alleine?«
    »Ja, dein Vater ist mit Declan losgefahren, um Farbe für sein Zimmer zu kaufen.«
    »Jetzt sag bloß nicht, dass ihr immer noch alles für ihn bezahlt.«
    »Dein Vater vielleicht schon, aber ich garantiert nicht. Declan geht im Moment abends arbeiten und hat ein bisschen Taschengeld. Für Sachen wie sein Zimmer oder sonst was hier im Haus ist allerdings nie was übrig«, kicherte sie, während sie mit Holly in die Küche ging und Teewasser aufsetzte.
    Declan war Hollys jüngster Bruder, das Nesthäkchen der Familie, weshalb die Eltern ihn immer noch gern verwöhnten. Inzwischen war ihr »Baby« zweiundzwanzig, studierte an der Uni Filmproduktion und lief ständig mit einer Videokamera in der Hand herum.
    »Was für einen Job hat er denn?«
    Mit einem resignierten Augenaufschlag antwortete ihre Mutter: »Er ist in irgendeine Band eingetreten. ›The Orgasmic Fish‹ nennen sie sich, glaube ich. Ich hab die Nase wirklich voll davon, Holly. Wenn ich mir noch einmal anhören muss, wer bei den Auftritten alles anwesend war, wer angeblich fest versprochen hat, die Gruppe unter Vertrag zu nehmen, und wie berühmt sie eines Tages alle sein werden, dann werde ich verrückt.«
    »Dann will er also immer noch Kurt Cobain werden?«
    »Na ja, wenn er nicht aufpasst, explodieren seine Eltern wahrscheinlich vorher.«
    »Ach, der arme Declan. Mach dir keine Sorgen, irgendwann wird er bestimmt vernünftig.«
    »Ich weiß. Komisch eigentlich, um ihn mache ich mir von euch allen am wenigsten Sorgen. Er wird seinen Weg schon finden.«
    Sie nahmen ihre Teebecher mit ins Wohnzimmer und ließen sich vor dem Fernseher nieder. »Du siehst toll aus, Liebes, deine Haare sind wunderschön. Meinst du, Leo könnte sie mir auch mal schneiden, oder bin ich zu alt dafür?«
    »Na ja, solange du nicht aussehen willst wie Jennifer Anniston, dürftest du keine Probleme haben.« Holly erzählte die Geschichte von der sechzigjährigen Frau in Leos Salon, und sie lachten beide herzlich.
    »Aber Joan Collins gefällt mir auch nicht, also sollte ich mir vielleicht lieber anderswo die Haare machen lassen.«
    »Klingt nach einer klugen Entscheidung.«
    »Hast du denn inzwischen irgendeinen Job in Aussicht?« Zwar klang ihre Mutter ganz locker, aber Holly wusste, dass sie sich zurückhielt, ihre Tochter aber liebend gern gründlich ausgequetscht hätte.
    »Nein, noch nicht. Um ehrlich zu sein, hab ich noch nicht mal angefangen, mich umzusehen. Ich weiß auch gar nicht, was ich machen möchte.«
    »Da hast du vollkommen Recht«, nickte ihre Mutter. »Lass dir Zeit und denk drüber nach, was dir wirklich liegt, sonst triffst du nur wieder eine überstürzte Entscheidung und magst die Arbeit nach kürzester Zeit nicht mehr, wie beim letzten Mal.« Holly staunte, dass ihre Mutter sie so einschätzte. Aber zurzeit erlebte sie öfters solche Überraschungen. Vielleicht hatte sie schlicht einiges falsch gesehen.
    Zuletzt hatte Holly als Sekretärin für einen fürchterlichen kleinen Schleimer in einem Anwaltsbüro gearbeitet. Als der Kerl kein Verständnis dafür zeigte, dass Holly mehr freie Zeit brauchte, um ihren sterbenden Mann zu pflegen, hatte sie kurzerhand gekündigt, und jetzt musste sie sich natürlich etwas Neues suchen. Allerdings erschien ihr der Gedanke, morgens zur Arbeit zu gehen, noch völlig abwegig.
    Eine Weile plauderten Holly und ihre Mutter noch miteinander, dann endlich fasste sich Holly ein Herz und fragte nach dem Umschlag.
    »Oh, natürlich, Liebes, den hatte ich fast wieder vergessen. Hoffentlich ist es nichts Wichtiges, er liegt schon so lange hier herum.«
    »Ach, ist nicht so schlimm.«
    Sie verabschiedeten sich, und nun konnte Holly gar nicht schnell genug aus dem Haus kommen.

    Draußen setzte sie sich auf die Wiese oberhalb des goldenen Sandstrands, blickte hinunter aufs Meer und drehte den Umschlag nachdenklich in den Händen. Ihre Mutter hatte ihn nicht sonderlich gut beschrieben, denn es war eigentlich kein Umschlag,
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