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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon
Autoren: Susanne Gerdom
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du das wirklich? Willst du eins dieser monströsen Geschöpfe zur Welt bringen, es dein Kind nennen?« Er wich zurück, hob die Hand, als wolle er einen Fluch abwehren. »Ich werde nicht hier sein, wenn du das tust. Ich kann es nicht ertragen, kein weiteres Mal!«
    Ash sah starr vor Entsetzen, wie seine Gestalt sich verzerrte, verwandelte. Er schrumpfte, wurde klein, graubraun, krummgeschnäbelt, scharfkrallig, gefiedert, goldäugig. Der Falke stieß einen misstönenden Schrei aus und schwang sich in die Luft.
    Ash sah ihm nach, wie er im dichten Laub verschwand. Ihre Augen waren trocken, ihre Seele wund.
    Mimir erwachte mit einem Schnaufen. »Liebes Kind, was hast du gesagt?«
    Ash erhebt sich in der Kühle des Abends. Nebel steigen vom Wasser auf und lassen sie frösteln. Sie trocknet sich die Tränen und wünscht sich die trockene Hitze der Wut, um sich daran zu wärmen, aber es gelingt ihr nicht, sie heraufzubeschwören. Das Feuer ist lange schon erloschen. »Mistkerl«, flüsterte sie, aber es ist nur ein Schattenwort, ohne Dimension, ohne Wucht.
    Als sie nach dem Streit zurückkehrte zu Lokis Haus, war er mitsamt den Äpfeln fort, und er blieb von da ab verschwunden. Sie hatte gewütet, getobt, geschrien, geweint. Und dann hatte sie damit aufgehört und sich an den Gedanken gewöhnt, dass er fort war.
    Sie geht zum Haus zurück, langsam, Schritt für Schritt. Es würde nun nicht mehr lange dauern. Dies war nicht das erste Kind, das sie in ihren zahllosen Leben zur Welt gebracht hatte. Die Geburt macht ihr keine Angst. Angst hat sie nur vor dem, was … Ihre Gedanken zucken davor zurück.
    Sie öffnet das Gartentor und erschrickt. Eine große, stille, weiß gekleidete Gestalt sitzt auf der Bank neben der Tür, unter den wuchernden Rosen, und sieht ihr entgegen.
    »Mein Paladin«, sagt Ash, als sie ihn erkennt. »Du bist gekommen.«
    »Es ist bald so weit«, erwidert er und nimmt ihre Hand, um sie zu küssen.
    »Ja«, sagte Ash. »Komm ins Haus.« Sie mustert ihn verstohlen. Daran, wie er sich verändert hat, kann sie ermessen, wie langsam die Zeit hier an diesem Ort vergeht. Er ist erwachsen geworden, ein Mann, kein Junge mehr.
    Nach der Neuordnung hatte Metatron ihm freigestellt, zu entscheiden, wie er seine Existenz weiterführen wollte. Er hatte lange mit Ash darüber geredet und sich dann für ein Leben als Mensch entschieden. »Vorerst«, sagte er und grinste. »Das lässt sich ja leicht wieder ändern.«
    Er war dann wirklich auf die Akademie in Lahore gegangen, wie sein Vater es ihm ja ursprünglich befohlen hatte. »Freiwillig ist es etwas anderes«, sagte er. »Und ganz sicher ist es ein Klacks gegen die Ausbildung im HQ.«
    »Wozu?«, fragte Ash ihn.
    Er zuckte die Schultern. »Es kann nicht schaden. Wenn der PLAN wirklich wiederaufgebaut wird, möchte ich mich erneut als Anwärter bewerben.«
    »Sie nähmen dich auch so«, wandte Ash ein.
    »Ja, wahrscheinlich.« Er erwiderte ihren Blick. »Schau, Ash. Ich müsste hier bei dir bleiben und zusehen, wie du mit Loki …« Er verstummte verlegen. »Lass mich gehen und andere Dinge denken. Es ist besser so für mich und wahrscheinlich auch für dich.«
    Nach dem Abschluss seiner Ausbildung kehrte er noch einmal zurück, um ihr zu berichten, dass er zum PLAN zurückgekehrt sei. Die Nachricht überraschte Ash natürlich nicht, aber sie freute sich für ihn.
    Er nahm es mit großer Betroffenheit auf, dass Loki verschwunden war. Es kostete sie einige Mühe, ihn davon abzubringen, sich auf Lokis Fährte zu setzen. »Und wenn ich ihn an seinen eigenen Haaren herbeischleife …«, fluchte er.
    Ash hatte ihn damit beruhigt, dass ihr Großvater schon hinter seinem Bruder und den erneut verschwundenen Äpfeln her sei. Odin hatte sich die Möglichkeiten, die der Nullraum bot, sehr schnell zu eigen gemacht. Er brannte vor Tatendrang und Entdeckerlust, und Jörd, die die Urdquelle bei Ash in guter Betreuung wusste, begleitete ihn auf seinen Reisen.
    Ash kehrt mit einem Ruck aus der Vergangenheit zurück und lächelt Ravi an. »Entschuldige, ich bin in letzter Zeit ein bisschen geistesabwesend. Möchtest du Tee?«
    Er nimmt ihr den Wasserkessel aus den Händen und schiebt sie zum Küchensofa. »Ruh dich aus«, sagt er. »Du siehst aus, als hättest du in den letzten Nächten wenig Schlaf gehabt.«
    »Danke für das Kompliment.« Ash lacht und lässt sich dankbar auf das weiche Polster fallen. Sie streckt sich aus, ächzt leise, wickelt sich in die Decke und sieht dann
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