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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon
Autoren: Susanne Gerdom
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schwieg. Ja, das hätte sie tun können, tun müssen. Ash seufzt. »Du und Loki«, sagte sie leise. »Du hast es so sehr missbilligt, dass er mein erwählter Gefährte ist, zu dem ich immer wieder zurückkehre, auch wenn wir uns gelegentlich einige meiner Leben lang aus den Augen verlieren.«
    »Ich missbillige es, ja«, erwiderte er. »Der flüchtige Luftgeist, der flirrende Feuergott, der Lügner und Verräter, Dieb und Wankelmütige, Wandelbare, Wechselhafte … Er wird dich ebenso verraten, täuschen, verletzen, verlassen und enttäuschen wie jeden, der ihn geliebt und ihm vertraut hat. Ich hätte dich gerne vor dieser Erfahrung bewahrt.«
    »Ich kenne ihn nicht so«, sagte Ash. »Und wir haben einander keine ewige Treue geschworen. Ich will es nicht und er hat nicht darum gebeten. Aber wir sind einander zugetan und es zieht uns immer wieder an den Ort, wo der andere ist. Was soll mir geschehen? Wenn er geht, dann geht er. Wenn er zurückkommt, kehrt er zurück. Es ist gut, wie es ist.«
    Ein Tropfen fällt, rinnt über die Wange wie eine Träne. Die Zunge leckt ihn auf, und er schmeckt bitter.
    Amma, ihre Großmutter, war es, die sie als erste darauf ansprach. Sie nahm Ash bei der Hand und zog sie hinein in ihre Küche, schob sie auf die Ofenbank, schloss die Tür und sah Ash eindringlich fragend an. »Wessen Kind ist es?«
    Ash legte eine Hand auf den Bauch. Da war noch nichts, was jemand hätte sehen können. Sie schüttelte abwehrend den Kopf. »Wie kommst du darauf?«
    Jörd lächelte. »Ich bin die Wala«, erinnerte sie Ash sanft. »Wenn ich es wollte, könnte ich dir sagen, wer der Vater ist. Aber ich möchte nicht – es gibt Grenzen, die ich zu respektieren gelernt habe.«
    Ash entspannte sich mit einem lautlosen Seufzen. »Du hast recht. Es ist nur so, dass ich keine Ahnung habe, wie und wann das geschehen konnte. Loki und ich waren immer nur in der Zeitlosigkeit zusammen. Nichts kann wurzeln, wenn die Zeit still steht.«
    Die Wala senkte den Kopf. »Soll ich es für dich herausfinden?«
    Ash schüttelte heftig den Kopf. »Ich weiß, wer – das reicht mir.«
    »Du sorgst dich.«
    »Ja, ich sorge mich! Ich habe eins seiner Kinder kennengelernt – und von den anderen habe ich gehört.«
    Ihre Großmutter teilte ihren sorgenvollen Blick. Sie nickte. »Ich werde versuchen, deine Zukunft zu erkennen«, sagte sie. »Es gelingt mir nicht immer, ein einzelnes Schicksal in der Zukunft zu erkennen. Noch dazu bist du meine Enkelin, Tochter meiner Tochter – es ist zu nah. Aber ich will es versuchen.«
    »Danke«, flüsterte Ash.
    Die Wala legte eine Hand auf ihren Mund, eine auf ihr Herz. Ihre dunklen Augen ließen Ash nicht aus dem Blick. Dann nickte sie, als hätte ihr jemand einen ermunternden Stoß gegeben. »Weiß er es?«
    Ash biss die Zähne aufeinander. Sie schüttelte den Kopf.
    Der Tropfen rinnt an der Nase entlang. Ein zweiter folgt, läuft über die Wange. Ein dritter, ein vierter. Aufgesammelt von der Zunge. Bitter, salzig.
    Sie lehnte an der Einfassung von Mimirs Brunnen und betrachtete das schlafende Riesenhaupt. Mimir hatte ihr gelauscht, als sie ihm erzählte, was sich ereignet hatte. Seine alterstrüben Augen leuchteten auf, und er brummte zustimmend und zufrieden, während sie sprach.
    »Kluges Mädchen«, sagte er schließlich mit seiner trockenen, atemlosen Stimme. »Die Äpfel. Ich hätte nicht gedacht, dass es jemandem gelingen würde, sie wiederzufinden.«
    Ash lachte. »Nun, genau genommen hat Dellingers Sohn sie ja gefunden.«
    Mimir gluckste. »Findiger Bursche. Und jetzt? Sind alle glücklich, zufrieden und jung?«
    Ash nickte nachdenklich. Das war eine sehr gute Frage. »Du erkennst das Problem, Onkel Mimir, oder?«
    Das Riesenhaupt lachte und hustete gleichzeitig. »Sechs Äpfel. Weh, oh weh. Das hätte in früheren Zeiten für eine ordentliche Portion Mord und Totschlag gereicht.«
    Mit diesen Worten war er eingeschlafen und schnarchte nun leise und regelmäßig vor sich hin.
    Sechs Äpfel. Sie hatten in Jörds Küche gesessen und auf die golden schimmernden Kostbarkeiten gestarrt. Betroffen. Unglücklich. Ravi, der zwischen Ash und Jörd saß, blickte von einem Gesicht zum anderen – fragend, ohne zu verstehen, warum alle schwiegen und auf düsteren Gedanken herumkauten, statt glücklich zu sein und das wiedergewonnene Obst zu feiern.
    »Was machen wir nun?«, ergriff Odin, der Allvater, als erster das Wort. »Pflanzen wir sie ein?« Er sah dabei seine Frau an.
    Die Wala hob
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