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Probeweise: Die Kurzgeschichte zum Roman »Sommerfalle« (German Edition)

Probeweise: Die Kurzgeschichte zum Roman »Sommerfalle« (German Edition)

Titel: Probeweise: Die Kurzgeschichte zum Roman »Sommerfalle« (German Edition)
Autoren: Debra Chapoton
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Gegend gewesen.
    Drei einsame Stunden verstrichen langsam.
    Geduldig, bereit. Exakt um ein Uhr nachts verließ Eddie sein Versteck und ging die Einfahrt hinauf. Er hielt den Kopf gerade und stellte sich vor, Sarahs Bruder zu sein, der eben spät nach Hause kam. Ja, genau das würde ein neugieriger Nachbar sehen. Sarahs Familie war noch neu in der Gegend, so dass die Nachbarn vielleicht noch nicht genau wussten, wie viele Kinder zum Haushalt gehörten. Er schlenderte so, als gehöre er hierher, keine ängstlichen Blicke über die Schulter, kein Anschleichen.
    Dann erreichte er die Hintertür und ließ seinen Zauber wirken. Das Schloss gab nach, und er drückte die Tür auf, ging hinein und lehnte sie hinter sich an.
    Das grüne Leuchten der Ziffern an der Mikrowelle erleichterte ihm die Orientierung im Raum. Sarahs Schlafzimmer befand sich rechts von ihm, so viel wusste er. Geräuschlos durchquerte er die Küche und blieb auf dem mit Teppichboden ausgelegten Flur stehen. Sarahs Tür war zwar geschlossen, aber das stellte kein Problem dar. Er wusste ebenfalls, dass sie sich geräuschlos öffnen ließ.
    Eddie zog das Stück Stoff und das Fläschchen mit dem Betäubungsmittel hervor und ging im Kopf noch einmal rasch die nächsten Schritte durch. Ich tu das für dich, Becky, versprach er. Er benahm sich total vernünftig. Es war schließlich äußerst zweckmäßig, das Ereignis an Sarah zu üben. Wenn er Sarah unter den Augen ihrer schlafenden Eltern rausschmuggeln konnte, dann würde er zweifellos Rebecca mit sich nehmen können, während ihre Eltern im Urlaub waren.
    Ein perfekter Plan. Er lächelte und stieß die Tür halb auf.
    Sarah schlief mit einem Nachtlicht. Eine pinkfarbene Blume leuchtete hell genug, um die Dinge am Boden in Umrissen sichtbar zu machen. Sarah war offenbar schlampig, was die Ordnung in ihrem Zimmer anging. Das überraschte ihn nicht, aber er spürte, wie sich sein Magen zusammenzog und die Wut auf dieses Mädchen wuchs. Sie verdiente es, dachte er. Er würde grob zu ihr sein müssen.
    Er stieg über eine Schultasche und ein Paar Schuhe und, ohne weitere Zeit zu verlieren, hielt den durchtränkten Lappen in die Nähe ihrer Nase. Dann zählte er bis zwanzig, bevor er den Stoff direkt auf ihr Gesicht presste. Sie rührte sich nicht. Wieder zählte er bis zwanzig und schob danach den Lappen zurück in seine Tasche. Nun schlug er die Bettdecke zurück.
    Sarah war leicht. Er hob sie auf seine Arme und versuchte sich vorzustellen, sie sei Becky. Wie glücklich würde er sein, wenn er mit ihr zu diesem Teil seines Plans käme. Doch das hier war nicht Becky. Sarah, der Eindringling. Ein wertloses Mädchen.
    Er hievte sie über seine Schulter und ließ ihren Kopf gegen seinen Rücken schlagen. Seinen linken Arm benutzte er, um ihre nackten Beine festzuhalten, mit der anderen Hand tastete er nach der Tür.
    Vier Schritte den Flur hinunter … durch die Küche … zur Tür hinaus … darauf bedacht, kein Geräusch zu machen.
    Aber … wie kopflos hatte er doch gehandelt? Sein Wagen stand viel zu weit weg. Er müsste mit dem Mädchen über der Schulter quer über die erleuchtete Straße gehen. Na gut, er konnte sie einfach hier auf der hinteren Veranda liegen lassen. Experiment erledigt. Übung beendet. Probe absolviert, Gratulation. Aber wenn sie Becky später von diesem Vorfall erzählte …
    »Keine Panik«, sagte er beinah laut zu sich selbst. Ihm war gar nicht klar gewesen, wie sehr sein Herz raste und seine Hände zitterten. Er streichelte Sarahs Beine, als wäre sie ein Kätzchen. »Ganz ruhig«, flüsterte er.
    Ihre Beine waren glatt. Er fragte sich … sicher waren Beckys Beine fester und zugleich weicher. Becky war dieser Sarah in jeder Hinsicht weit überlegen.
    Er drehte sich um und betrat nochmals die Küche, suchte sich seinen Weg durch das kleine Haus und ließ Sarah genau dort zurück, wo er sie gefunden hatte. Er zog ihr die Decke bis zum Hals hoch und beugte sich über sie, um auf ihren Atem zu lauschen.
    Sarah schlief sanft und selig.
    Sie würde nie erfahren, was für ein Glück sie gehabt hatte.

    Der Sommer kam schnell. Es waren nur noch wenige Tage bis zur Schulentlassung. Plan D sah vor, genau einen Tag vor der Verabschiedung mit Rebecca zu verschwinden. Bei ihrer Hochzeit würde es keine Gäste geben, nicht einmal seine Mutter würde dabei sein. Vielleicht würde seine Mutter aber auch gar nicht bemerken, dass er weg war. Sie war zwar nicht mehr so oft vom Alkohol benebelt, aber das
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