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Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Titel: Prinzessinnensöckchen (German Edition)
Autoren: Carolin Benedikt
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Hosenschlitz«, neckte sie und lachte. »Pssst«, machte Emily, »es ist schon neun.«
    Später redeten sie nicht mehr darüber. Sie saßen zusammen vor dem Computer und spielten ein Feenspiel. Kindisch, aber ganz nett. Böse Fee gegen gute Fee, Hanna gegen Emily, und am Ende gewann immer die böse Fee. »Du bist tot«, sagte Hanna, aber diesmal verkniff sie sich das Lachen, sagte es ganz ernst, beinahe nachdenklich. »Komm, wir gehen in den Chat.« Emily hatte keine Lust. »Gehst du morgen auch nicht in die Schule?« Hanna verdrehte ärgerlich die Augen. »Doch, muss wohl. Sonst schickt mich mein Alter zum Arzt und ich hab ja auf vieles Bock, aber darauf nicht.«
    Also lästerten sie noch ein bisschen über Abwesende. Probierten Emilys neuen Lippenstift, den sündhaft teuren, und Hanna flippte beinahe aus. »Hab ich morgen auch, und wenn die Welt untergeht.«
    Schließlich lagen sie nebeneinander rücklings auf dem Bett, bis sich Hanna zu Emily hin drehte und sie in den Arm nahm. Dann kuschelten sie und hörten sich beim Atmen zu. Irgendwann flog das dritte Steinchen gegen das Fenster und sie hörten auf zu atmen, eine Ewigkeit lang, so kam es ihnen vor, sie warteten auf etwas, vielleicht auf das vierte Steinchen, aber das kam nicht. Hatten sie sich verhört?
    »Kann ich heut Nacht bei dir schlafen?« flüsterte Hanna in Emilys Ohr. Emily nickte. Das war gut so. Jetzt bloß nicht alleine sein.

5

    In der Nacht hatte es zu regnen begonnen und bis zum Morgen noch nicht aufgehört. Carmen freute sich auf das, was alle Mädchen mögen: einen langweiligen Tag allein im Bett, während Heinzelmännchen Frühstück machten und Mittagessen kochten, die Hausarbeit erledigten und ständig Hunderteuroscheine in die Haushaltskasse schaufelten. Einen langweiligen Tag im Bett konnte sie haben, wenn es Köhler nicht einfallen sollte, sie zu einem kurzfristigen Termin zu scheuchen. Die Vision scheiterte aber schon daran, dass Carmen ihren Kaffee brauchte und, weil die Heinzelmännchen streikten, aufstehen musste, um ihn selbst zu kochen. Bei dieser Gelegenheit konnte man auch gleich das Bad aufsuchen und sich frisch machen. Was mit einer sorgfältigen Restaurierung der Außenfassade endete, so dass es bereits halb zehn war, als Carmen endlich am Küchentisch saß und sich auf einen langweiligen Tag allein und nicht im Bett freute.
    Andere Frauen ihres Alters ächzten da schon im Büro. Oder, wenn sie besser aussahen und cleverer waren, in irgendwelchen Superboutiquen, wo sie das Geld ihrer reichen Männer ausgaben, was ein ziemlich aufreibender Job sein konnte. Warum fiel ihr dabei spontan Ingeborg ein?
    Ingeborg war ihre engste Freundin zu Beginn des Studiums gewesen, eine quirlige und strebsame Brünette mit unglaublichen Augen und einer Vorliebe für unvorteilhafte Kleidung. Einen festen Freund hatte sie noch nie gehabt, wie sie Carmen unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraute. Außerdem trug sie eine Brille mit breitem, schwarzem Gestell und bändigte ihre langen Haare bevorzugt in einem Pferdeschwanz. Sie würde als graues Mäuschen enden, Sachbearbeiterin in einer Werbeagentur, zwischen windschlüpfrigen Karrieretussen und handbreiten Fotomodels, das war sicher.
    Dann lernte Ingeborg Heiner kennen. Keine Schönheit. Aber wenn Geld schön machen könnte, wäre Heiner einer der attraktivsten Männer der Stadt gewesen. Sein Vater besaß eine Maschinenfabrik, Heiner studierte BWL und wurde Ingeborgs erster fester Freund – und der letzte. Sie heirateten nach drei Monaten, flitterten in Florida – natürlich in der familieneigenen Zweitvilla – und mit Ingeborg begann jene Verwandlung, die man aus dem Märchen vom hässlichen Entlein kennt. Ans Studium dachte sie nicht mehr, dafür verlegte sie sich auf die hohe Kunst des Shoppens, wofür sie ein verborgenes Talent entdeckt hatte.
    Wenn es Carmen besonders langweilig war, rief sie bei Ingeborg an. Heute also. Kurz vor zehn war eine gute Zeit, da öffneten nämlich die Boutiquen. Ingeborg verlor nur ungern wertvolle Minuten beim Shoppen, es sei denn, sie weilte gerade in Paris oder Mailand, um modemäßig auf dem allerneuesten Stand zu bleiben. Man konnte sie also mit etwas Glück gegen Mittag zu einem Lunch treffen – Ingeborg würde natürlich bezahlen – und gemeinsam durch die Geschäfte bummeln. Carmen beriet (das heißt, sie machte bewundernd »ah!« und »oh!« oder zog ihre Steht-dir-nicht-Schnute), Ingeborg kaufte. Von Heiner erzählte sie selten, er musste
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