Pringle vermisst eine Leiche
schnellsten. Ich glaube,
Miranda hat denselben Weg
genommen. Falls Doris wirklich irgendwo in der Nähe war, so habe ich sie
jedenfalls nicht bemerkt.»
«Und um welche Zeit spielte
sich das alles ab?»
«So gegen Viertel nach elf,
halb zwölf Uhr. Als Miranda zurückkam, war es schon kurz nach Mitternacht, ich
weiß es so genau, weil ich auf die Uhr gesehen habe.»
«Und die einzigen Personen, die
Sie außer Ihrer Frau gesehen haben, waren Simmons und Winstead?»
«Ja.» Detective Inspector
Andrews sah ihn durchdringend an. Oliver spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach.
«Werden Sie Miranda diese
Adresse hier geben?» fragte er. «Nicht, wenn Sie jetzt eben die Wahrheit gesagt
haben», entgegnete Andrews kurz.
«Aber das habe ich! Das kann
ich beschwören!»
«Dieser Winstead... er kam aus
der Kirche, sagten Sie?»
«Ja. Er blieb erst am Portal
stehen und stellte sich dann unter das Vordach.»
«Und Sie konnten ihn deutlich
erkennen?»
«Ja. Am anderen Ende der
Kirche, zum Altar hin, brannte Licht. Vermutlich, weil er dort gearbeitet
hatte. Ich sah nur seine Silhouette, aber das reichte aus, um zu wissen, wer es
war. Ich habe ihn und Simmons ein paarmal im Dorf zusammen gesehen.»
«Und sonst sind Sie niemandem
begegnet?»
«Nein.»
«Weder auf dem Pfad noch auf
dem Anger?» fragte Andrews noch einmal nach.
«Nein, niemandem. Es ist
durchaus möglich, daß jemand auf dem Anger war, als ich ihn passierte, aber
wenn, dann habe ich ihn jedenfalls nicht bemerkt. Der Anger ist ja ziemlich
groß.»
«Und das war jetzt also die
ganze Wahrheit?» fragte Andrews eindringlich.
«Ja», antwortete Oliver mit
fester Stimme. Andrews stand auf. «Wir müssen diese neue Aussage noch
protokollieren.»
«Werden Sie Miranda sagen, wo
ich bin?» Andrews überhörte die Frage.
Während er den Wagen geschickt
durch den Verkehr steuerte, fragte Mather: «Glauben Sie ihm?»
«Ja.»
«Ich dachte, Sie hätten ihn als
Mörder in Verdacht.»
Andrews schüttelte den Kopf.
«Er ist ziemlich erbärmlich, zugegeben, aber kein Mörder. Seine Frau in einer
solchen Situation alleinzulassen...»
Mather nickte. «Daß er gar
nichts unternommen hat, ihr zu helfen... Es ist nicht zu fassen.»
«Na ja, immerhin hat er überlegt»,
bemerkte Andrews sarkastisch. «Aber was den Mord an Mrs. Leveret angeht —
welches Motiv sollte Kenny gehabt haben?»
«Vielleicht war sie diejenige,
die ihm gesteckt hat, daß seine Miranda es mit Simmons trieb.»
Andrews dachte einen Moment
nach, dann schüttelte er den Kopf.
«Sie meinen, wie in der Antike
— der Bote, der die schlechte Nachricht überbringt, wird getötet? Hm... nicht
sehr wahrscheinlich, finde ich. Er wirkt auf mich nicht wie jemand, der
gewalttätig ist.» Er griff zum Autotelefon und wählte die Nummer der Ermittlungszentrale.
«Gibt es etwas Neues?»
«Rotterdam hat uns gerade ein
Fax geschickt, Sir. Soll ich es Ihnen vorlesen?»
«Ja, bitte.» Und zu Mather
gewandt: «Nähere Informationen aus Rotterdam.» Er schaltete den Lautsprecher
dazu. Die Stimme des Beamten in der Zentrale klang aufgeregt.
«Wir haben jetzt ein ziemlich
vollständiges Bild. Simmons war bereit zu reden. Er und Winstead scheinen sich
entzweit zu haben. Simmons hat zugegeben, daß er und Miranda Kenny sich
Mittwoch nacht getroffen haben. Er bestreitet auch nicht, daß sie seine
Geliebte war.»
«Und weiter?»
«Er behauptet, daß Winstead
derjenige gewesen sei, der Miranda Kenny in jener Nacht angegriffen hat.
Winstead sei anschließend zu ihm ins Zimmer gekommen und habe sich gebrüstet, daß
er ihm, Simmons, Mrs. Kenny ein für allemal vom Hals geschafft habe. Zwei oder
drei Stunden später sei er dann ein zweites Mal aufgetaucht — diesmal ziemlich
außer sich — und erzählte, daß er draußen, gleich hinter der Friedhofsmauer,
über eine Leiche gestolpert sei.»
«Was?!»
«Simmons hat weiter ausgesagt,
daß Winstead sich ganz sicher gewesen sei, daß die Leiche noch nicht da gelegen
habe, als er kurz vor zwölf in die Kirche zurückkehrte. Simmons erklärt, daß er
ihm geglaubt habe. Inzwischen ist er sich aber nicht mehr so sicher, ob
Winstead ihm nicht bloß etwas vorgespielt hat.»
«Und was sagt Winstead selbst?»
«Er gibt lediglich zu, Mrs.
Kenny eine, wie er sich ausdrückt, ‹Abreibung› verpaßt zu haben, um sie daran
zu hindern, Simmons weiterhin nachzustellen. Mit dem Mord an Doris Leveret will
er nichts zu tun haben. Simmons hat dann noch erklärt, daß Winstead
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