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Principia

Principia

Titel: Principia
Autoren: Neal Stephenson
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Tuns und gaben auf oder erlagen der Trunksucht. Daniel war sich noch nicht sicher, in welche Kategorie er fiel, vermutete aber, dass er bald dahinterkommen würde. Also versuchte er, nicht an Hooke zu denken – was schwierig war, da er in der einen Tasche noch immer seinen Blasenstein und in der anderen Hookes Uhr mit sich führte -, und stieg zu Mr. Threader in die Kutsche.
    Mr. Threader wünschte ihm einen guten Morgen, öffnete sodann das Kutschfenster und richtete an seine Entourage einige Bemerkungen, deren allgemeine Bedeutung dahin ging, dass sich nun alles in Richtung London in Bewegung setzen möge. Dieser Befehl wurde viel zu fröhlich aufgenommen, als wäre die Fahrt nach London ein spontaner brillanter Einfall von Mr. Threader. Bewegung setzte ein; und so kam es, dass sie am Abend des 16ten nicht mehr ganz so weit von London entfernt waren wie am Morgen, und am Abend des 17ten noch ein bisschen weniger weit davon weg. Am 18ten verloren sie an Boden. Ihr Fortkommen am 19ten war fraglich. An bestimmten Tagen (etwa, als sie nordwärts bis in die Außenbezirke von Bristol abirrten) hätte man ihnen vielleicht sogar vorwerfen können, überhaupt nicht vorwärtsgekommen zu sein.
    Daniels Vater Drake Waterhouse hatte einmal sich selbst, zwei Pferde, eine Pistole, einige Beutel Hafer, eine Genfer Bibel und einen Sack mit elfhundert Pfund Sterling an einem einzigen Tag von York nach London befördert – eine Entfernung, vergleichbar derjenigen, die Daniel mit Mr. Threader zurückzulegen suchte. Und dies auf dem Höhepunkt des Bürgerkrieges, als die Straßen so matschig und die Kanäle so schlammig waren, dass die Unterscheidung zwischen ihnen hinfällig wurde. Dieser Ritt und andere, ihm ähnliche, wurden unter puritanischen Händlern sprichwörtlich: Musterbeispiele von Gewerbefleiß. Mr. Threader hingegen spielte gegenüber Drakes unternehmungslustigem Hasen die träge Schildkröte. Am ersten Reisetag hielten sie nicht weniger als fünf Mal an, damit Mr. Threader sich von Herren, die sie unterwegs überraschend trafen, in längere Gespräche verwickeln lassen konnte – in allen Fällen Herren, die tags zuvor am Rat der Zinngräber teilgenommen hatten.
    Daniel begann sich gerade mit der Vorstellung vertraut zu machen, dass Mr. Threader nicht ganz bei Sinnen war, als während des letzten dieser Gespräche das Geräusch aneinanderstoßender Münzen an seine Ohren drang.
    Daniel hatte sich reichlich mit Büchern versehen, die er aus Lostwithiels kleiner, aber bunter Bibliothek geliehen hatte. Er begann, sich hindurchzuarbeiten, und verschwendete die nächsten Tage nur noch wenige Gedanken auf das, was Mr. Threader tat. Aber er sah und hörte manches, und das bildete für jemanden, der unter der besonderen Form von Anti-Senilität litt, die Daniel plagte, eine starke Ablenkung.
    So wie das Ableben eines Pfarrkindes vom Läuten der Kirchenglocke verkündet wurde, so wurde das Ende eines Threader-Gesprächs jedes Mal von der Musik von Münzen signalisiert: nicht jedoch vom schrillen Klirren von Farthings oder spanischen Stücken, sondern vom schweren, wohltönenden Klacken englischer Goldguineen, die Mr. Threader in der Hand wog. Es war dies eine nervöse Angewohnheit von Mr. Threader. Jedenfalls vermutete Daniel das, da der andere es offenkundig nicht tat, um sich als Mann von Geschmack zu zeigen. Einmal ertappte ihn Daniel sogar dabei, wie er mit einer Hand zwei Guineen jonglierte, und zwar mit geschlossenen Augen; als er sie aufschlug und bemerkte, dass Daniel ihm zusah, stopfte er eine Münze in die linke und die andere in die rechte Rocktasche.
    Bis sie auf dem Weg zu den Außenbezirken von Southampton an Salisbury Plain vorbeigekommen waren und somit sämtliche seltsamen Druidenmonumente hinter sich gelassen hatten, hatte Daniel gelernt, was von einem Reisetag mit Mr. Threader zu erwarten war. Im Allgemeinen fuhren sie auf guten Straßen durch prosperierendes Land – an sich nicht weiter bemerkenswert, nur dass Daniel noch nie im Leben so ausgezeichnete Straßen und ein so blühendes Land gesehen hatte. England unterschied sich mittlerweile so sehr vom England Drakes wie die Île-de-France von Moskau. Sie fuhren nie in die Städte hinein. Manchmal streiften sie eine Vorstadt, aber nur, um irgendein stattliches Herrenhaus aufzusuchen, das früher ganz allein in der Landschaft gestanden hatte (oder in jüngerer Zeit so gestaltet worden war, dass es diesen Eindruck erweckte). Im Allgemeinen jedoch hielt sich
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