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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard
Autoren: Clockers
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nicht? Das verstieß wenigstens
nicht gegen das Gesetz. Er könnte alles Mögliche machen; er könnte wieder in
einem Laden arbeiten, vielleicht könnte er sich einen Laden kaufen, einen
kleinen Laden, so wie Rodneys. Er konnte in den Süden ziehen, in New York
leben, nach Westen ziehen, alles was er wollte. Strike arbeitete an sich und
wollte spüren, dass die Welt in seinen Händen lag - als ob der Hang, es auf
Rodneys Methode durch Gaunerei zu versuchen, nicht wie ein Schatten auf ihm
läge. Trotz all der Schrecken der Vergangenheit und der Ungewissheit seiner
Zukunft fühlte Strike eine unbestimmte Leichtigkeit in sich aufsteigen: Er
hatte siebentausend Dollar in der Tasche, und er machte Schluss mit allem. Er
schoss durch einen Tunnel, hinaus in ein neues Leben, und er hatte nicht die
leiseste Ahnung, was er getan hatte, um so viel Glück zu verdienen.
    Alles, was
er sicher wusste, war, dass ihm jemand - Victor, Tyrone, dieser Cop, seine
Mutter, Gott vielleicht - eine zweite Chance gegeben hatte, genau in diesem
Augenblick.
    Strike
hatte Musik noch nie sonderlich gemocht. Er hatte sich nie für Sport
interessiert, nicht mal sonderlich für Mädchen, wenn er so darüber nachdachte.
Aber jetzt streckte er einfach die Hand nach dem Autoradio unter dem
Polizeifunk aus und drehte an den Knöpfen herum, bis er einen Sender mit Musik
fand. Der Tunnel verzerrte den Großteil der Melodie, aber es kam noch genug vom
Beat rüber, dass Strike ein wenig auf seinem Sitz wippte. Er musste
an all die Musik da draußen denken. An all dieses Leben ...
     
    >Ich
vermisse meine Kinder.<
    Rocco
brütete immer noch über Strikes Geschichte, darüber, was Victor an jenem Abend
in der Bar gesagt hatte, und er dachte, dass er dieses Gefühl kannte, diese
schmerzvolle, aber dennoch gewollte Trennung vom eigenen Kind. Während er unter
dem Fluss durchfuhr, dachte er an Erin und daran, welche Angst er gerade erst
heute Morgen um sie gehabt hatte. Er dachte daran, in Pension zu gehen, dachte
an alles Mögliche, nur nicht an die Tatsache, dass er dabei war, diesem Jungen
zur Flucht zu verhelfen.
    Und dann
hatte Strike den Nerv, die Hand auszustrecken und das Radio anzustellen. Rocco
war baff, was die Arroganz dieser Handlung anging, und nun saß der Bursche mit
strahlendem Gesicht da, schaukelte im Rhythmus hin und her und ließ sich
einfach spazierenfahren.
    Rocco
starrte den Burschen ungläubig an. Da war er nun und trickste sich selber aus,
riskierte seine Karriere, um Strike die Chance seines Lebens zu geben, und dann
griff der verdammte Bursche doch glatt nach dem Radio und benahm sich, als wäre
es sein eigener Wagen. Rocco sah das Glück in Strikes Augen, als er
mitzusingen versuchte, ohne den Text des Songs zu kennen. Der Junge hatte eine
fürchterliche Stimme, aber das änderte auch nichts an seiner Unverschämtheit.
Andererseits, dachte Rocco, würde er an seiner Stelle wahrscheinlich auch
mitsingen, wenn er gerade um Haaresbreite dem Knast entgangen wäre.
    Roccos
Pager schlug an. Die Digitalanzeige sagte ihm, dass es das Büro war. Er hoffte,
dass es nur falscher Alarm war, aber sein Instinkt sagte ihm, dass es sich um
einen weiteren Job handelte. Rocco rang mit sich, ob er heute Abend noch nach Dempsy
zurückfahren sollte. Zum Teufel damit: Mazilli konnte sich drum kümmern. Statt
in den nächsten vier Stunden noch zweimal durch den Tunnel zu fahren, sollte er
einfach nach Hause fahren und bei seiner Familie bleiben. Rocco dachte wieder
an Erin, genoss die Erinnerung an den Schrecken und an die Kostbarkeit des
Augenblicks, als er sie wiedergefunden hatte.
    Er schob
den Gedanken an Erin beiseite und dachte über die langfristigen Konsequenzen
des Mordes an Darryl Adams nach. Vielleicht würde er nie vor Gericht
verhandelt. Vielleicht konnte Victor seine Kaution bezahlen, noch einmal die
Freiheit genießen; vielleicht würde er seine Notwehrgeschichte noch einmal
überdenken, wenn er mit seinen Kindern durch den Liberty State Park spazierte.
Es musste auf fahrlässige Tötung hinauslaufen; der Junge war verrückt, wenn er
das nicht akzeptierte. Rocco fuhr beinahe blind, dachte: >Das darf nicht vor
Gericht<, dachte: >Was ist mit mir?<
    Er hatte
stets angenommen, dass er nach zwanzig Dienstjahren in Pension gehen würde,
aber was, wenn er gar nicht abtreten wollte? Er war
erst dreiundvierzig, und der Victor-Dunham-Job hatte ihm neue Energie gegeben.
Rocco brach der Schweiß aus; sosehr er auch an seinem Job hing, er wusste,
dass
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