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Prada, Pumps und Babypuder

Prada, Pumps und Babypuder

Titel: Prada, Pumps und Babypuder
Autoren: Sophie Kinsella
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und ziehe eine dicke Strickjacke heraus, die ich seit bestimmt fünf Jahren nicht getragen habe. Dann entdecke ich etwas anderes. Hellblau, schimmernd, perlenbesetzt, samtweich: mein Tuch von Denny and George. Ich erinnere mich noch genau, wie ich es das erste Mal gesehen habe.
    »Hey, guck mal!« Ich ziehe das Tuch vorsichtig heraus, damit keine Perlen abfallen. Das habe ich schon ewig nicht getragen. »Weißt du noch, Luke?«
    »Natürlich!« Ein mildes Lächeln huscht über Lukes Gesicht, als er das Tuch sieht. Dann fügt er ganz nüchtern hinzu: »Das hast du doch für deine Tante Ermintrude gekauft.«
    »Stimmt«, nicke ich.
    »Wirklich traurig, dass sie gestorben ist, bevor sie es tragen konnte. Ist ihr nicht der Arm abgefallen?«
    »Das Bein«, korrigiere ich ihn.
    Mum hört uns verdutzt zu.
    »Welche Tante?«, fragt sie, und ich muss kichern.
    »Eine alte Freundin«, sagt Luke und legt mir das Tuch um den Hals. Er betrachtet es einen Augenblick und schaut dann auf das Baby. »Wer hätte das damals gedacht…«
    »Aber ehrlich.« Ich spiele mit einer Ecke des Tuchs herum. »Wer hätte das damals gedacht?«
    Dad ist völlig gebannt von dem Baby. Er hat einen Finger in das Bettchen gesteckt und die Hand des Babys darumgewickelt.
    »Also, altes Haus«, sagt er. »Wie nennen wir dich denn nun?«
    »Das wissen wir noch nicht«, sage ich. »Das ist so schwierig!«
    »Ich habe euch ein Buch mitgebracht!«, sagt Mum und kramt in ihrer Tasche. »Wie findet ihr Grisabella?«
    »Grisabella?«, wiederholt Dad.
    »Das ist doch ein schöner Name!«, verteidigt sich Mum.
    Sie legt mir das Buch »1000 Mädchennamen« aufs Bett. »Und ungewöhnlich.«
    »Man würde sie auf dem Spielplatz Grizzle nennen!«, entgegnet Dad.
    »Nicht unbedingt! Vielleicht auch Bella… oder Grizzy…«
    »Grizzy? Spinnst du, Jane?«
    »Was gefällt dir denn?«, fragt Mum beleidigt.
    »Ich dachte… vielleicht…« Dad räuspert sich. »Rhapsody.«
    Ich sehe zu Luke rüber, der entsetzt, aber tonlos »Rhapsody?« mit dem Mund formt. Ich muss lachen.
    »Hey, ich habe auch eine Idee«, stimmt Suze ein. »Obstnamen sind ja schon wieder durch, aber es gibt kaum Kräuternamen. Nennt sie doch Estragon!«
    »Estragon?« Mum ist entsetzt. »Dann könnt ihr sie ja gleich Chili nennen! Also, ich habe hier Champagner, um die Geburt gebührend zu begießen… Oder ist es noch zu früh dafür?« Sie holt eine Flasche heraus. »Ach ja, als ich vorhin in eurer Wohnung die Sachen gepackt habe, hat übrigens euer Makler angerufen. Dem habe ich ordentlich den Marsch geblasen! Ich habe gesagt: ›Ihretwegen ist ein neugeborenes Baby an Weihnachten obdachlos, junger Mann.‹ Das hat gesessen, sage ich euch! Er hat sich entschuldigt, und dann hat er irgendwas von Villen auf Barbados erzählt. Komischer Typ.« Sie schüttelt den Kopf. »Wer will Champagner? Wo sind die Gläser?« Sie stellt die Flasche hin und sucht im Schrank unter dem Fernseher.
    »Kann sein, dass sie hier gar keine Sektgläser haben«, sage ich.
    »Herrje!« Mum steht auf. »Dann rede ich mal mit dem Concierge.«
    »Mum, hier gibt es keinen Concierge.«
    Nur weil es Speisekarten und Fernseher gibt, denkt Mum anscheinend, dies sei das Ritz-Carlton.
    »Ich treibe schon was auf«, sagt Mum und geht raus.
    »Soll ich helfen?«, fragt Suze und steht auf. »Ich muss sowieso Tarkie anrufen.«
    »Danke, Suzie!« Mum strahlt sie an. »Graham, kannst du vielleicht die Kamera aus dem Auto holen, die habe ich vergessen.«
    Die Tür schließt sich hinter Dad – und Luke und ich sind wieder allein. Mit unserer Tochter.
    Oh Gott, ist das ein komischer Gedanke. Ich kann gar nicht glauben, dass wir eine Tochter haben.
    Das ist unsere Tochter Estragon Petersilie Salbei Zwiebel.
    Nee.
    »Also.« Luke fährt sich durch das zerzauste Haar. »In zwei Wochen sind wir obdachlos…«
    »Auf der Straße!«, sage ich locker. »Egal.«
    »Du hast bestimmt gedacht, du heiratest jemanden, der dir ein Dach über dem Kopf bieten kann.«
    Er macht Witze – aber seine Stimme klingt schon etwas bitter.
    »Ach«, sage ich achselzuckend und beobachte, wie sich die Finger unseres Babys bewegen. »Suche ich mir halt einen anderen. Neues Spiel, neues Glück…«
    Stille. Als ich aufsehe, merke ich, dass Luke ernsthaft getroffen ist.
    »Luke, das war ein Witz!«, sage ich schnell. »Was soll’s!«
    »Du hast gerade ein Kind geboren. Du brauchst ein Dach über dem Kopf. Ein Zuhause. Ich hätte nicht…«
    »Es ist doch nicht deine
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