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PR2619-Planet der Formatierer

PR2619-Planet der Formatierer

Titel: PR2619-Planet der Formatierer
Autoren: Wim Vandemaan
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Wasser gischtete es. Das Gezwitscher verstummte.
    »Etwas, das ich tun kann?«, fragte Chourtaird. Die Stimme glich der einer alten Frau, die ihrem Enkel raten wollte und es nicht konnte.
    Routh schwieg.
    »Als ich jung war, vor Äonen«, sagte Chourtaird, »als junger Sayporaner habe ich meine Unruhe manchmal ausgelaufen.«
    »Ja«, sagte Routh. »Auf den meisten Etagen könnte ich endlos laufen. Ohne Hindernis. Und immer im Kreis.«
    »Es gibt solche, die kommen voran, sogar wenn sie im Kreis laufen«, kicherte Chourtaird. »Sogar, wenn sie stehen.«
    »Tatsächlich?«
    »Zu denen hast du nie gehört.« Der Alte verdrehte den Hals so, dass sein Gesicht zu Routh aufschaute. »Sei vorsichtig.«
    Routh hob die Augenbrauen. »Whya ist keine gefährliche Stadt. Ihr wurde alles Risiko ausgesaugt. Schlimmstenfalls schickst du mir Dindirri oder Cülibath hinterher.«
    »Das Gesinde ist eigenwilliger, als mir lieb sein sollte«, nuschelte Chourtaird.
    Banteira ging auf, als Routh das Haus Nhymoth verließ. Keine Zofe, kein Junker folgte ihm. Er verzichtete auf eine Wegschale und ging zu Fuß. Das Gehen tat ihm gut. Zu Beginn orientierte er sich an den Daakmoy; bald ließ er sich einfach treiben. Er war in Gedanken. Er dachte an Anicee, an Benat, auch an Henrike, sogar hin und wieder und zu seinem Ärger an Phaemonoe.
    Die Stadt rückte in einen unbewussten Hintergrund. Manchmal, wenn er aus seinen Gedanken auftauchte, erschreckte ihn die ungeheuerliche Reinheit Whyas, ihre klinische Sterilität. Die Geschlechtertürme erinnerten ihn an Injektionsnadeln, die, in den Himmel getrieben, die ganze Welt gegen alle Besudelung feiten, sie aber zugleich unfruchtbar machten.
    Die Stille war betäubend. Routh hörte nur den Wind. Nur hin und wieder kreuzte eine Wegschale seinen Weg, die mit einer Kuppel verschlossen war. Aber die Kuppeln waren verspiegelt und verwehrten jeden Einblick. Dennoch hatte Routh das sichere Gefühl, dass die Schalen keinen einzigen Passagier fuhren.
    Die Stadt schien zu schlafen oder mehr noch: im Koma zu liegen.
    Anicee, Benat, Henrike, Phaemonoe. Das am Abgrund trudelnde Sonnensystem. Die Auguren, die auf Menschenjagd waren, ohne dass sie jemand ernst nahm. Die Ohnmacht der Mächtigen in der Solaren Residenz ...
    So in Gedanken versunken, geriet er in einen Teil der Stadt, den er noch nie betreten oder durchfahren hatte.
    Routh blieb stehen. Er hatte plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden. Die Baumaterialien der Wohntürme irritierten ihn; sie waren weitgehend transparent. Riesige Fensterfronten, die keine Privatheiten, geschweige denn Intimitäten gestatteten. Routh hatte den Eindruck, von Abertausenden Augen angestarrt zu werden.
    Er spürte den Wunsch, umzukehren, zu fliehen. Aber wovor? Und vor allem: wohin? Er presste die Lippen aufeinander. Das war lächerlich. Er fürchtete sich vor ein paar Gebäuden, die möglicherweise ebenso leer standen wie das Haus Nhymoth. Oder vollkommen verwaist, verlassen sogar von ihrem letzten Bewohner.
    Routh ging weiter. Er wurde jedoch das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Die Türme schienen dichter zusammenzurücken und ihn förmlich einzuschließen. Seine Augen bewiesen ihm das Gegenteil, aber die Furcht, allmählich zwischen den Gebäuden erdrückt zu werden, verstärkte sich nur.
    Ich bin schon einmal hier gewesen, dachte er. Aber es war nicht hier. Unmöglich.
    Offenbar eine Bekanntheitstäuschung, ein Déjà-vu. Er wartete darauf, dass die Empfindung wich, aber sie verstärkte sich nur. Er ging weiter, unverhofft mit dem Gefühl, er wisse, wohin. Er bog in eine Straße ab, die auf einen Platz mündete, hinter dem ein von einer Brücke überspannter Teich zu erkennen war.
    Auf diesem Platz blieb er stehen. Er wusste nicht, was er dort sah oder ob er überhaupt etwas sah. Fest stand, dass es auf dem Platz eine beeindruckende Präsenz gab, etwas, das ihm Schauer bescherte, die Haare aufrichtete und fast hörbar und fühlbar wirkte wie eine immense elektrostatische Aufladung. Es war, als führte die Stadt hier, von allen Bewohnern verlassen, ein Eigenleben. Er spürte etwas wie Sehnsucht, etwas wie Gier: als hätten die Gebäude ihre Seele verloren und wären auf der Suche nach einer neuen. Dem mentalen Sog, der Verlockung war kaum zu widerstehen.
    Puc aktiv!, rief er in seiner Not.
    Routh spürte, wie Puc sich einschaltete und seine Gedanken träge und wirr werden ließ – und wie die Präsenz an ihm das Interesse verlor und abglitt wie Wasser vom
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