Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR2616-Countdown für Sol

PR2616-Countdown für Sol

Titel: PR2616-Countdown für Sol
Autoren: Arndt Ellmer
Vom Netzwerk:
beschäftigen musste. Die leistungsfähigen Syntrons des Terranischen Liga-Dienstes wussten weitaus besser mit einem derart komplexen Thema umzugehen. Viel lieber hätte er sich seiner eigentlichen Aufgabe gewidmet: der Koordination von mehr als achtzig Agenten auf Außendienst.
    Kurt würgte rasch sein Essen hinunter, legte seinen mit Fußballresultaten gefüllten Lesewürfel beiseite und gab sich mit einem Mal geschäftsmäßig. Der Interkom meldete sich.
    Stendal lächelte. Kurt hasste es, während seiner Zehn-Uhr-Pause gestört zu werden. Sosehr er den rundlich gebauten Kollegen auch mochte – in mancherlei Beziehung verhielt er sich wie ein Beamter aus prähistorischen Zeiten.
    Er kümmerte sich nicht weiter um Kurt und widmete sich stattdessen wieder seinen Berichten. Je schneller er damit fertig wurde, desto rascher konnte er sich um Logistik und Basisaufbau der neuen TLD-Filiale auf Anthres V kümmern ...
    »Wie bitte?«, hörte er Kurt entsetzt aufschreien.
    Stendal drehte sich ihm zu. Sein Freund wich seinen Blicken aus. Er war leichenblass geworden, schwitzte und stammelte ins abgedimmte Akustikfeld des Koms.
    »Was ist los, Kurt?«, fragte der Agentenführer.
    Datschew reagierte nicht. Drehte sich beiseite. Nuschelte vor sich hin, zu leise für die Ohren seines Kollegen. Um nach einer Weile die Verbindung zu kappen und geradeaus vor sich hin zu starren.
    Mit einem Ruck drehte er sich ihm zu. »Stendal«, sagte er, »hör mir zu; es tut mir leid, die Nachricht überbringen zu müssen, aber ... aber ...«
    »Es geht um Otmar. Nicht wahr?«, unterbrach Stendal ihn. Sein Herz – es hatte aufgehört zu schlagen, so fühlte es sich zumindest an. Er spürte eisige Kälte im Magen, es wurde ihm von einem Moment zum nächsten übel.
    »Es ist so ...«
    Stendal schlug mit der Faust auf den Tisch. »Sag endlich, was los ist!«, brüllte er.
    »Otmar ist aufgetaucht. Er ... wurde gefunden. Tot. Hingerichtet.« Datschew ordnete umständlich einige Unterlagen. Dann stand er auf, wandte sich einem größeren Holoschirm zu.
    Er wagt es nicht, mir ins Gesicht zu blicken ...
    »Er wurde in seinem Hotel auf Tryop ermordet. Besser gesagt: hingerichtet. Aber sieh's dir selbst an.«
    Der Holoschirm erwachte zum Leben. Er zeigte einen Bericht voller Zahlen und Daten – und mehrere Bilder.
    Der Agent besaß einen starken Magen. Sein Beruf brachte es mit sich, dass er Dinge zu sehen bekam, deren Anblick andere Leute dauerhaft geschädigt hätten. Er konnte damit fertig werden. Doch das hier ...
    Das Gesicht des großen, hageren Halbalbinos verlor den letzten Schimmer von Farbe. Stendal zog einen Stuhl heran und ließ sich schwer hineinfallen. Ein Meer von Rot beherrschte den größten Teil der Abbildung. Kaum vorstellbar, dass dies jemals ein Mensch gewesen war.
    Das ... ist Otmar, das ist Otmar, dröhnte es in seinem Bewusstsein. Würgend rappelte er sich hoch und rannte in Richtung der Nassräume.
     
    *
     
    Der Spaß, den er und Otmar letzten Sommer gehabt hatten! Der gemeinsame Urlaub auf Cinque V, die vielen gemeinsamen Stunden, die harmonische Beziehung danach, ihre Pläne ... All das war dahin.
    Als Stendal eine halbe Stunde später in seinen Arbeitsraum zurückkehrte, erschreckte ihn der eigene Anblick, der sich ihm in einer spiegelnden Fläche darbot: Die Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, ein großer Teil seines Overalls war fleckig und mit Wasser bespritzt. Er überwand den Schock rascher, als er geglaubt hätte. Dennoch fühlte er sich so schlecht wie selten zuvor.
    »Was für ein ... Tier ist zu so etwas fähig?«, fragte er.
    »Niemand weiß es, Stendal«, sagte Kurt leise. Er hatte sich mittlerweile durch den Bericht gearbeitet und Notizen gemacht. »Die Informationen wurden von den lokalen Behörden Tryops hierher übermittelt, nachdem sie festgestellt hatten, dass Otmar Bewohner Terras ist ... ich meine, war. Seine Leiche wurde gestern Abend in der Hotelsuite gefunden, in der er seit Wochen gewohnt hatte. Ein paar Kleinigkeiten seiner Ausrüstung fehlten, dazu ein geringer Betrag an Bargeld. Ein Raubmord ist auszuschließen. Es gibt bis jetzt keinerlei Spuren oder Hinweise. Man meint, dass es ein Einzeltäter gewesen sein muss.«
    »Hast du schon einen Spezialistentrupp zusammengestellt? Welche Priorität hast du ihnen gegeben? Sind sie schon abgeflogen? Wer leitet die Aktion?«
    Möglichst emotionslos stellte Stendal die Fragen, wie sie ihm in den Sinn kamen. Es war selbstverständlich, dass die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher