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PR2606-Unter dem Stahlschirm

PR2606-Unter dem Stahlschirm

Titel: PR2606-Unter dem Stahlschirm
Autoren: Hubert Haensel
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unverminderter Stärke, dann flaute er ab. Zögerlich gaben die aufreißenden Wolkenbänke den Blick in den Himmel frei.
    Nur weit verstreut hingen einzelne Sterne in der Schwärze der Nacht. Die Einsamkeit war greifbar nah, sie schmerzte und machte Angst.
    Dem Schock über die Versetzung des Solsystems folgte unaufhaltsam das Erkennen der eigenen Ohnmacht. Jenke Schousboe schaute auf die Bildschirme und fragte sich, ob einer der sechs fahlen Lichtpunkte, die sie zählte, Sol sein könnte.
    Siebzehn Lichtjahre bis Sol und zur Erde ... Und der Rand der Raumblase war nicht mehr als das Dreifache dessen entfernt.
    Vor acht Tagen, am 5. September, war das Solsystem in diesem winzigen Universum materialisiert, begleitet von den Katastrophen, die sich zwangsläufig einstellen mussten, technischen Ausfällen – und veränderten Naturkonstanten.
    Warum?
    Nicht einmal Resident Bull schien eine Antwort parat zu haben, so vage und ausweichend sie auch sein mochte.
    Die Irmdomerin fröstelte. Der stumme Glanz der wenigen Sterne erschien ihr mit einem Mal kalt und bedrohlich.
    War dieses winzige Universum ein Gefängnis? Für welches Vergehen?
    »Vor uns liegen noch knapp siebenhundert Kilometer.«
    Jonas Zosimos Ansage kam gerade recht, die sich verselbstständigenden grüblerischen Gedanken zu vertreiben. Ärgerlich auf sich selbst, löste Jenke sich vom Anblick der wenigen Sterne.
    Was immer geschehen sein mochte, Reginald Bull hatte den richtigen Weg eingeschlagen. Es galt, in der Ungewissheit Freunde zu finden.

3.
     
    Wenige Minuten bis Mitternacht.
    Der Flug des FATROCHUNS war zuletzt erstaunlich ruhig verlaufen. Jenke hatte den Piloten abgelöst und selbst die Kontrollen übernommen. Zosimo schlief, die meisten anderen Besatzungsmitglieder ebenfalls.
    Aber Pifa Clonfert und Pettazzoni fanden keine Ruhe. Die beiden unterhielten sich im Flüsterton. Jenke glaubte zu hören, dass sie über die Milchstraße redeten, über ihr Unverständnis dessen, was dort geschehen sein musste.
    Überraschend krümmte sich Shimco Patoshin aus seinem Sessel. Leise kam er näher. Hätte Jenke die Bewegung nicht aus dem Augenwinkel heraus bemerkt, gehört hätte sie den Spindeldürren auf seinen krallenartigen Vierfüßen nicht.
    Der Maschinenbauer blieb erst dicht vor der Hologalerie stehen. Seine Atemschlitze blähten sich schneller, die Greifgespinste zuckten. Ein Mensch, der im Zustand wachsender Erregung die Hände zu Fäusten ballte, sie wieder öffnete und erneut ballte, wirkte nicht weniger angespannt. Patoshin war aufgeregt, daran zweifelte Jenke nicht. Schauer von hellem Gelb überliefen seinen Sinneskranz, und die Lichtzacken neigten sich wie suchend den Schirmen entgegen.
    Nur mehr zweihundert Kilometer galt es zu überwinden, das war nur ein Fünftel des Brückendurchmessers. Das gewaltige Bauwerk, das sich zwischen dem Planeten Faland, dem »unteren« Ende, und der »oberen« Welt Shathfauth spannte, hatte etwas Erdrückendes. Dieser Eindruck wurde beklemmender, je näher die Expedition kam.
    Jenke hatte den »Käfer« bis auf hundert Meter Flughöhe absinken lassen und die Geschwindigkeit weiter verringert. Seit mehreren Minuten zeigten die Taster in Flugrichtung verwirrende Messungen. Instabile Masse im Bereich der Brückenbasis, und die Schwerkraft spielte verrückt.
    Wenn nicht alle Werte falsch waren, würde der SKARABÄUS spätestens in dreißig Minuten den Übergang erreichen. Das behauptete die Distanzmessung, und der bloße Augenschein genügte als Bestätigung.
    »Was erwartet uns?«, fragte Jenke leise.
    Patoshin wandte sich ihr zu. »Ich weiß es nicht.« Ein vibrierender Hall begleitete seine Worte. »Niemand von uns weiß, was Fermushath bereithält. Gerade deswegen ist die Passage zur Brücke ein Traum unseres Volkes seit Anbeginn seiner Existenz.«
    Konnte es sein, dass die Favadarei von der Brücke aus nach Faland eingewandert waren und ihre Herkunft vergessen hatten? Die Messungen an Bord der BOMBAY waren – genau wie die augenblicklichen – verwaschener geworden, je mehr Aussagekraft die Besatzung von ihnen erwartet hatte. Fest stand lediglich, dass auf der Brücke eine technisch weit entwickelte Zivilisation lebte. Trotz oder wegen der dysfunktionalen Gezeiten?
    Jenke entsann sich der aufgefangenen Hyperimpulse. Sie aussagekräftig zu analysieren war leider unmöglich gewesen.
    »Die Brücke ist bewohnt. Warum kam nie ein Bewohner der Brücke nach Kargvan, Holpogha oder zu den anderen Großinseln der
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