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PR2606-Unter dem Stahlschirm

PR2606-Unter dem Stahlschirm

Titel: PR2606-Unter dem Stahlschirm
Autoren: Hubert Haensel
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bin ich nicht zuständig.«
    »Was ist mit Aay?«, fragte Lanczkowski.
    Dodd ließ die Schultern sinken. »Mein Erbgott äußert sich nicht zu Wundern«, behauptete er. »Ich denke, solche Halbwahrheiten sind ihm suspekt.«
    »Warum fragst du ihn nicht, ob der Eisrochen noch in der Nähe lauert?«, wandte Jonas Zosimo ein.
    Die Antwort kam aus dem rückwärtigen Bereich der Zentrale, nahe dem Durchgang zum Hauptrumpf.
    »Der Wanderer unter dem Schnee ist weitergezogen«, knatterte Shimco Patoshins Sprechsegel.
    »Wer?«, fasste Lanczkowski nach.
    »Der Wanderer unter dem Schnee – der Eisrochen. Seit mindestens dreißig Minuten eurer Zeitmessung herrscht nun schon Ruhe.«
    Jenke registrierte, dass der Maschinenbauer ihr die kleine Kopfknolle zuwandte. Seine Atemschlitze vibrierten, die Sinneskrone färbte sich mit dem Goldton der Neugierde.
    »Gut.« Sie nickte knapp. Ihr Blick streifte die soeben wieder eingeschalteten Bildschirme, die aber nur matte Düsternis erkennen ließen. Schnee und Eis auf dem Schiffsrumpf bedeckten auch die Optiken.
    »Pettazzoni, Widengren – wir öffnen die Schleuse auf Deck eins. Die Rampe wird nur so weit ausgefahren, wie es für eine Orientierung unbedingt nötig ist.«
    Die Expeditions-Kommandantin passte sich dem Nacht-Famund der Favadarei an. Bei Namen war das einfach. Die Tag-Sprache benutzte den ersten Namensteil, während der Nacht erhielt der zweite seine Bedeutung. Das galt für viele Dinge und Gegebenheiten. Die Brücke zwischen den Planeten, Shathrona, wurde nur bei Tag so genannt. Nachts redeten die Favadarei ausschließlich vom Fermushath. Zudem gab es die kurze Besonderheit Shath, die zu jeder Stunde gebräuchlich war.
    »Der Energiestatus bleibt unbeeinträchtigt!«, meldete Zosimo.
    Mit einer raschen Handbewegung schaltete die Kommandantin die Kontrollanzeigen ihrer Konsole ein. Sie nickte zufrieden, als alle relevanten Systeme Grünwerte zeigten.
    Der Eisrochen schien sich weit genug entfernt zu haben. Ob erst wenige Kilometer oder schon sehr viel weiter, ließ Jenke dahingestellt. Für sie zählte vor allem, dass das Tier die vermeintliche Beute aufgegeben hatte.
    »Der Prallschirm kann wieder aufgebaut werden«, stellte Lanczkowski fest.
    »Bodennahes Prallfeld: Matrix steht mit voller Stärke zur Verfügung«, bestätigte der Pilot. »Vortrieb über Gravopuls: Leistungsparameter bis maximal tausend Kilometer in der Stunde.«
    »Pettazzoni! Widengren!« Jenke Schousboe fuhr mit ihrem Sessel herum. Ihr Ruf stoppte die beiden, die gerade die Liftkabine betraten, um zum unteren Schleusendeck zu fahren. »Anordnung zurückgezogen! Wir starten, solange die Abschirmung das zulässt.«
    »Nach wie vor keine Sicht«, bemerkte Zosimo. »Einige Sektoren abtauen?«
    »Vorerst nicht!« Jenke fürchtete, dass jede vorschnelle Wärmefreisetzung das Biest wieder anlocken würde.
    Eine verschwommene, sehr undeutliche Darstellung baute sich auf. Immerhin ließ die Wiedergabe erkennen, dass der SKARABÄUS tatsächlich in eine Gletscherspalte abgerutscht war. Das Schiff hatte sich jedoch wenige Meter unter der Abbruchkante verkeilt.
    »Wir sind startbereit!«
    »Minimale Steiggeschwindigkeit!«, ordnete Jenke an. »Prallfeld vorerst nur nach oben ausrichten!«
    Der »Käfer« schüttelte sich, als spreize er die harten Deckflügel. Gleich würde er sich summend in die Luft erheben ...
    Ein Ächzen durchlief das Schiff, als es über kantige Eisformationen schrammte. Einer der Bildschirme zeigte plötzlich deutlichere Konturen. Vages Streulicht in der Atmosphäre sorgte dafür, dass die Nacht keineswegs schon in undurchdringlicher Schwärze versank.
    Dreißig Meter Höhe inzwischen. Die ersten Scheinwerferbatterien der VAHANA flammten auf und entrissen wirbelnde Schneemassen der Nacht.
    »Auf Höhe hundertfünfzig gehen und halten! Kurs Nord!«
    Jenke wandte sich zu den Favadarei um. Sie gewann den Eindruck, dass alle drei in die Betrachtung der optischen Wiedergabe versunken waren. Sie würden die Ersten ihres Volkes sein, die zur Planetenbrücke vorstießen – schließlich hatten sie es fertiggebracht, ein FATROCHUN zu erschaffen, mit dem sie Shath tatsächlich erreichen konnten.
    Die Lichtfinger der Scheinwerfer geisterten über tief verschneites Land.
    Jenke versuchte gar nicht erst, nach den Spuren verschollener Expeditionen Ausschau zu halten. Viele Favadarei mochten in der weißen Wüste ein eisiges Grab gefunden haben.
     
    *
     
    Eine Stunde lang tobte der Sturm mit
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