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PR NEO 0055 – Planet der Stürme

PR NEO 0055 – Planet der Stürme

Titel: PR NEO 0055 – Planet der Stürme
Autoren: Michelle Stern
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Mehrere Hundert Tiere hatten sich mit ihren Stützkrallen ineinander verhakt. Ihr schrilles Quaken durchdrang die Panzerung des Geländewagens. Wenn die Viecher nicht endlich Platz machten, würde Epherem an jedem der sechs Räder Dutzende von ihnen kleben haben.
    »Husch, husch in eure Höhlen!«, sagte Epherem und erfasste einen abgestorbenen Senkgrashalm mit den Scheinwerfern, von dem ein mannshoher, verfaulter Stummel zurückgeblieben war.
    In seinen kreisrunden Krater zogen sich die Thersus bei Gefahr zurück, doch das mit abstoßenden Duftstoffen versetzte Wasser stellte für sie augenblicklich keine dar. Der Geschmackssinn ihrer Haut war durch die Erregung blockiert. Die Thersus paarten sich unverdrossen weiter, ignorierten Epherems Frontsprüher.
    An einem anderen Tag hätte Epherem die Akustikwarnung aktiviert und sich darüber aufgeregt. Doch nicht an diesem. In der Reflektorzone sah er den hinteren Teil des Wageninneren. Zwischen einer kleinen Küchenzeile und dem ausfahrbaren Bett lagen die gestapelten Xirdorhäute auf dem Boden; knapp hundert an der Zahl, jede einzelne ein kleines Vermögen wert.
    Der Ausflug in die Pfründe hatte sich gelohnt. Sein Geheimnis war unentdeckt geblieben.
    Epherem bremste ab und hielt, ehe die Reifen die ersten Thersus zerquetschten. Er überfuhr die Wahrzeichen Thersunts ungern. Die Thersus waren besser als jedes Frühwarnsystem und hatten ihn und seine Farm vor Schäden durch schwere Stürme bewahrt. Außerdem war er zu gut gelaunt für ein Massaker unter den liebestollen Tieren. Spätestens in einer halben Tonta würde die Thersukolonie weitergezogen und die Straße wieder frei sein.
    Mit automatischen Bewegungen nahm er auf dem Holodisplay die nötigen Schaltungen vor. Der Wagen senkte sich. Aus dem Gestell fuhren zwölf Stabilisierungshaken, die sich wie Harpunenpfeile in den Untergrund bohrten.
    Er öffnete die Tür. Sofort schlugen ihm die charakteristischen Geräusche des Senkgraswalds entgegen: ein Zischen und Knacken, Wassergurgeln und Glucksen, Pfeifen und Krächzen, gemischt mit dem unverdrossenen Gequake der Thersus, begleitet von schwerem Blaumoosduft.
    Epherem stapfte gegen den Wind einen Pfad entlang, hin zu einer Anhöhe, die zu seinen liebsten Zielen für Zwischenstopps gehörte. Vor ihm öffnete sich das Land. Fünfhundert Höhenmeter tiefer schimmerte in der Ferne das türkisblaue Meer – das Schlundmeer, wie sie es vor gut hundert Jahren getauft hatten. Ein Sturm zog über die hohe See, rotierte über schäumenden Wellen, dass Epherem meinte, das Klatschen des Wassers gegen den Kieselstrand hören zu können. Drei Wirbel jagten über die spritzende Gischt dahin, Tunnelröhren gleich, die das Wasser mit dem Himmel verbanden.
    Hinter ihm mischte sich der freudige Ruf eines Zweikopfvogels in das aufgeregte Quaken der Thersus. Epherem drehte sich um und sah den blau gefiederten Laufvogel, wie er im Vorbeigehen mit einem seiner Köpfe eine Thersu aus einem Knäuel schnappte und davonstolzierte, während der andere, schlafende Kopf samt dem Hals schlaff herabbaumelte und beinahe den sandigen Boden berührte. Eines der vier Knopfaugen des wachen Kopfes blinzelte Epherem verschwörerisch zu.
    An Epherems Unterarmschiene summte es. Ein eingehender Anruf. Epherem hob die Hand und aktivierte die Annahme. »Ja?«
    Aus dem Akustikfeld kam die Stimme einer Frau. Obwohl Epherem sie aufgrund ihrer melodischen Klangfarbe mochte, bekam er jedes Mal einen trockenen Mund, wenn er sie hörte.
    »Ich bin's, Hallit. Wie geht's dir, Eph?«
    »Großartig. Ich komme gerade aus den Pfründen.« Er hob die linke Armschiene, erfasste mit der Optik das Meer samt dem tobenden Sturm und machte ein Holobild, das er ihr per Antippen sendete.
    »Oh«, sagte sie. »Sieht schlimm aus. Ein Fantandor?«
    »Bloß ein Krilldor, höchstens Windstärke acht nach der Intrimskala. Mann, bin ich froh, dass ich kein Schiffseigner geworden bin. Ist schon der dritte diese Woche.«
    »Eph, ich hab wenig Zeit. Aber vielleicht können wir das Plaudern nachholen. Wie sieht es aus? Kommst du mich zum Befriedungsfest besuchen?«
    Nicht dieser Satz.
    Die Welt verdunkelte sich. Rasch aufziehende Sturmwolken löschten das blassgelbe Licht.
    Epherems Unterarm sank ein Stück ab. Er starrte blicklos geradeaus. Wolken und Ozean verschwammen vor seinen Augen zu Türkisgrau.
    »Epherem, alles in Ordnung bei dir?«, fragte die gespielt gleichgültige Stimme Hallits. Seine ehemalige Zugkameradin wusste genau, was
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