Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR NEO 0050 – Rhodans Weg

PR NEO 0050 – Rhodans Weg

Titel: PR NEO 0050 – Rhodans Weg
Autoren: Frank Borsch
Vom Netzwerk:
dein Onkel?«
    Der Junge schüttelte energisch den Kopf. »Nein! Ich will Astronaut werden! Zum Mond fliegen!«
    Mendez musste laut loslachen.
    »Wieso lachen Sie mich aus?« Der Junge lief rot an, als Wut und Scham in ihm miteinander wetteiferten.
    »Ich lache dich nicht aus! Ehrlich!« Mendez hob eine Hand, machte eine beschwichtigende Geste. Er hatte den Jungen nicht verletzen wollen. »Ich lache mich selbst aus. Ich wollte auch mal Astronaut werden.«
    »Wirklich?« Der Junge beugte sich vor. »Wieso sind Sie es nicht geworden?«
    »Weil ...« Mendez überlegte, wie er seine Antwort so formulieren konnte, dass ihn der Junge verstand. Keine leichte Aufgabe. Der Busfahrer war sich nicht sicher, ob er die Antwort überhaupt selbst kannte. »Ich schätze, mir kam das Leben dazwischen«, sagte er schließlich. Den Rest behielt er für sich. Martha, die ungewollte Schwangerschaft, dann die Zwillinge.
    Sie passierten das große Macy's-Kaufhaus. Der Parkplatz war bis auf den letzten Platz belegt – und an der Haltestelle stand eine Frau.
    Es war eine Schwarze. Übergewichtig. Prall gefüllte Plastiktüten in beiden Händen.
    Der Junge sah sie, und ihm entschlüpfte ein politisch unkorrektes »Wow, ist die fett!«
    Die dicke Frau sah den Bus kommen, wuchtete einen oberschenkeldicken Arm hoch und winkte mit ihren Tüten. Mendez stoppte und öffnete die Tür.
    »Halten Sie in Springfield?«
    »Natürlich.«
    Die Frau – sie war so stark geschminkt, dass sie Mendez an eine Puppe erinnerte – legte ihre Tüten in der ersten Reihe auf der Beifahrerseite ab, bezahlte die Fahrkarte und ließ sich neben ihre Einkäufe fallen.
    »Diese Hitze ist einfach zu viel für mich.« Sie tupfte sich die Schweißperlen von der Stirn. Ihre Hand strich über eine Augenbraue und wischte sie weg. Sie war lediglich aufgemalt.
    Mendez mochte Gesellschaft, unterhielt sich gerne mit seinen Passagieren. Aber diese Frau ... Der Busfahrer wusste nicht, weshalb, aber er mochte sie nicht.
    Sie griff in eine Tasche und hielt Perry einen Schokoriegel hin. »Hier, Junge. Du siehst ja halb verhungert aus.«
    Perry beäugte den Riegel argwöhnisch, dann schnappte er ihn mit einer blitzartigen Bewegung, als befürchtete er eine Falle, dass die Frau ihn festhielte.
    »Das ist ein ganz schön großer Rucksack«, meinte die Frau.
    »Ja«, murmelte Perry. Der Junge öffnete den Riegel nicht, sondern steckte ihn in eine Seitentasche des Rucksacks.
    »Deiner?«
    »Nein. Ist von meinem Vater.«
    »Dachte ich mir.« Die Frau sah sich suchend um. »Und wo ist dein Vater?«
    »Zu Hause.«
    »Und was tust du hier?«
    »Ich besuche meinen Onkel.«
    Mendez konzentrierte sich auf den Verkehr, der immer mehr zunahm, je näher sie Springfield kamen. Ein flaues Gefühl hatte sich in seinem Magen breitgemacht. Wieso?, fragte er sich und verfolgte, wie die dicke Schwarze den Jungen aushorchte. Es war nur eine gemütliche Mama, die nett zu einem Kind war. Sie meinte es gut.
    Er stieß auf die Antwort, kurz bevor sie das Zentrum von Springfield erreichten. Ein Sonnenstrahl wurde vom Spiegel eines Lasters zurückgeworfen, blendete Mendez und seine Passagiere. Er hielt die Hand vor die Augen, sah im Rückspiegel, wie der Junge es ihm gleichtat – aber nicht die Frau. Sie saß da, ungerührt. Ihre Augen waren kalt und leblos.
    Der Bus erreichte die Haltestelle. »Springfield, Dwight Street«, rief Mendez.
    »Ah, schon?« Die Frau wuchtete sich aus dem Sitz, raffte ihre Tüten zusammen und arbeitete sich schwer atmend die Stufen hinunter auf den Asphalt. »Ich danke Ihnen«, wandte sie sich an Mendez. »Und dir alles Gute, mein Junge! Genieß die Zeit mit deinem Onkel.«
    Mendez fuhr los. Im Rückspiegel verfolgte er, wie die Frau ein Handy aus der Hosentasche pulte und eine kurze Nummer wählte. Er blickte zu dem Jungen. Es war Perry anzusehen, dass er froh war, dass die Frau weg war.
    »Ist nicht mehr weit bis zu deinem Onkel«, sagte Mendez.
    Er lenkte den Bus zurück auf die Interstate. Sie schwiegen. Nach einigen Minuten kramte der Junge ein Taschenbuch hervor. Es war ein Science-Fiction-Roman. »Die lange Reise« von Robert A. Heinlein. Nicht die Art von Buch, die man für gewöhnlich bei einem Noch-Sechsjährigen erwartete.
    Aber Mendez war nicht überrascht. Es passte zu diesem Jungen.
    Der Junge vertiefte sich in die Lektüre. Als Mendez eine Viertelstunde später verkündete: »South Hadley, wir sind gleich da!«, schreckte er hoch.
    Die Interstate blieb hinter ihnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher