Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR NEO 0050 – Rhodans Weg

PR NEO 0050 – Rhodans Weg

Titel: PR NEO 0050 – Rhodans Weg
Autoren: Frank Borsch
Vom Netzwerk:
eingejagt!«
    »Entschuldige, das wollte ich nicht.« Das Mädchen senkte verlegen den Kopf. »Ich habe nur gemerkt, dass du weggegangen bist, und da wollte ich ...«
    ... wissen, was du treibst, vervollständigte Sue den Satz, als Mirage abbrach. Du weißt nichts von Monk wie alle Übrigen. Nur Sid und ich wissen es. Und dabei muss es bleiben.
    »... und da ... da«, Mirage kratzte ihren ganzen Mut zusammen und sah Sue in die Augen. »Ich wollte Danke sagen. Ohne dich wäre ich tot.«
    »Nichts zu danken. Du hättest dasselbe für mich getan.«
    Mirages Gabe hatte sich gegen sie selbst gewendet. Noch vor zwei Tagen war sie ein sechsjähriges Mädchen gewesen. Eine Waise, die nicht einmal ihren richtigen Namen kannte. Zu »Mirage« war sie erst in Lakeside geworden. Ein Suchteam hatte das Kind in einem Flüchtlingslager im Jemen gefunden, gerade noch rechtzeitig, bevor man es gelyncht hätte. Seine Gabe hatte den Menschen Angst gemacht: Mirage vermochte es, Lebewesen – Pflanzen, Tiere, Menschen – rapide altern zu lassen.
    Doch das Virus hatte sie die Kontrolle verlieren lassen. Hätte Sue ihre Heilerkräfte nicht eingesetzt, Mirage wäre innerhalb von Minuten zur alten Frau geworden und gestorben. Sue hatte die Alterung stoppen können. Jetzt war Mirage eine junge Frau, vielleicht sechzehn oder siebzehn, in Sues Alter – zumindest körperlich.
    »Ich ... Sue, ich habe Angst!« Seelisch war sie ein Kind geblieben.
    »Das haben wir alle«, entgegnete Sue.
    »Weißt du, dass ich immer davon geträumt habe, groß zu sein?« Mirage hob einen Arm, besah und betastete ihn, als handele es sich um ein Wunder.
    Sue spürte, wie ihr Tränen in die Augenwinkel traten. Sie war mit einem Stumpf geboren worden, war ein Krüppel gewesen, bis eines Tages Fulkar ihr ein Ara-Stimulans gegeben hatte – und der Arm nachgewachsen war. Es war ein Wunder, dem sie immer noch misstraute. Manchmal wachte sie nachts vor Schmerzen auf, wenn die Finger ihrer angestammten Hand sich so tief in das Fleisch ihres neuen Arms gegraben hatten, dass sie den Blutfluss unterbrachen.
    »Jetzt bin ich groß ... und stark ... und habe noch schlimmer Angst als früher.«
    »Du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe deine Alterung gestoppt. Du bist jetzt ein Mensch wie jeder andere.« Es war eine glatte Lüge. Keiner von ihnen war ein Mensch wie jeder andere – und Sue hatte nicht die geringste Ahnung, was in Mirage vorgehen mochte.
    »Wirklich?« Übergangslos blitzte Freude in Mirage auf. Sie machte einen Luftsprung.
    Sie ist sechs!, erinnerte sich Sue. Immer noch sechs!
    »Wirklich«, sagte sie mit fester Stimme und hoffte, dass Mirage ihre Zweifel nicht heraushörte.
    »Dann kann ich bald in eine normale Schule und ...« Mirage brach ab. »Aber ... aber Sue, wieso tun sie uns das an?«
    »Wer?«
    »Die anderen Menschen! Mercant!«
    »Sie wollen uns nichts antun.«
    »Aber sie tun es! Tako ist tot. Und Dylan und Aang!«
    »Das haben sie nicht gewollt. Sie haben Angst und ...«
    Der Boden unter ihnen erzitterte. Aus der Ferne kam der dumpfe Knall einer Explosion.
    Mirage sprang auf Sue zu, packte ihre freie Hand. »Was ist los? Kommen die Soldaten?«
    Wieder bebte der Boden. Grauer Staub rieselte von der Decke, löste sich von den Wänden.
    Sue erstarrte.
    »Sue, was ist?«, schrie Mirage. »Sag doch was!«
    Sue rannte los, ohne Antwort zu geben. Aber in Gedanken brüllte sie laut: Monk!
     
    Mirage klammerte sich an Sues Hand.
    Begleitet von Explosionen, die in immer kürzeren Abstanden kamen, erreichten sie Monks Versteck. Ein Nebenraum, der zur Heizungsanlage des Instituts gehört hatte; eine bittere Notwendigkeit im harten kontinentalen Winter der Gobi. In einer Ecke stand das, was einmal ein Warmwassertank gewesen sein musste. Seine obere Hälfte war geplatzt, hatte Wände und Decke des Raums mit zahllosen stählernen Splittern übersät, die sich tief in den Beton gegraben hatten. Die untere Hälfte des Tanks und des Raums waren unversehrt geblieben – wieso, war nicht zu erklären. Ebenso wenig wie das Platzen selbst. Es musste auf einen Ausbruch von Paraenergie zurückgehen.
    Gegenüber dem ehemaligen Tank befand sich eine Matratze. Dem scharfen Geruch nach musste sie einer der vielen Ferronen, die im Institut gearbeitet hatten, dort platziert haben, um sich ab und zu für ein Nickerchen zurückzuziehen.
    Jetzt lag kein blauhäutiger, gedrungener Ferrone auf der Matratze, sondern ein fetter Glatzkopf, ganz in Leder gekleidet. Er lag auf dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher