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PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

Titel: PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise
Autoren: Christian Montillon
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Tod auf sich zurasen: einen tausendfachen, scharfkantigen Tod.
    »Natürlich weiß inzwischen jeder«, hatte Allan D. Mercant in der grundlegenden Besprechung gesagt, »der auch nur ein bisschen die Augen und Ohren offen hält, dass es Mutantenfähigkeiten tatsächlich gibt – Teleportation, Telepathie, Telekinese und dergleichen mehr. Doch im allgemeinen Bewusstsein ist es offenbar noch nicht angekommen. Sämtliche Journalisten schlachten scheinbar unerklärliche Phänomene nach wie vor mit hanebüchenen Sensationsmeldungen aus. Nur die grob gepixelten Bilder von angeblichen Außerirdischen fehlen mittlerweile in diesem Bereich der Zeitungen; stattdessen gibt es Hochglanzaufnahmen von echten Aliens auf den Titelseiten.«
    Sie hatten gelacht, alle fünfzig versammelten Mutanten, und Mercant, der alte Fuchs, hatte das genau eingeplant. Er wusste, wie man eine Rede zelebrierte und dabei die Zuhörer bei der Stange hielt. »Und gerade diese Berichte können uns den Weg weisen, wenn wir es schaffen, die Spreu vom Weizen zu trennen.« Die Wissenschaftler im Lakeside-Institut in der Nähe von Terrania erforschten die Paragaben, oder sie versuchten es zumindest.
    »Es gibt vielversprechende Ansätze, das Geheimnis der Mutanten zu entschlüsseln«, erklärte Allan D. Mercant für gewöhnlich, der sich von Anfang an für dieses Thema interessiert hatte; eine Zeit lang hatte er sogar geglaubt, selbst eine Mutantengabe zu besitzen.
    Tschubai setzte solche Worte mit typischem Politikergeschwätz gleich: »Vielversprechende Ansätze«, das klang eben besser als »Wir verstehen es nicht«. Doch das sollte nicht sein Problem sein. Er besaß eine Gabe, unzweifelhaft, und das ... gefiel ihm.
    Die Erinnerung blitzte in Ras Tschubai auf, während die Scherben auf ihn zurasten. Mein Leben, dachte er. Mein Leben zieht an mir vorbei.
    Fast glaubte er, Mercants Gesicht in den Glassplittern zu sehen, tausendfach gebrochen, genau wie das Spiegelbild seines Begleiters und das der jungen Frau, die starr auf dem Boden kauerte und dem Tod ebenso entgegensah wie die beiden Männer.
    »Mister Tschubai?«, hatte Allan D. Mercant gefragt. »Sie bilden ein Team mit Olf Stagge, wenn Sie losziehen. Und das tun Sie doch, oder?« Selbstverständlich tat er das. Ohne zu zögern, machte er sich mit seinem neuen Partner auf den Weg, um weitere Mutanten zu suchen, überall auf der Welt, wo es Spuren gab, die sich zu verfolgen lohnten. Und Stagge, der kühle Bilderbuch-Norweger, schien in der Tat der ideale Begleiter zu sein. Vielleicht gelang es Tschubai, ihn zu fördern, seine Fähigkeit herauszukitzeln und zu verstärken.
    Olf Stagge bezeichnete sich als Passiv-Teleporter, was im Klartext bedeutete, dass er nur im Verbund mit einem zweiten, echten Teleporter springen konnte. Dann allerdings kostete es den eigentlichen Mutanten keine Mühe, Stagge mitzunehmen, und dieser wiederum nahm mit Leichtigkeit eine oder zwei Personen in die Teleportation mit. Eine eigenartige Kombination, dachte Tschubai, aber es gab in der neuen Welt nichts mehr, was es nicht gab, diese Lektion hatte er längst gelernt.
    Die Forscher im Lakeside-Institut dokumentierten inzwischen die verrücktesten Parafähigkeiten, etwa den Fall einer jungen Frau, die nur einen einzigen Stoff zu beeinflussen vermochte: gepressten raffinierten Zucker, den sie durch einen konzentrierten Gedanken in Flammen aufgehen ließ. Es fiel schwer, dahinter einen tieferen Sinn zu sehen; doch das stand nicht zur Debatte.
    Mercant nannte die aktuelle Entwicklung ein Spielfeld der Evolution, die austestete, was generell möglich war und wie sich die Menschheit im beginnenden kosmischen Zeitalter weiterentwickeln konnte. Das klang gut, fast philosophisch, aber Ras Tschubai vertrat eine andere Meinung. Ihm gefiel nicht, die Evolution derart zielgerichtet zu personifizieren, als wäre sie ein denkendes, handelndes Wesen. Er hielt es schlicht für einen Zufall, dass alle diese Gaben gerade in dieser Generation auftraten. Und Zuckerwürfel in Flammen aufgehen zu lassen war nicht eigenartiger, als ausgerechnet Glas zu zersplittern.
    Glas, das sie nun töten würde. Ein Hagel aus schneidenden, blitzenden Geschossen ging rund um die beiden Männer nieder. Der Mynah klatschte zerfetzt auf den Boden: erst ein Flügel, dann ein Bein, schließlich das blutige Etwas, das eben noch sein Körper gewesen war.
    Tschubai fragte sich, warum Ailin nicht floh. Sie würde selbst in diesem mörderischen Regen sterben, den sie
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