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PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt

PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt

Titel: PR Andromeda 06 - Die Zeitstadt
Autoren: Ernst Vlcek
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wenn sie jeden Tag passieren.
    Sie hatten etwa die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht, als Coa Sebastian aufstand und an Voruas Pult trat.
    Das war nun wirklich eine Seltenheit. Normalerweise verharrte die Kommandantin während einer Metagrav-Etappe auf ihrem Platz, kerzengerade sitzend, ohne dass ihr Rücken die Lehne berührte.
    »Sebastian-Grundstellung« nannte das Bruno heimlich. Die 46 Jahre alte, hagere Terranerin galt als kühle Technokratin, die nicht einmal, wie man so sagte, in die Laderäume lachen ging. Ihre scharfrückige Nase, die schmalen Lippen und das spitze Kinn verstärkten diesen Eindruck noch. Von ihrer Besatzung wurde die Kommandantin nicht gerade abgöttisch geliebt, jedoch vorbehaltlos respektiert; denn sie war fachlich hoch kompetent und bewahrte auch in Stress-Situationen die Ruhe und Beherrschung. Vorua hatte bisher immer das Gefühl gehabt, dass Coa genau dieses distanzierte Verhältnis zu ihren Untergebenen am liebsten war.
    Jetzt aber stand sie vor der Waffenstation und strich sich beinahe linkisch die schwarzen, halblangen Haare zurück. »Stör ich dich, Vorua?«
    »Vorua«. Nicht »Feuerleitoffizier« oder einfach »Verteidigung«, registrierte die Epsalerin. Laut sagte sie: »Nein, selbstverständlich nicht, Sebastian.«
    Das war der einzige bekannte Tick der Kommandantin: Wenn es sozusagen um private Dinge ging, wollte sie lieber mit dem Nachnamen angesprochen werden. Obwohl - oder vielleicht sogar weil - dieser männlich war. Brrr! Mit Schaudern dachte Vorua daran, was der berüchtigte Bordspsychologische Hilfsdienst der LEIF ERIKSSON daraus konstruiert hätte. Aber Rhodans Flaggschiff war weit; viel zu weit, leider.
    »Darf ich mich setzen?«
    »Klar doch.« Vorua räumte den zweiten Sessel frei, indem sie einen Stapel von Lasky Baty- Tonträgern, den ihr Stellvertreter vergessen hatte, in dessen Privatfach legte. »Soll ich die Schallabschirmung einschalten?«
    Coa nickte und nahm Platz. Vorua betätigte einige Tasten. Nun konnte ihr Gespräch im Rest der Zentrale nicht mehr gehört werden.
    »Ich habe geträumt«, sagte die Kommandantin ohne weitere Umschweife. »Während meiner letzten Schlafperiode. Normalerweise erinnere ich mich nicht an meine Träume. Aber dieser war so aufwühlend, so plastisch ... und so grässlich.«
    Ihr Vater - erzählte sie -, ebenfalls Offizier der LFT-Flotte, und ein hoch dekorierter dazu, hatte sie mit zum Fischen genommen. Die Sebastians besaßen seit vielen Generationen eine kleine Hütte auf Steward Island, der südlichsten Insel von Neuseeland. Einige ihrer schönsten Kindheitserinnerungen verband Coa mit dieser Hütte. Sie lag nicht weit von einem herrlichen, klaren Bach entfernt, der nur wenige Meter breit war, aber in der Mitte tief genug, dass man darin baden konnte. Hier hatte die kleine Coa ihre ersten Schwimmversuche unternommen, natürlich immer unter väterlicher Aufsicht und Anleitung, und immer in Reichweite seiner starken, schützenden Arme.
    Auch diesmal war sie in den Bach gesprungen, denn es war ein heißer Sommertag, und sie wollte sich erfrischen. Sie genoss es sehr, fühlte sich so wohl wie der sprichwörtliche Fisch im Wasser.
    Mehrmals tauchte sie bis auf den Grund hinunter, der von hellen, runden Kieseln bedeckt war.
    Während sie wieder nach oben schwamm, gegen die schwache Strömung, um nicht zu weit abgetrieben zu werden, entdeckte sie etwas in den Fluten. Es funkelte und glitzerte: ein silberner Ring! Sie griff danach, bekam das Kleinod aber nicht zu fassen, auch nicht nach mehreren Versuchen. Und dabei tänzelte der Silberring direkt vor ihrer Nase herum! Weil sie sich nicht anders zu helfen wusste, öffnete sie schließlich den Mund und - schnappte den Ring.
    Da durchzuckte sie ein furchtbarer Schmerz. Denn der Ring hatte sich als ein Haken entpuppt, der sich tief in ihre Unterlippe bohrte. Der Haken hing an einer Angelschnur, an welcher jemand mit großer Kraft zog. Und als sie die Wasseroberfläche durchbrach, schreiend vor Angst und Pein, erkannte sie, das es ihr Vater war, der die Angel in der Hand hielt.
    »Warum tust du das, Vater?«, rief sie unter Tränen. »Ich bin es doch, deine Coa. Hast du mich denn nicht mehr lieb?«
    »Gerade weil ich dich liebe«, antwortete er, »und dich nicht verlieren will, muss ich verhindern, dass du davon schwimmst. Dass du fortfliegst mit Perry Rhodan, in eine fremde Galaxis, aus der du nie mehr wieder heimkehren wirst. «
    »Aber Vater, das ist mein Beruf, wie auch der
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