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PR 2679 – Der Herr der Gesichter

PR 2679 – Der Herr der Gesichter

Titel: PR 2679 – Der Herr der Gesichter
Autoren: Marc A. Herren
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Richtungen strebten Mitglieder anderer Stämme der Stadt der Ahnen entgegen.
    Sie nannten die Bodenläufer Holkotanen. Der Name ging auf den mythischen Halbgott Holkot zurück, der dem Himmel zu nahe gekommen war, sich an den Strahlen der Sonne verbrannte und zu Boden stürzte.
    Wie Hahlet erfahren hatte, kehrten die Bodenläufer diesen Mythos um und hofften darauf, dass alle Angehörigen des geflügelten Volkes eines Tages vom Himmel fallen würden.
    Sie und die Holkotanen hatten nicht mehr viel gemeinsam. Die Abspaltung zwischen den beiden Völkern war Äonen her. Man suchte längst nicht mehr nach den Gemeinsamkeiten, sondern nach Unterscheidungsmerkmalen.
    Hahlet fand kaum Gesprächspartner, um sich über dieses Thema auszulassen. Nur zu gern hätte er erfahren, was damals geschehen war, als die Reikki Flügel bekamen und sich sowohl körperlich als auch territorial von den Vorfahren der Holkotanen abspalteten und eigene Wege gingen – oder flogen.
    Wer hatte ihnen die Flügel gegeben?
    Mancher glaubte an genetische Experimente der Vorfahren. Damals, als sie noch zu den Sternen reisten; Jahrhunderte bevor sie der Technik abgeschworen hatten. Andere hielten es für ein Geschenk von Wesen, die länger lebten als die Sonne. Wiederum andere nannten es schlicht Evolution.
    Der Reikki landete auf dem Kontaktplatz, wo Mishkus, sein Kontakter, ihn bereits erwartete.
    »Willkommen, Flügelmann. Waren dir die Winde gnädig gestimmt?«, fragte der klein gewachsene, füllige Mann.
    Hahlet hatte in Erfahrung gebracht, dass Mishkus seit gleich vielen Sonnenläufen lebte wie er. Dies war erstaunlich, denn seine ungefiederte Haut sah stumpf und faltig aus, und die Bewegungen wirkten so bedächtig, als wäre Mishkus ein uralter, klappriger Greis.
    »Ich wünsche dir einen beschwingten Tag«, antwortete Hahlet.
    »Jaja«, nuschelte sein Kontakter. »Beschwingt und herrlich.«
    Der Holkotane winkte ab, zückte sein Tippbrett. Hahlet kannte diese Marotte bereits. Mishkus war geradezu süchtig nach dem Ding, das ihn unablässig mit Informationen versorgte. Dabei war es fraglich, ob tatsächlich genügend Dinge geschahen in der Welt, die man wirklich wissen musste. Einmal hatte Hahlet gesehen, wie sich Mishkus eine Vorhersage über die Entwicklung des Wetters hatte geben lassen.
    Welch absurde Handlung! Dabei hätte der Bodenläufer nur einmal zum Himmel hinaufblicken und die Beschaffenheit des Windes analysieren müssen. Dann hätte er sich nicht auf spekulative Daten verlassen müssen, sondern hätte gewusst, welche Wetterlage gerade herrschte und was sie in den nächsten Stunden bringen würde.
    Jeder Mann und jede Frau des geflügelten Volkes kannte die Zeichen der Natur.
    »Was gibt es Neues, mein bodengebundener Freund?« Hahlet stupste Mishkus mit der Spitze seines Flügelarms in den weichen Bauch.
    »Lass das!«, schimpfte der kleine Dicke. »Davon bekomme ich blaue Flecken!«
    Hahlet trillerte eine fröhliche Melodie. Herrlich, wie Mishkus sich über derlei Kleinigkeiten echauffierte!
    »Also?«
    Mishkus rümpfte voller Missmut die Nase, aber Hahlet sah, wie es in seinen Augen unternehmungslustig funkelte. Sein Kontakter schien einen guten Tag zu haben – zumindest für einen Bodenläufer.
    »Die Sternenreisenden werden ungeduldig«, erklärte er, während er in Richtung der Sammelstellen trottete. »Sie wollen mehr von den Hyperkristallen, wie sie die Edelsteine nennen. Sie vermuten in eurem Gebirge reichliche Vorkommen. Kannst du deinen Stammesvater nicht endlich überreden, den Sternenreisenden das Gebiet zu überlassen? Es ist doch, soweit ich weiß, schroff und unwirtlich. Was nützt es euch, die Fremden nur in kleinen Gruppen dort schürfen zu lassen?«
    »Du solltest dich etwas mehr mit der Geschichte unserer Ahnen auseinandersetzen, Mishkus. Ungeduld, Gier, Völlerei – das waren die Gründe, weshalb wir nicht mehr zu den Sternen reisen wollten. Weshalb wir die Geburten streng reglementieren. Im Gegensatz zu einem anderen Volk dieser Welt haben wir aus unseren Fehlern gelernt.«
    Mishkus winkte ab. »Ihr seid diejenigen, die immer höher hinauswollen.«
    »Ihr seid sonst immer so fürchterlich ängstlich«, gab Hahlet zurück. »Weshalb begegnet ihr den Sternenreisenden nicht mit ein wenig mehr Skepsis?«
    Mishkus öffnete den Mund, aber Hahlet kam ihm zuvor. »Ich sage es dir: weil sie euch gut bezahlen, eure bronzenen Türme instand halten, damit ihr weiterhin gemütlich dahinvegetieren könnt!«
    Mishkus' Miene
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