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Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)

Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)

Titel: Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
Autoren: Ben Coes
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Hass auf die Kleingeister, die ihn aus der Delta Force vertrieben hatten, aus den Streitkräften, aus dem Land, das er liebte. Er konnte all das inzwischen ausblenden – die Erinnerungen und alles, was mit der Geschichte zusammenhing.
    Das Öl hatte ihn gerettet. Das Öl und der brutale, anonyme Darwinismus, der das Leben auf einer Bohrinsel ausmachte.
    Mit dem schwieligen rechten Zeigefinger rieb er über das winzige Schwarz-Weiß-Gesicht des Jungen auf dem Foto. Er hielt den Rahmen dicht ans Gesicht, wenige Zentimeter vor seine Nase. Damals war Robbie so jung gewesen. So vollkommen. Er liebte Robbie mehr als alles andere in seinem Leben. Er erinnerte sich daran, wie er seinen Sohn immer gehalten hatte, das Köpfchen auf dem Arm und die Beine in der Hand. Dewey schloss die Augen. Fast glaubte er, Robbies Gegenwart zu spüren.
    Mit der anderen Hand nahm er die Flasche, trank noch einen Schluck und setzte sie ab. Er ging auf die andere Seite des kleinen Büros, stellte die Flasche auf den Schreibtisch und setzte sich auf den Stahlrohrstuhl. Das grobkörnige Foto hielt er immer noch vor sich und starrte es an. Während er die Familie betrachtete, die er einmal besessen hatte, spielte zum ersten Mal seit langer Zeit der Anflug eines Lächelns um seine Mundwinkel. Erneut schloss er die Augen und versuchte, sich zu erinnern. Es war alles so lange her; es fiel ihm schwerer und schwerer, die Erinnerungen hervorzuholen.
    Plötzlich hörte er von draußen Lärm. Schreie. Er stand auf, lief den Korridor zum Deck entlang und öffnete die große Stahltür, die ins Freie führte.
    Seine Männer scharten sich an Deck. Inmitten der Menschenmenge gingen zwei Arbeiter aufeinander los. Der Kampf hatte bereits begonnen. Über 20 Bohrleute standen um die beiden herum und es wurden immer mehr. Das Gebrüll schwoll an, als die Arbeiter die Streithähne anstachelten. Bei einem der beiden handelte es sich um Jim Mackie, einen Bohrmeister, der schon seit Jahren auf Capitana arbeitete. Dewey hatte ihn nach der Zusammenarbeit auf einer Bohrinsel von British Petroleum in der Nordsee angeheuert. Der andere Mann war ein junger Tankerlotse, ein Ägypter namens Serine.
    Mackie und Serine standen sich mit abgewinkelten Schultern gegenüber. Serine blutete aus der Nase und am Kinn. Er hatte das Hemd ausgezogen und seine Muskeln traten wie bei den meisten Arbeitern an Bord deutlich hervor. Auf einmal hielt er ein silbrig glänzendes Messer in der Hand, stieß zu und hinterließ einen tiefen Schnitt an Mackies Oberschenkel. Blut lief an Mackies Bein hinunter auf das rot besprenkelte Deck. Die Menge um die beiden Kämpfenden wuchs immer schneller. Als Dewey das Gedränge erreichte, hatten sich schon mindestens 50 Männer versammelt.
    Dewey zwängte sich durch die Zuschauer in die Mitte. In der vorderen Reihe stieß er auf Widerstand, weil die Männer ihre Logenplätze direkt am Rand des Geschehens behaupten wollten.
    Die Menge wirkte erregt und angespannt, völlig außer sich, weil es offenbar ums Ganze ging.
    Während Dewey sich durchdrängelte, wandte sich ein großer Kerl zu seiner Linken wütend um. Als er sich mit Dewey konfrontiert sah, wich er zur Seite und machte Platz. Der Kerl neben ihm, ein womöglich noch kräftigerer Mann, machte sich gar nicht erst die Mühe, hinzuschauen; er spürte, wie Dewey gegen seinen Arm stieß, und holte aus. Dewey hielt seine schmutzige Faust mit der rechten Hand fest und hämmerte ihm die Linke in einem schnellen, harten Hieb gegen den Brustkasten. Der Mann krümmte sich vor Schmerzen, dennoch gelang es ihm, Dewey einen Schlag in die Magengegend zu versetzen. Dewey zuckte noch nicht einmal zusammen. Seine Linke schoss erneut vor, während seine Rechte nach wie vor die Faust des Arbeiters umschloss. Der Schlag traf punktgenau, brach dem Kerl die Nase und ließ ihn endgültig zu Boden gehen.
    Das Gejohle wurde lauter. Serine hatte erneut einen Treffer gelandet und Mackie die Wange aufgeschlitzt.
    Aber auch Serine machte einen angeschlagenen Eindruck. Seine Nase war übel zugerichtet, sein linker Arm, der schief herabbaumelte, eindeutig gebrochen. Aus Serines linkem Ohr tropfte Blut – eine Kopfverletzung, die ihn benommen wanken ließ, wenn er sich bewegte.
    Dewey hatte schon vor langer Zeit begriffen, dass man Schlägereien am besten ungehindert ihren Lauf ließ. Besser, die Spannungen auf der Plattform wurden gleich ein für alle Mal beigelegt, als dass ein Konflikt schwelte, um später ungleich heftiger
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