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Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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austauschen und alles wieder herrichten musste.
    Meine Tante Emilie pflegte zu sagen, der erste Crêpe aus der Pfanne sei für den Hund. Jeder, der einmal Crêpes gemacht hat, wird bestätigen, dass der erste Versuch selten wie gewünscht ausfällt. Die Pfanne ist entweder zu heiß oder zu kalt, oder man hat zu viel oder zu wenig Fett genommen.
    Leider kann man diese Maxime meiner Tante auch auf Laminierungen anwenden. Zu viel Hitze, und das Plastik wirft Blasen. Zu wenig, und die eine Gelegenheit, die perfekte Versiegelung zu erreichen, ist dahin. Wenn man es mit Pässen zu tun hat, bleibt leider wenig Gelegenheit zum Üben.
    Da ich wusste, wie heikel der erste Versuch sein würde, hatte ich mich entschieden, mich zuerst um meinen Pass zu kümmern. Sollte eines der Dokumente unbrauchbar werden, dann besser meins. Es gab viele Orte in Europa, an denen ich mich ohne Papiere bewegen konnte, und viele alte Freunde, die mir alles Nötige besorgen würden. Graça hingegen benötigte eine gute neue Identität, da sie auf sich allein gestellt sein würde.
    Ich sprach ein schnelles Gebet, legte meinen Pass flach auf den Arbeitstisch, bedeckte ihn mit einem Kissenbezug aus Baumwolle und drückte das vorgeheizte Bügeleisen darauf. Ich zählte bis sechzig und zog den Kissenbezug zurück. Nicht perfekt, aber es dürfte reichen. Die Druckschrift war deutlich zu lesen, Strukturen und Siegel passten. Nur der Name war noch nicht meiner, aber das würde nicht mehr lange dauern. Zufrieden legte ich das Dokument beiseite, stellte das Bügeleisen ein wenig heißer und bereitete Graças Pass vor.
    Wir würden verschwinden, sagte ich mir, nur darauf kam es an. Blieb nur die Frage, was wir mit Valsamis anfangen sollten. Ich bin kein rachsüchtiger Mensch. Zu oft habe ich erlebt, dass Vergeltung nichts bringt und von der Justiz keine Gerechtigkeit zu erwarten ist.
    Valsamis hatte Rahim und Lucifer getötet, dafür hasste ich ihn. Ob er von dem Mord an meiner Mutter gewusst hatte oder nicht, er trug auf jeden Fall die Verantwortung. Genau wie Kanj. Genau wie sie selbst. Und doch konnte ich ihn nicht wirklich verurteilen. Das musste er schon selbst erledigen.
    Ich drückte das Bügeleisen auf Graças Pass, lehnte mich mit meinem ganzen Gewicht darauf und zählte die Sekunden. Wenn es überhaupt eine Hoffnung gab, dann die, mit unseren eigenen Entscheidungen leben zu können.
     
    Als Sproul endlich eintraf, war die Gruppe schon von der Bar in den Speisesaal des Commodore gewechselt. Er war frisch geduscht. Das Haar war noch feucht, das Gesicht glatt rasiert, aber er wirkte blass und müde. Nicht ganz auf der Höhe, dachte Valsamis und war enttäuscht, dass Sproul allein gekommen war. Kanjs Zettel wog schwer in seiner Tasche, und er sehnte sich verzweifelt danach, die Informationen endlich weiterzugeben und nach Hause zu gehen.
    Sproul setzte sich auf den letzten freien Stuhl ganz am Ende des Tisches und wurde von einem der Kellner wie ein alter Freund begrüßt. Sproul war unter den Mitarbeitern des Hotels eine kleine Berühmtheit, wie fast überall in der Stadt. Er kannte alle Kellner mit Namen, ebenso die ihrer Frauen und Kinder. Jeder wirklich gute Agent arbeitete auf diese Weise, aber Sproul schien es ohne Hintergedanken zu tun. Die beiden plauderten kurz, dann brachte der Kellner ihm etwas zu trinken.
    »Es sind die gottverdammten Araber«, sagte Jack Bentley, der jetzt nahe bei Valsamis saß, so nahe, dass Valsamis den Gin in seinem Atem riechen konnte. »Gib ihnen eine Waffe, und sie schießen sich in den Fuß.«
    Das Gespräch drehte sich um den erst vor einer Woche geplatzten und von den Amerikanern gestützten Plan, in Jordanien eine neue palästinensische Heimstatt zu gründen. Wie zu erwarten, war die Idee an den Spannungen zwischen Arafat und Hussein gescheitert.
    Sie hatten diese Diskussion schon oft geführt, doch Valsamis hatte sich nie sonderlich dafür interessiert. Er hatte keinen Sinn darin gesehen, die Palästinenser aus dem Libanon nach Jordanien umzusiedeln. Es schien bestenfalls eine Notlösung zu sein. Nun aber versuchte er, Sprouls Worten zu folgen und dessen Aufmerksamkeit zu erlangen, weil er ihn fragen wollte, ob der Chief schon unterwegs sei.
    »Bei den Israelis wissen wir wenigstens, woran wir sind«, warf ein junger Agent aus Istanbul ein.
    Allgemeine Zustimmung, doch Valsamis merkte, dass Sproul den jungen Mann missbilligend anschaute. Er war noch grün hinter den Ohren, kam frisch von der Ausbildung und

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