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Portland Head Light

Portland Head Light

Titel: Portland Head Light
Autoren: Mathilda Grace
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beziehungsweise auf den Teil, den er kannte. Angefangen vom uralten Fred samt Anna an der Hand, hin zu Franklin und zuletzt war ihm auch noch Melissa über den Weg gelaufen, die zwar umwerfend Brot backen konnte, aber leider auch die Klatschbase der Stadt war. Das war der Nachteil an Kleinstädten. Jeder kannte jeden und Neuigkeiten, egal welcher Art sie waren, verbreiteten sich schneller als die Polizei erlaubte, was auch auf seinen 'Unfall' zutraf.
    Maggie kam hinter der Kasse hervor und baute sich vor ihm auf. „Weißt du, wenn ich das sagen würde, mit meinen gerade mal 1,60 m an Körpergröße, und dabei so ein Veilchen im Gesicht hätte wie du, würde irgendwer die Cops rufen, weil man denken würde, Kyle hätte mich verprügelt. Bei dir mit deinen knappen 1,90 m zieht das aber nicht. Also? Was ist passiert?“
    Normalerweise hätte er einfach das Blaue vom Himmel gelogen, nur um nicht die peinliche Wahrheit gestehen zu müssen, aber das würde Maggie ihm mit Sicherheit sehr übelnehmen, so besorgt wie sie ihn und sein Veilchen zurzeit musterte. Dominic seufzte und gab nach. „Die Spinne war schuld.“
    Maggie runzelte die Stirn. „Eine Spinne?“
    „Ja, die auf Andrews Speicher. Ich habe sie erst gesehen, als das riesige Biest schon auf meiner Schulter saß und ich hasse Spinnen. Und... na ja... bei dem Versuch sie loszuwerden, bin ich gegen die Tür gerannt.“ Maggies Mundwinkel begannen verdächtig zu zucken. „Erzähl' das bloß nicht Kyle.“
    „Zu spät“, meinte der plötzlich hinter ihm und Dominic stöhnte auf. Im selben Moment fingen die Zwei an zu lachen. Na super.
    „Ich kann euch gerade überhaupt nicht leiden“, murrte er und kam doch nicht um ein Grinsen herum, als Maggie ihn unterhakte und mit sich durch die Gänge zog, direkt auf die Weihnachtsdekoration zu, dabei immer noch lachend.
    „Anna hat mich natürlich schon angerufen und es mir erzählt, aber ich konnte einfach nicht anders, als dich zu necken. Außerdem kann ich Spinnen auch nicht leiden, Willkommen im Club also.“ Sie ließ von ihm ab, stemmte beide Hände in die Seiten und sah ihn fragend an. „So! Was brauchst du denn?“
    Dominic sah ratlos auf die Kugeln, Sterne, Holzpyramiden, Rahmen mit Kerzen für das Fenster, Lichterbögen und Unmengen von Glitzer- und Kleinkram. „Alles? Andrew hatte nur eine alte Holzpyramide auf dem Speicher, die ich aber erstmal in Schuss bringen muss.“
    „So eine große?“, überlegte Maggie. „Drei Stockwerke und eine Art tanzender Engel obendrauf?“
    „Ja, genau“, nickte Dominic verwundert. „Du kennst sie?“
    „Hm“, machte Maggie zustimmend und lächelte dabei wehmütig. „Die hat seiner Frau gehört. Nachdem sie starb, hat er sie leider nicht mehr aufgestellt.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Sag' mir Bescheid, wenn du für die Pyramide irgendwelche Ersatzteile brauchst. Sie ist zu schön, um nicht wieder benutzt zu werden. Aber erstmal kümmern wir uns jetzt darum, dass dein Haus bald weihnachtlich aussieht.“

- 2. Kapitel -

    Mein geliebter Sohn,
    man sollte doch annehmen, dass Menschen ab einem gewissen Alter mit genügend Verstand gesegnet sind, um zu wissen, wann sie Fehler machen. Allerdings sieht die Realität diesbezüglich ziemlich lasch aus. Die meisten Menschen haben zwar den Verstand, machen aber mit Begeisterung ständig kleine und auch große Fehler und nennen ihre Unfähigkeit dann 'Erfahrungen sammeln'. Ich nehme mich davon nicht aus, im Gegenteil. Fehler habe ich genügend gemacht, aber ich habe wenigstens den Schneid mir selbst einzugestehen, dass ich Blödsinn veranstaltet habe und immer noch veranstalte.
    Ich weiß nicht mehr genau, wann mir das zum ersten Mal bewusst geworden ist, aber ich weiß, wann ich den Punkt überschritt, an dem ich mich nicht mehr länger mit meiner Unfähigkeit herausreden konnte, wie die meisten anderen Menschen es ihr ganzes Leben lang tun. Bin ich zynisch geworden mit der Zeit? Ja, wahrscheinlich. Ziemlich sicher sogar. Wer sein Leben hinter verschlossenen Türen und mit Eisengittern vor den Fenstern verbringt, wie ich es tue, wird irgendwann entweder zynisch oder verrückt. Da mir Letzteres bereits vor Jahren als Diagnose gestellt wurde, muss ich mich wohl auf den Zynismus berufen.
    Es ist nicht immer leicht, diesen Zynismus stecken zu lassen, um sich keine Feinde zu machen. Davon habe ich auch hier genug. Die Pfleger sind böse zu mir, wenn ich meine Pillen nicht nehmen will. Dabei frage ich mich, was so falsch daran ist,
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