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Poppenspael

Poppenspael

Titel: Poppenspael
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Kreiskrankenhaus. Da bleibt sie,
solange der Fall nicht geklärt ist.«
    »Kann ich sie
dort noch sehen?«
    »Natürlich,
wenden Sie sich an mich, ich werde dafür sorgen, dass es
problemlos geht«, verspricht Swensen, gibt seine Handynummer
durch und beendet das Gespräch. Er geht weiter zur
Norderstraße hinauf, nimmt die kleine Gasse hinter der
Marienkirche und bleibt vor dem Zeitungsständer des kleinen
Tabakladens in der Süderstraße stehen, weil ihn die
Fotos der drei Mordopfer auf der Titelseite der Husumer Rundschau
ins Auge stechen. Spontan kommt ihm die Idee, die Bilder dem
Personal an der Hotelrezeption zu präsentieren. Er geht in den
Laden, kauft eine Zeitung und geht weiter zum Haupteingang des
Hotels ›Altes Gymnasium‹.
    Der Mensch lebt in
einem Paradox, überlegt Swensen, als er die Lobby betritt.
Sich für das Böse zu entscheiden, beruht auf der gleichen
menschlichen Freiheit wie mein Wille, das Böse zu
bekämpfen.
    »Die Taten sind
das Eigentum der Wesen, die Taten sind ihre Erbschaft, die Taten
sind ihr Ursprung«, hört er die Stimme seines Meisters
eine Weisheit Buddhas sagen.
    Willst du das hier
jetzt wirklich allein durchziehen, holt seine innere Stimme ihn ins
Hier und Jetzt zurück. Ein Mörder kann sich verhalten wie
ein angeschossenes Tier.
    »Kripo
Husum«, stellt er sich der Frau hinter der Rezeption vor und
deutet mit dem Finger auf das Zeitungsbild von Hanna Lechner.
»Haben Sie diese Frau vielleicht in den letzten Tagen hier im
Hotel gesehen?«
    Die Frau nimmt die
Zeitung in die Hand, schüttelt den Kopf und bittet den
Hauptkommissar, kurz zu warten. Wenig später kommt sie mit
einer Kollegin zurück.
    »Also, ich kann
mich an die Frau erinnern«, bestätigt diese,
»ziemlich gut sogar. Das ist gar nicht so lange her, letzten
Samstag war sie hier.«
    »Und Sie haben
das Bild nicht vielleicht nur in der Zeitung
gesehen?«
    »Nein, die war
hier, ganz sicher. Ich weiß das so genau, weil es schon sehr
spät war, nach 23 Uhr. Sie hat sich nach Herrn Šemik
erkundigt und wurde von dem auch empfangen.«
    »Dann würde
ich gern mit Herrn Šemik sprechen. Welche Zimmernummer hat
der bitte?«
    »Herr
Šemik hat gerade vor fünf Minuten ausgecheckt. Der
müsste Ihnen eigentlich direkt über den Weg gelaufen
sein.«
    Ein Blitz fährt
in Swensens Körper, schaltet seine Gedanken aus und bringt
seine Beine wie von selbst in Bewegung. Es ist, als würde er
willenlos auf den Ausgang zu katapultiert. Die Glasflügel der
Schiebetür bremsen ihn einen kurzen Moment aus, ein Verharren,
bis sie sich schwerfällig öffnen, und er stürzt
hinaus auf den Parkplatz. Das Gelände vor seinen Augen liegt
wie ein entleerter Raum vor ihm, nichts darin bewegt sich. Rechts
oder links? Der Hauptkommissar entscheidet sich spontan für
die rechte Seite. Die richtige Entscheidung, stellt er sofort fest.
Als er um die Ecke des Bachsteingebäudes sehen kann, sieht er
am hintersten Rand des Parkplatzes einen Mann mit Ziehkoffer, der
an der geöffneten Schiebetür eines schwarzen
Mercedes-Kleintransporters steht. Es ist Šemik. Swensen
greift ohne nachzudenken unter die Jacke, öffnet das Holster,
zieht die Dienstwaffe heraus und hastet dem Mann hinterher. Er ist
keine drei Meter mehr von ihm entfernt, als der Puppenspieler
offenbar seine Nähe spürt und herumfährt.
Ungläubig starrt er auf die Waffe, die der Hauptkommissar in
der Hand hält und am ausgestreckten Arm auf ihn
anlegt.
    »Kripo Husum,
bevor Sie die Stadt verlassen, möchte ich von Ihnen noch ein
paar Fragen beantwortet haben, Herr Šemik!«
    »Und mit der
Waffe wollen Sie mich dazu zwingen, wenn ich es nicht freiwillig
mache?«, fragt der Puppenspieler trocken, ohne nur im
Geringsten die Fassung zu verlieren.
    »Natürlich
nicht«, entgegnet Swensen spontan und lässt verlegen den
Arm mit der Pistole sinken.
    »Mache ich den
Anschein, dass ich Ihre Fragen nicht beantworten würde, Herr
Kommissar?«
    »Nein, Herr
Šemik, ich wollte nur …«
    »Scheint
zumindest dringend zu sein. Sie sind ja ganz aus der
Puste.«
    »Es geht um den
Brief von Frau Lechner! Meinem Kollegen haben Sie erzählt, Sie
hätten ihn nie erhalten, oder?«
    »Da hat Sie Ihr
Kollege richtig informiert!«
    »Dann
können Sie sicherlich auch aufklären, was Frau Lechner am
letzten Samstag von Ihnen gewollt hat?«
    »Sie wollen mich
nur bluffen, oder?«
    »Keineswegs,
Herr Šemik, die Dame an der Rezeption hat Frau Lechner
wiedererkannt. Also, was sagen Sie dazu?«
    »Nun ja,
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