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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin
Autoren: David Eddings
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Garion fand das alles sehr spaßig, ich dagegen weniger. Ich wagte kaum an den Tag zu denken, an dem er laufen lernen würde, und zog ernsthaft die Anschaffung einer Leine in Erwägung.
Die Erntezeit ist der arbeitsreichste Teil des Jahres auf einem Bauernhof, und meine Küche machte da keine Ausnahme. Bitte nehmt zur Kenntnis, daß ich sie jetzt meine Küche nennen konnte. Frau Nalas Beine wollten nicht mehr, und so verließ sie uns und verlebte den Rest ihrer Tage bei ihrer jüngsten Tochter am Nordufer des Medaliasees. Wie dem auch sei, Faldors Landarbeiter brauchten während der Ernte vier Mahlzeiten am Tag, was mich und meine Helferinnen vom ersten Tageslicht bis mehrere Stunden nach Sonnenuntergang auf Trab hielt. Ich glaube, alle hier waren froh, als der letzte hoch mit Rüben beladene Wagen von den Feldern auf den Hof rollte.
Und dann, nachdem die Ernte eingebracht war und das Laub von den Bäumen zu fallen begann, kam ein umherziehender Geschichtenerzähler auf den Hof, um ein paar Mahlzeiten aus Faldor herauszuholen. Er war ein schäbig gekleideter alter Halunke mit geflickten Schuhen und einem Hanfstrick anstelle eines Gürtels. Haar und Bart waren weiß und kurz geschoren, und er hatte Leim an den Fingern. Er muß Leim an den Fingern gehabt haben, denn alles, was er anfaßte, blieb an seinen Händen kleben und verschwand. Natürlich hatte ich gewußt, daß er kam, da ich seine vertraute Präsenz schon gespürt hatte, als er noch fünf Meilen von Faldors Hof entfernt war.
Nein, ich habe nicht mit dem Gedanken gespielt das Tor zu verriegeln. Nun ja, jedenfalls nicht ernsthaft.
Meine Ziege erkannte ihn natürlich sofort und sprang leichtfüßig über ihr Stallgatter, um ihn mit heftig wackelndem Schwanz zu begrüßen. Er lächelte und kraulte ihr die Ohren, und dann fragte er Durnik den Schmied, wo er ›den Besitzer dieses feinen Hofs‹ finden könne.
Er stellte sich Faldor als ›größter Geschichtenerzähler von Sendarien‹ vor, was, wie ich heute meine, durchaus der Wahrheit entsprochen haben mag, und dann zog ihn meine Küche mit all ihren Speisen und Getränken magisch an. Er ließ seinen nicht zu unterschätzenden Charme spielen und unterhielt meine Gehilfinnen, während wir das Essen vorbereiteten. Er bemühte sich den Eindruck zu erwecken, als versuche er sich bei mir einzuschmeicheln, indem er mit Garion spielte und dazu seine beiläufigen Diebereien vorübergehend sein ließ. Ich achtete darauf, ihn nicht zu offensichtlich zu beobachten, erhaschte aber doch einen flüchtigen Blick auf die Tränen, die ihm ein oder zweimal in die Augen traten, als er seine ›Killekille, hihihi‹Spielchen mit dem Kleinen trieb. Meine Gefühle für den alten Wolf wurden an diesem Punkt merklich sanfter. Obwohl er es nicht zu zeigen versucht, hat Vater eine sentimentale Ader.
Er bezahlte für sein Abendessen an jenem Tag, indem er uns nach der Mahlzeit Geschichten erzählte. Den lautesten Beifall erhielt die Geschichte mit dem Titel ›Wie Belgarath und seine vier Gefährten den Orb Aldurs vom Einäugigen Gott der Angarakaner zurückstahlen‹. Die Landarbeiter gerieten völlig aus dem Häuschen bei dieser Mär. »Mein Freund«, sagte Faldor am Ende der Geschichte, »das war über die Maßen erstaunlich! Ihr habt die Geschichte beinahe erzählt, als wärt Ihr selbst dabeigewesen.«
Ich hatte in dem Moment gewisse Probleme, eine ernste Miene zu bewahren. Ich gebe jedoch zu, daß Vater, wenn er es wirklich darauf anlegt, ein Publikum stundenlang in seinen Bann schlagen kann. Er wird es scheinbar nie müde, den Klang seiner eigenen Stimme zu hören.
Dann, nachdem Faldor und seine Knechte zu Bett gegangen waren und ich meine Küchengehilfinnen ins Bett gescheucht hatte, waren Vater, Garion und ich alleine in der Küche. Ich blies die Lampen bis auf eine aus, die meine Küche in ein warmes Dämmerlicht tauchte. Ich legte ein paar Sachen für das morgige Frühstück heraus, und Vater saß in einer Ecke und hielt den schlafenden kleinen Jungen auf dem Schoß.
Ich bekam eine flüchtige Bewegung an der Küchentür mit und drehte mich rasch um. Es war meine kleine Ammenziege, und ihre goldenen Augen glühten im Dunkeln. »Du«, befahl ich ihr, »geh wieder in den Stall, wo du hingehörst.«
»Ach, laß sie doch, Pol«, verteidigte Vater sie. »Sie ist doch gewissermaßen ein Familienmitglied.«
»Seltsame Vorstellung«, murmelte ich. Dann schaute ich ihm unverwandt ins Gesicht. »Also, alter Wolf«, sagte ich mit ruhiger
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