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Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Titel: Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3
Autoren: Katja Henkel
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Ding, oder?« Als sie sich umdrehte, verschwanden Handys und Nagellacke und Blasrohre wie durch ein Wunder unter Tischen und in Taschen. »Nun fragt ihr euch bestimmt, wozu. Was denkt ihr?« Sie ließ den Blick über die Klasse schweifen, bis er auf Luna landete. »Also, wozu, Luna?«
    Â»Mmmm, äh, hmmm«, sagte Luna. Und murmelte dann in Richtung von Suse und mir: »Wieso weiß die das denn nicht selbst? Sie ist doch hier die Lehrerin!«
    Ich musste mich schwer zusammenreißen, um nicht loszuprusten.
    Â»Wie war das?«, fragte Schlucki. »Kannst du das wiederholen, Luna? Ich habe dich leider nicht verstanden.«
    Superbrain Suse, die neben mir saß und nicht mal von ihrem Manga aufguckte, sagte Luna leise vor: »Das Männchen klammert sich am Weibchen fest, um im Wasser nicht abzurutschen.«
    Luna wiederholte die Antwort laut und deutlich, dann drehte sie sich mit großen Augen zu Suse um. »Echt jetzt? Wow.«
    Â»Leute, bitte!« Schlucki seufzte. »Ich weiß, dass ihr alle möglichst schnell in die Ferien wollt. Ich übrigens auch! Aber guckt mal auf die Uhr. Eine halbe Stunde ist nun mal eine halbe Stunde. Und die müsst ihr jetzt schon noch durchhalten.«
    Eine halbe Stunde ist nun mal eine halbe Stunde? Blödsinn. Nach allem, was ich die letzten Wochen erlebt hatte, wusste ich es besser. Ich grinste, während sich schon ein Plan in meinem Kopf formte. Ich meine, wozu hatte ich schließlich diesen Hammer-Ring? Mit dem ich die Zeit steuern konnte?
    Als es zum ersten Mal passierte, wohnte ich noch in New York. Den Ring hatte ich zu meinem dreizehnten Geburtstag bekommen, und als ich ein bisschen an ihm rumspielte, froren alle um mich herum plötzlich mitten in der Bewegung ein. Ich dachte, die Welt geht unter. Dann dachte ich, ich bin tot, und etwas später dachte ich, alle anderen sind tot, denn nur ich konnte mich noch weiterbewegen. Als würde ich durch ein riesengroßes 3-D-Foto latschen. Deswegen habe ich den anderen mitten ins Gesicht geschrien und sie angerempelt und sie an den Haaren gezogen. Nix. Nichts und niemand rührte sich. Da habe es so richtig mit der Angst zu tun bekommen.
    Denn ich dachte, dass jetzt alles immer so bleiben würde – ich als einziges lebendiges Wesen auf der Welt zwischen diesen ganzen in ihrer letzten Bewegung eingefrorenen Zombie-Menschen und -Tieren?
    Ich weiß nicht, wie lange die Zeit beim ersten Mal erstarrt war, es kam mir jedenfalls wie eine Ewigkeit vor. Irgendwann hockte ich mich auf den Boden und brach in Tränen aus. Und da – schnipp – lief plötzlich das Leben wieder ganz normal weiter wie sonst auch. Und außer mir hatte niemand etwas davon mitbekommen.
    Es dauerte noch etwas, bis ich kapierte, dass es an meinem Ring lag. Also, dass ich mit meinem Ring die Zeit anhalten konnte. Und die nächsten Male habe ich dann auch immer nichts anderes getan, als leicht panisch darauf zu warten, dass es wieder schnipp machte. Aber nach einiger Zeit begann ich herumzuprobieren.
    Beim Mittagessen mit meinem Vater habe ich eines Tages einen Schluck von seinem Kaffee getrunken, was bei uns streng verboten ist. Kaffee frühestens ab sechzehn, sagt er immer. (Und ich kann nur sagen, von wegen! Frühestens ab sechzig, wenn die Geschmacksnerven schon ein bisschen ausgeleiert sind, denn eins steht fest: Kaffee riecht Trillionen Mal besser, als er schmeckt!)
    Jedenfalls habe ich mich vor lauter Angst, irgendwas könnte schiefgehen oder zeitlich verrutschen, anfangs nicht von der Stelle bewegt, ich blieb sitzen und stehen, wo ich war, wenn der Zeitenzauber begann. Habe in Mathe von meinem Nachbarn abgeschrieben, mir in aller Ruhe im Psychologieunterricht die Haare gemacht, wenn ich morgens nicht genug Zeit gehabt hatte, oder in der Schulcafeteria unbemerkt meine (ekligen) Karotten auf den Teller einer Freundin geschaufelt. Später dann habe ich mich getraut, selbst in die Küche zu marschieren und mir noch eine zusätzliche Portion Pommes zu holen.
    Inzwischen gehört Zeitanhalten zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, wenn es ginge, würde ich tagelang in diesem 3-D-Foto wohnen, das ganz allein mir gehört, und tun und lassen, was mir gerade in den Sinn kommt. Aber leider habe ich keinen Einfluss darauf, wie lange der Zauber anhält. Bisher hat es nie länger als vielleicht zwanzig Minuten gedauert … gefühlt zumindest, denn ich kann das ja nicht
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