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Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Titel: Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3
Autoren: Katja Henkel
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verzichten. Und nicht nur das, ich glaube sogar, dass ich besser ohne dran bin.
    Weil ich nämlich nicht an Happy Ends glaube. 3 Mein Vater ist seit dem Tod meiner Mutter allein und Tante Emmi hat bis jetzt überhaupt noch nie einen Mann oder Freund gehabt, zumindest soweit ich weiß.
    Sie konzentrierte sich wieder auf ihren Schatz. »Ich muss schon sagen, hier in Deutschland ist es hundert Mal einfacher, an alten Schmuck zu kommen, als in Amerika. Das ist ja unglaublich.« Sie überlegte einen Moment. »Vielleicht wäre es eine gute Geschäftsidee, den Schmuck hier einzukaufen und dann in Amerika wieder zu verkaufen. Dort sind die Leute nämlich bereit, mehr dafür zu bezahlen.« Sie legte einen Finger an ihre Unterlippe und wackelte mit den Augenbrauen. »Hm, gar keine schlechte Idee! Das wäre doch lustig, ich wäre einen Monat hier und einen Monat in New York. Herrlich!«
    Und wieder steckte der doofe Kieselstein, den ich gerade erst losgeworden war, in meinem Hals. »Ja, ganz tolle Idee«, murmelte ich. »Und was soll ich dann machen?«
    Â»Was meinst du?«
    Â»Na ja, ich muss vielleicht in die Schule? Jeden Tag? Und kann nicht einfach so durch die Weltgeschichte fliegen und einen Monat mal hier und den anderen dort sein!«
    Â»Natürlich nicht. Aber du bist doch schon so verantwortungsbewusst und kannst dir dein Pausenbrot selbst schmieren.« Sie lächelte mich an.
    Ich verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sie düster.
    Â»Ach komm, Marlischätzchen, schau nicht so böse. Ich will dich doch nur aufziehen.«
    Â»Haha«, sagte ich und ärgerte mich über mich selbst. Das mit dem Kieselstein ging mir nämlich ziemlich auf die Nerven. Weil ich bis vor Kurzem vor nichts und niemandem Angst hatte – und Sorgen hab ich mir auch nie gemacht. Wozu? Sich Sorgen machen ist wie ein Schaukelstuhl, sagt mein Papa, man ist zwar beschäftigt, aber man kommt nicht voran.
    Und das stimmt. Deswegen finde ich dieses Kieselstein-Gefühl ja auch so bescheuert.
    Tante Emmi zog mich in die Arme. »Tut mir leid«, sagte sie und drückte ihre Wange an meine. »Ich gehe nirgendwohin, versprochen! Jedenfalls nicht ohne dich.«
    Ach, und das sollte ich glauben? Wenn eine genau weiß, wie leicht Versprechen gebrochen werden können, dann ja wohl ich. Mein Dad zum Beispiel, der hatte vor zwei Jahren versprochen, dass wir für immer in New York bleiben würden, und dann plötzlich bekam er Heimweh oder was weiß ich und änderte seine Meinung. Und behauptete auch noch, dass es vor allem für mich gut wäre, wieder nach Deutschland zurückzukommen, von wegen Wurzeln und allem. Und dann – dann ist er nicht mal mitgeflogen.
    Manchmal kann ich es gar nicht glauben, dass ich wirklich erst vor zweieinhalb Monaten im Flugzeug von New York nach Deutschland gesessen habe. Es kommt mir eher vor, als wäre es schon eine Ewigkeit her. Oder sogar in einem anderen Leben gewesen. Tante Emmi war beim Start total aufgeregt gewesen, weil sie nicht gerne fliegt. Später hatte sie sich einen Tomatensaft bestellt und kräftig Salz und Pfeffer reingestreut. Warum, war mir ein Rätsel, ich hatte sie noch nie zuvor Tomatensaft trinken sehen. Auf der anderen Seite neben mir hätte Papa sitzen sollen, aber der hatte überraschend einen Auftrag angenommen (Filmmusik für einen Blockbuster-Film) und deswegen seinen Flug nach Deutschland kurzerhand verschoben.
    Im Flugzeug, irgendwo im Bauch unter unseren Sitzen, war mein prall gefüllter Koffer mit Dingen, auf die ich keineskeinesfalls verzichten kann. (Das Übergepäck musste Papa zahlen, er war es ja schließlich gewesen, der zurück nach Deutschland wollte, nicht ich.) Und noch weiter unter uns, auf dem Atlantik, kreuzt irgendwo ein Containerschiff herum, das einige unserer Möbel nach Deutschland brachte, was aber drei Wochen dauern sollte. Drei Wochen! So lange konnte ich auf meine Freerunning-Schuhe (blaue Feiyues), verschiedene Mützen und Kappen und so weiter auf gar keinen Fall verzichten. Genauso wenig wie auf die sieben Tüten Marshmallows und mein Spezialhaargel, das die besten Tollen aller Zeiten formt.
    Das alles und viel mehr hatte ich also in meinen nigelnagelneuen Riesenkoffer gepackt, auf den ich besonders stolz war. Denn im Falle eines Absturzes könnte er sogar schwimmen, hatte der Verkäufer behauptet. Tante Emmi hatte auch so einen.
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