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Plattenbaugefühle: Jugendroman

Plattenbaugefühle: Jugendroman

Titel: Plattenbaugefühle: Jugendroman
Autoren: Jannis Plastargias
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das Mehl?«, fragt er mich, während er Butter und Milch aus dem Kühlschrank holt. »Für die Bechamel-Soße«, erklärt er. Ich öffne mehrere Schubladen und Einbauschranktüren und finde nach langem Suchen endlich das Mehl. Das tiefgekühlte Hackfleisch lässt er in der Mikrowelle auftauen, ich wusste noch nicht einmal den Knopf dafür. Danny weiß, was er da tut. Wie Fabian damals. Mein Sinn fürs Kochen ist etwas unterentwickelt. Vor allem ist Danny genauso chaotisch wie Fabian und verdreckt die Küche in großem Ausmaße. Ich spüle bereits ein paar der Kochutensilien, während er Hackfleisch, Gemüse und Bechamel schichtet. Seine Handgriffe sehen sicher aus und die Lasagne wird bald in den Backofen geschoben.
    »Sag mal, kann man bei euch irgendwo rauchen?«
    »Auf dem Balkon«, antworte ich.
    Wir sitzen da, die Sonne scheint. Er zieht genüsslich an seiner Kippe – und mir geht es blendend in seiner Anwesenheit.
    »Los, erzähl mal von Berlin. Muss ätzend sein, aus der Großstadt hier in dieses Provinz-Ghetto zu den Hustlers. Oh Mann! Wie konnten dir deine Alten das antun?«
    »Mein Paps hat ne coole Stelle gekriegt und meine Mutter hat in Darmstadt eine gute Freundin – die Barbara – die sich selbständig gemacht hat.«
    Danny blickt mich fragend an, so erkläre ich weiter:
    »Schon im Chemie-Studium hatten die beiden den Traum zusammenzuarbeiten. Aber dann ist meine Mutter wegen meines Vaters nach Berlin gezogen und hat jahrelang in der Pharma-Branche gearbeitet. Barbara blieb immer in Darmstadt und jobbte als Verkäuferin.«
    »Wayne interessiert Barbara?« zieht er mich auf.
    Ich muss schmunzeln.
    »Die ist witzig drauf, die hat einen Doktor in Chemie gemacht, doch ihr war das mit den Tierversuchen irgendwann einmal zu viel und sie beschloss, etwas Neues anzufangen. Und als Mama sagte, sie komme nach Darmstadt zurück, schrie Barbara am Telefon auf und sagte: ›Genau zum richtigen Zeitpunkt!‹ Sie setzten ihren Traum in die Tat um.«
    »Und was?«
    »Sie haben einen Stein-, Mineralien- und Schmuckladen mit zusätzlicher Lebensberatung in entspannter Atmosphäre!«
    Er lacht. Diese Reaktion, und zwar die allergleiche, kam auch von Fabian damals.
    »Lass uns die Lasagne aus dem Ofen holen«, sagt er.
    Danny ist ganz anders als ich, zumindest wirkt er so. So selbstsicher und immer so, als wüsste er Bescheid. Worüber? Über alles eben. Man merkt ihm an, dass er nur mit bestimmten Menschen befreundet sein möchte, andere interessieren ihn nicht, solche wie diese Kranichsteiner. Er könne sich mit den Leuten in diesem Stadtteil einfach nicht identifizieren. Zum Glück mag er mich.
    Nach dem Essen legen wir uns auf mein Bett, hören dabei Musik, und ich erzähle von Omama, von der alten Schule, von Fabian, vor allem von ihm. Ich rücke unwillkürlich näher an ihn.
    »Du bist schwul, Jonas, nicht wahr?«, er rückt von mir ab.
    »Nein!« Ich werde wütend, möchte nicht immer von ihm solche Sprüche hören. »Wie kommst du darauf?!«
    Er schaut mich eindringlich und selbstsicher an. Das bringt mich noch mehr zum Kochen.
    »Wie du von Fabian erzählst ... Dein Aussehen ... «, dabei zeigt er auf meine Klamotten, auf mein Gesicht, » … deine Art.«
    Ich springe vom Bett auf.
    »Ich bin nicht schwul!« schreie ich ihn an. Ich möchte ausrasten, möchte ihn am liebsten boxen.
    »Es ist nicht schlimm. Du kannst schwul sein, mich stört das überhaupt nicht. Ich bin es aber nicht. Okay?«
    Das macht mich wütender. Nichts, rein gar nichts ist hier okay!
    »Steh auf und geh! Sofort!« brülle ich ihn an.
    Mit fragendem Blick setzt er sich auf, zieht seine Schuhe an, sagt leise Entschuldigung, so einfühlsam, wie ich es nicht erwartet hätte.
    »Mensch, Danny, ich bin es nicht. Wie kommst du nur auf so einen Scheiß!«
    Wieder war ich am Ende des Satzes laut geworden, bereit, endlich zuzuschlagen.
    »Tut mir leid. Ich meine das nicht böse!«
    »Geh einfach, sonst schlage ich dich. Wirklich! Okay?«
    »Ey, Mann, Jonas, vergiss es einfach. Ja? Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Okay? Ich find’s korrekt mit dir zu chillen. Und es ist einfach nice mit dir. Ja?«
    Er lächelt mich schüchtern an.
    »Bitte, ja? Sei mir nicht sauer!«
    Ich gehe ins Bad, schließe die Tür, haue auf die Fliesen. Wie soll ich reagieren? Wieso fängt er immer mit diesem Thema an? Es war so schön, so harmonisch, ich fühlte mich so wohl mit ihm. Ich beginne zu weinen. Es ist mir alles zu viel! Der Umzug, der Verlust von Omama, die
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