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Plastikfreie Zone

Plastikfreie Zone

Titel: Plastikfreie Zone
Autoren: Sandra Krautwaschl
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Schwachstellen geben, aber darüber sahen wir relativ entspannt hinweg.
    Erneut war es ein Film, der mich zum Umdenken zwang. Einer, der meine bequeme Zufriedenheit infrage und unser Leben auf den Kopf stellte.
    Ein Film und seine Folgen
    Am Abend des 17. September 2009 bin ich mit meiner Freundin Nicole in einem Grazer Kino verabredet, in dem Werner Bootes Dokumentarfilm Plastic Planet Premiere haben soll.
    Etwas verspätet und gehetzt komme ich an. Genervt von der frustrierend langen Parkplatzsuche und meiner eigenen Fehlentscheidung, mit dem Auto in die Stadt zu fahren, steht mir der Sinn eigentlich mehr nach einem gemütlichen Glas Rotwein als nach einem vermutlich anstrengenden Dokumentarfilm mit einem merkwürdigen Titel. Wir haben uns nämlich nicht darum gerissen, an diesem Abend ins Kino zu gehen, sondern die Premierenkarten geschenkt bekommen. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, denke ich seufzend. Muss der Wein halt warten.
    Bevor es losgeht mit dem Film, werden – wie bei Premieren üblich – ein paar einleitende Worte gesprochen, die mit dem Hinweis enden, dass Werner Boote, der Regisseur, nach der Vorstellung für Fragen zur Verfügung stehen wird. Was mich lediglich dazu veranlasst, Nicole noch schnell zuzuflüstern: »Du, da machen wir uns aber gleich aus dem Staub, ich finde solche Diskussionen mühsam!«
    Schließlich haben wir den Kinobesuch nur als Auftakt für einen netten, unbeschwerten Abend geplant. Und überhaupt: Planet aus Plastik, das klingt für mich eher nach Science-Fiction, nach einer Zukunftsvision, und damit wenig verlockend, denn SF mag ich nicht besonders. Erst recht kann ich mir nichts unter einer Dokumentation über einen Plastikplaneten vorstellen.
    Als wir den Kinosaal rund eineinhalb Stunden später wieder verlassen, hat sich mein Horizont nicht nur entscheidend erweitert – ich bin sozusagen unmittelbar auf dem harten Boden des Plastikplaneten gelandet. Weichmacher in Bodenbelägen, Plastikstrudel im Pazifik, intersexuelle Fische in englischen Flüssen, Opfer der Polivynilchloridproduktion in Venedig, Bisphenol A in Babyschnullern, Unfruchtbarkeit, ohnmächtige EU-Politiker und arrogante Vertreter der Plastikindustrie, all das und noch viel mehr schwirrt mir im Kopf herum.
    Während Nicole und ich uns langsam nach draußen drängen, überkommt mich bereits das Gefühl, nicht mehr derselbe Mensch zu sein, als der ich dieses Kino betreten habe. Irgendein Schalter scheint in meinem Kopf umgelegt worden zu sein. Allerdings sind es nicht nur die bedrückenden Bilder von mit Plastikmüll bedeckten Stränden, aus dem Meer gefilterten winzigen Plastikteilchen, von Müllbergen an allen Ecken und Enden der Welt und auch nicht einige für mich teilweise neue Informationen über gesundheitlich äußerst bedenkliche Ingredienzien, die in vielen Kunststoffen enthalten sind.
    Nein, während des Films habe ich begonnen, über mich selbst nachzudenken und mich über meine bisherige Naivität im Umgang mit Plastik zu ärgern. Meldungen, dass irgendein Kinderspielzeug, meist aus China, wegen überhöhter Schadstoffbelastung vom Markt genommen werden musste, sind mehr oder weniger zu einem Ohr rein-, zum anderen rausgegangen – länger beschäftigt haben sie mich nie. Und wenn ich doch einmal Verwunderung verspürte, dann nur aus dem einzigen Grund, weil ich eigentlich ziemliches Vertrauen in diverse Verordnungen und Kontrollmechanismen der EU gesetzt habe.
    Damit ist es nun schlagartig vorbei. Aus Vertrauen wird erst Ungläubigkeit, dann Empörung und Entsetzen. »Wahnsinn«, murmle ich immer wieder vor mich hin und lasse das eben Gesehene noch einmal Revue passieren.
    Was ist das eigentlich Besondere an diesem Film, fragte ich mich. Warum geht er mir dermaßen unter die Haut?
    Werner Boote, einem österreichischen Regisseur, der schon für die unterschiedlichsten Filmgenres gedreht hat, ist Erstaunliches gelungen. Plastic Planet ist meiner Meinung nach keine typische Dokumentation, da Boote nicht nur unterschiedliche Stilmittel vermischt, sondern sein Anliegen in eine sehr persönliche Geschichte packt, die sich wie ein roter Faden durch den Film zieht. Auf den Spuren seines Großvaters, in den Sechzigerjahren Geschäftsführer der deutschen Interplastikwerke und damit einer der Pioniere des Kunststoffzeitalters, versucht er den »Geheimnissen« der Plastikproduktion auf die Spur zu kommen, wobei er recht bald erkennen muss, dass das so einfach nicht ist. Denn jede Firma hat
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