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Pitch (German Edition)

Pitch (German Edition)

Titel: Pitch (German Edition)
Autoren: Michael Weski
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deshalb nicht an den Apparat, kann
auch sein, dass sie gerade unter der Dusche steht und das Klingeln
nicht hört, er spricht auf den Anrufbeantworter, einfach so,
weil Marie manchmal erst die Stimme des Anrufers hört, wenn er
eine Nachricht hinterlässt, aber nachdem er einige Male
vergeblich Hallohallohallobittebittenimmab- hieristeinanruffürdich und Fraumarieneuhäuserzum-apparatbitteschön ins
Telefon genuschelt hat, so dass es wie eine Lautsprecherdurchsage auf
Bahnhöfen klingt, legt er frustriert auf, irgendwie hätte
er jetzt gerne mit jemandem gesprochen, seine Freude darüber,
dass er heute Abend zu Ferdis Nachfolger gekürt wird, mit
jemandem geteilt, der diese Mitteilung nicht an die große
Glocke hängt, er schaut die kleine Gipsfigur an, niemand da,
sagt er zu ihr, er blickt über sie hinweg, durch die Glastüren
ins Treppenhaus zum Empfang, wo sich gerade Alex, Bärbel, Stefan
und Mareike treffen, bewaffnet mit Präsentationsmappen, Booklets
und Beamer, mit einem Ruck steht Jo auf, schnappt sich die Mappe mit
dem Briefing, die sich unter dem Fuß der kleinen Gipsfigur
verkeilt, sie wird leicht angehoben, umgehebelt, schlittert, über
die Tischplatte, und bevor Jo danach greifen kann, ist sie mit einem
Satz über den Rand, auf der Erde, zersprungen in tausend Stücke,
Scheiße, sagt er, aber da steht schon Ferdi in der Tür,
den leichten Sommermantel über dem Arm, die Pfeife im Mund,
kommst du, fragt er, sofort, sagt Jo und stopft die Mappe in die
Tasche, beim Rausgehen bittet er Judith, mir ist da gerade etwas
runtergefallen, könntest du das bitte aufkehren lassen.

20
Da
fährt die Vorhut, …

    … denkt
Anselm Hoffmann, als er auf den Balkon heraustritt, von Narbonne nach
Narragonien, direkt ins Schlaraffenland, na dann gute Nacht, Ihr
Prinzen vom Claim, Ihr Könige von New Layout, erobert Euch neue
Etats und macht euch neue Kunden Untertan, er will es nicht sein,
aber er ist neidisch, geradezu verbittert, vor allem wegen Mareike,
die als Texttrainee kaum in der Agentur angekommen ist und glaubt,
schon auf ihn herabblicken zu dürfen, sie, die Kurze, auf ihn,
den Langen, soll sie mal Texterin werden, soll sie mal glauben, das
Werberleben bestünde nur darin, eine geile Kampagne nach der
anderen zu stricken, TV-Spots abzudrehen und ADC-Preise einzuheimsen,
übersteh du mal das erste Jahr, lern du erst mal, deine
Broschürchen zu schreiben, deine Copys, die Fließtexte,
aber, das gesteht er sich ein, das ist kein Hexenwerk, das wird sie
schaffen und sie wird sich vermutlich davon lösen und wirklich
die Leckerbissen an Land ziehen, genau das also tun, was ihm nicht
gelungen ist, er schaut dem Wagen hinterher, in dem sie sitzen, alle
schick angezogen, außer Alex, aber der, natürlich, im
Jackett seines Chefs, das adelt einen, da sieht dann sogar eine Jeans
ganz gut aus, schließlich ist er ein Kreativer, Anselm wird
schon bei dem Wort ganz anders, weil er sich nie so recht als ein
Kreativer gefühlt hat, irgendwie, denkt er, hat man ihn immer
als Werber zweiter Klasse behandelt, zumindest hat er sich immer so
gefühlt, und blockiert hat ihn das, eine einzige Blockade ist
er, manchmal denkt er, er muss sich das Ganze einfach mal vom Leib
schreiben, so, wie er es sich bei Dr. Dörik
auf der Couch von der Seele spricht, was hier niemand weiß und
wissen darf, manchmal denkt er, er muss nur solange schreiben, bis er
in intuitives, assoziatives Schreiben verfällt, dann würde
er zu den guten Sprüchen vordringen, zu den Ideen, die ziehen,
aber dann sitzt da Alex vor ihm, der laut ist, laut denkt, schnell
denkt und eine Idee nach der anderen auf den Tisch wirft, und
das Schlimmste ist, die sind dann auch noch gut, und Anselm würde
etwas drum geben, sie selbst gehabt zu haben, dies sich
einzugestehen, fällt ihm aber schwer, jetzt biegt der Wagen am
Ende der Straße um die Ecke und bahnt sich, der Sicht entzogen,
seinen Weg durch die Stadt zur Autobahn, dem großen Ereignis
entgegen und irgendwie, er kann den Gedanken gar nicht unterdrücken,
wünscht er sich, dass sie diesen Pitch verlieren sollen, weil er
nicht dabei sein darf, weil er nicht die Gelegenheit bekommt, es
besser zu machen, nicht mehr, und dann beginnt er mit der
Selbstzerfleischung, er gesteht sich ein, dass er diese Chancen
durchaus gehabt hat, dass aber Werbung, jedenfalls die wirklich
kreative Werbung, nicht sein Ding ist, dass er eben der
Broschürchenschreiber und Austexter ist, und wenn dann
zwischendurch der Gedanke aufblitzt,
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